Rente: Witwenrente wurde wegen Versorgungsehe abgelehnt

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Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die Witwe eines kurz nach der Eheschließung verstorbenen Rentenversicherten keinen Anspruch auf die große Witwenrente hat.

Der Fall drehte sich um die Frage, ob es sich um eine sogenannte „Versorgungsehe“ handelte, bei der die gesetzliche Vermutung gilt, dass die Ehe nur aus dem Grund der Absicherung geschlossen wurde.

Eine kurze Ehe unter schwierigen Umständen

Die Klägerin war 15 Jahre lang in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Verstorbenen, bevor die beiden am 1. März 2018 heirateten. Bereits im Jahr 2017 wurde bei dem Versicherten ein schweres Leiden diagnostiziert, das sich im Verlauf als besonders aggressiv herausstellte.

Trotz mehrfacher Behandlungen verschlechterte sich sein Zustand kontinuierlich. Anfang 2018 wurde schließlich eine palliative Situation festgestellt, bei der keine Heilung mehr zu erwarten war.

Keine Verbesserung des Gesundheitszustands

Im Verlauf der medizinischen Behandlungen zeigte sich deutlich, dass der Gesundheitszustand des Versicherten kritisch war.

Nur wenige Wochen nach der Eheschließung verschlimmerte sich die Erkrankung weiter. Es wurden erneut schwerwiegende Befunde erstellt, die eine palliative Behandlung notwendig machten. Kurze Zeit darauf verstarb der Mann.

Die Argumentation der Klägerin: Zuneigung und langjährige Partnerschaft

Die Klägerin machte geltend, dass die Eheschließung nicht aus Versorgungsgesichtspunkten erfolgte, sondern aus persönlicher Zuneigung. Sie führte an, dass sie und der Versicherte bereits vor der Diagnose im Jahr 2017 konkrete Heiratspläne hatten.

Diese Pläne seien aufgrund der Erkrankung zunächst verschoben worden, aber die Hochzeit sei eine lang geplante Entscheidung gewesen.

Zur Untermauerung ihrer Aussage verwies sie auf die Bekanntgabe der Hochzeitspläne im familiären Kreis sowie auf angebliche Vorbereitungen, wie die Reservierung eines Lokals für die Feier im Herbst 2017.

Die Anmeldung der Eheschließung beim Standesamt erfolgte schließlich im Februar 2018, kurz vor der Hochzeit.

Die Position der Rentenversicherung: Absehbare Lebensgefahr

Die Rentenversicherung lehnte die Witwenrente mit der Begründung ab, dass die Ehe weniger als ein Jahr gedauert habe und die Vermutung einer Versorgungsehe greife.

Zum Zeitpunkt der Eheschließung sei bereits absehbar gewesen, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, deren tödlicher Verlauf innerhalb eines Jahres wahrscheinlich war.

Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen stand für die Rentenversicherung fest, dass der Gesundheitszustand des Versicherten keine Aussicht auf eine langfristige Lebensverlängerung bot.

Situation des Patienten für Versicherung ausschlaggebend

Insbesondere der Eintrag in der Patientenakte vom 20. Februar 2018, in dem bereits eine Palliativbehandlung vermerkt wurde, war für die Rentenversicherung ein zentrales Argument.

Auch die Tatsache, dass der Versicherte zu diesem Zeitpunkt bereits zu schwach für eine CT-Untersuchung war, bestätigte die Prognose eines absehbaren Todes innerhalb eines Jahres.

Keine ausreichenden Gegenbeweise für eine Versorgungsehe

Das Gericht schloss sich der Auffassung der Rentenversicherung an und hob die erstinstanzliche Entscheidung auf. Es stellte fest, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe in diesem Fall nicht widerlegt werden konnte.

Auch wenn die Klägerin anführte, dass die Hochzeit bereits lange vorher geplant war, sah das Gericht keine ausreichenden Belege dafür, dass die Eheschließung tatsächlich unabhängig von der absehbaren Versorgungssituation erfolgte.

Vollständige Heilung war ausgeschlossen

Entscheidend war für das Gericht, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer klar erkennbar lebensbedrohlichen Erkrankung litt. Bereits im Januar 2018 war festzustellen, dass eine vollständige Heilung ausgeschlossen war.

Zudem zeigte sich, dass konkrete Heiratspläne, wie eine Anmeldung beim Standesamt oder eine feste Buchung eines Termins, erst nach Bekanntwerden der kritischen Erkrankung entstanden.

Der Hinweis der Klägerin auf mündliche Ankündigungen im familiären Kreis wurde als nicht ausreichend konkret angesehen.

Auch die Verschiebung der ursprünglich für Oktober 2017 geplanten Hochzeit aufgrund der Erkrankung des Versicherten wurde vom Gericht eher als Indiz dafür gewertet, dass der Hochzeitstermin flexibel gehandhabt wurde und nicht bereits fest verankert war. Zudem war der 31. Oktober 2017 ein bundesweiter Feiertag, was eine Hochzeit an diesem Datum ohnehin unplausibel erscheinen ließ.

Keine Witwenrente bei offenkundiger Lebensgefahr

Das Urteil zeigt, dass bei einer Eheschließung unter lebensbedrohlichen Umständen die Hürden für den Erhalt einer Witwenrente hoch sind. Entscheidend ist, dass die Heiratsmotive klar nachweisbar und unabhängig von der Versorgungssituation sind.

In diesem Fall waren die vorgebrachten Belege und Argumente nicht ausreichend, um die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe zu widerlegen. Das Gericht stellte klar, dass vor allem bei offenkundig lebensbedrohlichen Erkrankungen besonders gewichtige Umstände vorliegen müssen, um eine Versorgungsehe auszuschließen.