Rente: Witwenrente wurde wegen Versorgungsehe abgelehnt

Lesedauer 3 Minuten

Das Landessozialgericht Baden-Wรผrttemberg hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die Witwe eines kurz nach der EheschlieรŸung verstorbenen Rentenversicherten keinen Anspruch auf die groรŸe Witwenrente hat.

Der Fall drehte sich um die Frage, ob es sich um eine sogenannte โ€žVersorgungseheโ€œ handelte, bei der die gesetzliche Vermutung gilt, dass die Ehe nur aus dem Grund der Absicherung geschlossen wurde.

Eine kurze Ehe unter schwierigen Umstรคnden

Die Klรคgerin war 15 Jahre lang in einer eheรคhnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Verstorbenen, bevor die beiden am 1. Mรคrz 2018 heirateten. Bereits im Jahr 2017 wurde bei dem Versicherten ein schweres Leiden diagnostiziert, das sich im Verlauf als besonders aggressiv herausstellte.

Trotz mehrfacher Behandlungen verschlechterte sich sein Zustand kontinuierlich. Anfang 2018 wurde schlieรŸlich eine palliative Situation festgestellt, bei der keine Heilung mehr zu erwarten war.

Keine Verbesserung des Gesundheitszustands

Im Verlauf der medizinischen Behandlungen zeigte sich deutlich, dass der Gesundheitszustand des Versicherten kritisch war.

Nur wenige Wochen nach der EheschlieรŸung verschlimmerte sich die Erkrankung weiter. Es wurden erneut schwerwiegende Befunde erstellt, die eine palliative Behandlung notwendig machten. Kurze Zeit darauf verstarb der Mann.

Die Argumentation der Klรคgerin: Zuneigung und langjรคhrige Partnerschaft

Die Klรคgerin machte geltend, dass die EheschlieรŸung nicht aus Versorgungsgesichtspunkten erfolgte, sondern aus persรถnlicher Zuneigung. Sie fรผhrte an, dass sie und der Versicherte bereits vor der Diagnose im Jahr 2017 konkrete Heiratsplรคne hatten.

Diese Plรคne seien aufgrund der Erkrankung zunรคchst verschoben worden, aber die Hochzeit sei eine lang geplante Entscheidung gewesen.

Zur Untermauerung ihrer Aussage verwies sie auf die Bekanntgabe der Hochzeitsplรคne im familiรคren Kreis sowie auf angebliche Vorbereitungen, wie die Reservierung eines Lokals fรผr die Feier im Herbst 2017.

Die Anmeldung der EheschlieรŸung beim Standesamt erfolgte schlieรŸlich im Februar 2018, kurz vor der Hochzeit.

Die Position der Rentenversicherung: Absehbare Lebensgefahr

Die Rentenversicherung lehnte die Witwenrente mit der Begrรผndung ab, dass die Ehe weniger als ein Jahr gedauert habe und die Vermutung einer Versorgungsehe greife.

Zum Zeitpunkt der EheschlieรŸung sei bereits absehbar gewesen, dass der Versicherte an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt, deren tรถdlicher Verlauf innerhalb eines Jahres wahrscheinlich war.

Nach Auswertung der medizinischen Unterlagen stand fรผr die Rentenversicherung fest, dass der Gesundheitszustand des Versicherten keine Aussicht auf eine langfristige Lebensverlรคngerung bot.

Situation des Patienten fรผr Versicherung ausschlaggebend

Insbesondere der Eintrag in der Patientenakte vom 20. Februar 2018, in dem bereits eine Palliativbehandlung vermerkt wurde, war fรผr die Rentenversicherung ein zentrales Argument.

Auch die Tatsache, dass der Versicherte zu diesem Zeitpunkt bereits zu schwach fรผr eine CT-Untersuchung war, bestรคtigte die Prognose eines absehbaren Todes innerhalb eines Jahres.

Keine ausreichenden Gegenbeweise fรผr eine Versorgungsehe

Das Gericht schloss sich der Auffassung der Rentenversicherung an und hob die erstinstanzliche Entscheidung auf. Es stellte fest, dass die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe in diesem Fall nicht widerlegt werden konnte.

Auch wenn die Klรคgerin anfรผhrte, dass die Hochzeit bereits lange vorher geplant war, sah das Gericht keine ausreichenden Belege dafรผr, dass die EheschlieรŸung tatsรคchlich unabhรคngig von der absehbaren Versorgungssituation erfolgte.

Vollstรคndige Heilung war ausgeschlossen

Entscheidend war fรผr das Gericht, dass der Versicherte zum Zeitpunkt der EheschlieรŸung an einer klar erkennbar lebensbedrohlichen Erkrankung litt. Bereits im Januar 2018 war festzustellen, dass eine vollstรคndige Heilung ausgeschlossen war.

Zudem zeigte sich, dass konkrete Heiratsplรคne, wie eine Anmeldung beim Standesamt oder eine feste Buchung eines Termins, erst nach Bekanntwerden der kritischen Erkrankung entstanden.

Der Hinweis der Klรคgerin auf mรผndliche Ankรผndigungen im familiรคren Kreis wurde als nicht ausreichend konkret angesehen.

Auch die Verschiebung der ursprรผnglich fรผr Oktober 2017 geplanten Hochzeit aufgrund der Erkrankung des Versicherten wurde vom Gericht eher als Indiz dafรผr gewertet, dass der Hochzeitstermin flexibel gehandhabt wurde und nicht bereits fest verankert war. Zudem war der 31. Oktober 2017 ein bundesweiter Feiertag, was eine Hochzeit an diesem Datum ohnehin unplausibel erscheinen lieรŸ.

Keine Witwenrente bei offenkundiger Lebensgefahr

Das Urteil zeigt, dass bei einer EheschlieรŸung unter lebensbedrohlichen Umstรคnden die Hรผrden fรผr den Erhalt einer Witwenrente hoch sind. Entscheidend ist, dass die Heiratsmotive klar nachweisbar und unabhรคngig von der Versorgungssituation sind.

In diesem Fall waren die vorgebrachten Belege und Argumente nicht ausreichend, um die gesetzliche Vermutung der Versorgungsehe zu widerlegen. Das Gericht stellte klar, dass vor allem bei offenkundig lebensbedrohlichen Erkrankungen besonders gewichtige Umstรคnde vorliegen mรผssen, um eine Versorgungsehe auszuschlieรŸen.