Sozialverbände kritisieren das sogenannte Kinderpaket des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung als Mogelpackung. Die Arbeiterwohlfahrt e.V. (AWO) informiert: “Ein Bündnis aus 20 Verbänden und 13 Wissenschaftler*innen zeigt sich erschüttert, dass die Bundesregierung sich zu keiner echten Kindergrundsicherung für armutsbetroffene Kinder durchringen kann.”
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“Kalte Schulter für Arme”
Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsformus Familie (ZFF) e.V. erläutert: „Dieser Haushaltsentwurf zeigt allen, die seit Jahren vor den verheerenden Folgen des Aufwachsens innerhalb struktureller Benachteiligung durch Armutserfahrung warnen, die kalte Schulter.
Die Schieflage zwischen der Bevorteilung vermögender Familien und der Vernachlässigung von Haushalten mit kleinen oder keinem Erwerbseinkommen wird manifestiert.”
Gefährliche Schieflage
Das Zukunfsforum Familie und das Bundesjugendwerk der AWO e.V. halten die Mittel im sogenannten Kinderpaket für Familien, Kinder und Jugendliche für viel zu gering. Dies falle zudem in eine Zeit, in der immer mehr junge Menschen von der Politik enttäuscht seien und demokratiegefährdende Kräfte immer mehr Zuwachs erführen.
Großzügig bei reichen Kindern – arme Kinder kriegen Almosen
Altenkamp führt aus: “Eine traurige Tradition wird durch die verhältnismäßig großzügige Aufstockung der Kinderfreibeträge im Vergleich zu der geringen Anhebung des Kindergeldes und des Kindersofortzuschlages fortgeführt. (…) Fünf Euro mehr im Monat für Kinder, die im permanenten Mangel aufwachsen ist angesichts der gestiegenen Kosten eine Farce.”
“Das System muss sich ändern”
Altenkampf zufolge ist das gesamte System faul und muss “vom Kopf auf die Füße gestellt werden”. Das hätte sie mit der Einführung der Kindergrundsicherung erwartet, doch davon ließe sich nichts mehr erkennen. Dabei sei eine echte Kindergrundsicherung nötiger denn je, die Armut vermeide, verdeckte Armut verhindere und sozial gerecht ausgestaltet sei.
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“Kein Geld für eine Kugel Eis”
Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, klärt über die Wirklichkeit auf: „Armen Familien fehlt es an Geld für Urlaubsreisen, für Besuche im Freibad oder für eine Kugel Eis. (…) Die Regierung muss jetzt handeln und endlich eine gute Kindergrundsicherung verabschieden.“
“Kinderpaket ist eine Mogelpackung”
Sophie Friederike Schmitz, Vorsitzende des Bundesjugendwerks der AWO e.V. findet klare Worte: „Das sogenannte ’starke Kinderpaket‘ ist eine Mogelpackung, womit die Koalition abermals das Vertrauen junger Menschen verspielt.”
Die Einführung einer Kindergrundsicherung sei als größte Sozialreform der Ampel versprochen worden, und damit hätte endlich der ernsthafte Kampf gegen Kinderarmit in Deutschland beginnen sollen. Davon sei im Haushaltsentwurf 2025 nicht mehr viel geblieben.
“Gefahr für die Demokratie”
Michael Groß, Vorsitzender des AWO Bundespräsidiums, warnt davor, ausgerechnet arme Kinder leer ausgehen zu lassen. Er sagt: „Wer angesichts einer vermeintlich angespannten Haushaltslage bei armutsbetroffenen Kindern und Jugendliche sparen will, der bringt diese um die Chance, unsere Gesellschaft als solidarisch und sozial zu erleben und gefährdet damit unseren demokratischen Zusammenhalt.”
Groß zufolge brauchen arme Familien einen besseren Zugang zu Sozialleistungen. Außerdem sei die Einführung einer Kindergrundsicherung notwendig, um armen Kindern bessere Chancen im Leben zu ermöglichen. Diese Kindergrundsicherung müsse armutsfest sein, und die Grenze dieses Geldes dürfe “nicht das Opfer einer unvernünftigen Haushaltspolitik werden”.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.