Hartz IV: Steigende Strom- und Gaspreise – Was zahlen die Jobcenter?

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Steigende Strom- und Gaspreise verursachen starke Existenzรคngste bei Millionen von Hartz IV- und Sozialhilfe Beziehern. So geht beispielsweise die Bundesnetzagentur aufgrund des Ukraine-Krieges von einer Verdreifachung des Gaspreises aus. Auch die Stromkosten sind im Vergleich zum Vorjahresmonat im Juni um 34 Prozent gestiegen. Zumindest bei den steigenden Gaspreisen signalisiert die Bundesagentur fรผr Arbeit Entwarnung.

Jobcenter werden Strompreise รผbernehmen

Wie die Bundesagentur fรผr Arbeit auf Anfrage mitteilte, werden die Jobcenter auch steigende Gaspreise, die sich aufgrund der Preissteigerungen erklรคren lassen, “vollumfรคnglich รผbernehmen”.

Beim Sozialverband “Der Paritรคtische” melden sich aktuell viele Hartz IV Beziehenden, die sich aufgrund der steigenden Gas- und Strompreise groรŸe Sorgen machen.

Die Menschen haben Angst

“Die Menschen haben natรผrlich vor zwei Dingen Angst. Erstens: Es kommen die fetten Rechnungen rein. Wobei es weniger darum geht, dass man Angst vor Nachzahlung hat. Die Angst, die da umgeht, ist, dass die neuen Abschlรคge, die festgesetzt werden, kaum noch zu stemmen sind. Wenn man eine Verdopplung beim Gaspreis hat, dann ist es unheimlich schwierig, statt 100 Euro 200 zahlen zu mรผssen. Das wird auch das Riesenproblem werden”, sagt Ulrich Schneider, Hauptgeschรคftsfรผhrer des Paritรคtischen Gesamtverbandes.

Die Heizkosten werden allerdings von den Jobcentern รผbernommen, wenn der Verbrauch “angemessen” ist. Das heiรŸt, dass der Verbrauch in etwa dem Durchschnitt in der Region entsprechen muss. Hierbei werden auch aktuellen die Preissteigerungen berรผcksichtigt.

รœbernahme der Gaskosten ist ein Rechtsanspruch

Das bestรคtigt auch gegenรผber dem “NDR” Markus Mempel, Sprecher des Deutschen Landkreistages: “Unser Sozialstaat funktioniert รผber Rechtsansprรผche und nicht nach Kassenlage. Sie haben einen Anspruch darauf, dass das Jobcenter angemessene Wohnkosten und angemessene Heizkosten รผbernimmt. Das heiรŸt: Sie kรถnnen keine Heizkosten vom Jobcenter bezahlen lassen mit einer eingebauten Sauna, die sie jeden Tag benutzen. Das geht natรผrlich nicht.”

Die Heizkosten werden durch die Kommunen, aber auch durch den Bund รผbernommen, so dass auch die Kassenlage der Kommunen nicht ausschlaggebend ist, ob die dreifach steigenden Kosten รผberhaupt getragen werden kรถnnen.

“Es ist allerdings so, dass es teurer wird. Die Kosten schlagen aber eben nicht vollends auf die Landkreise durch, sondern werden durch die etwa 70-prozentige Bundesbeteiligung an den Unterkunfts- und Heizkosten abgefedert”, erklรคrt Mempel.

Fรผr Stromkosten gilt weiterhin zu niedrige Pauschale

Bei den steigenden Stromkosten besteht weiterhin Unsicherheit. Zwar wird es in diesem Monat eine Einmalzahlung in Hรถhe von 200 Euro geben, die allerdings nicht nur die steigenden Stromkosten abdecken soll, sondern auch die allgemeine Teuerungsrate, die sich vor allem bei den Grundnahrungsmitteln wie Milch, Brot und Fleisch bemerkbar macht.

Ein durchschnittlicher Haushalt zahlt derzeit 2.027 Euro im Jahr fรผr Strom (5.000 kWh). Zum Vergleich: Im Vorjahresmonat Juni 2021 waren es noch 1.514 Euro. Das entspricht einer Steigerung von 34 Prozent bei den Stromkosten.

Dennoch wenden die Jobcenter seit Jahren die selbe Stromkostenpauschale an, die in den Regelsรคtzen enthalten ist. Bei einem Single-Haushalt sind das gerade einmal 36 Euro je Monat. Das deckt allerdings nicht im geringsten den hohen Strompreis.

Verbรคnde fordern volle รœbernahme

Aus diesem Grund fordern Wohlfahrts- Sozial-, und Erwerbslosenverbรคnde die รœbernahme der Stromkosten im angemessenen aber vollen Umfang. Bislang ist nicht erkennbar, dass dies in Zukunft geschehen soll. Von Stromkostenzuschรผssen, wie sie beispielsweise die Stadt Mรผnchen gewรคhrt, sind Hartz IV Beziehende sogar ausgeschlossen.

Einziger Ausweg bei drohender Stromsperre

Wenn Stromschulden entstehen und eine Abschaltung droht, kann bislang nur ein Darlehen beim Jobcenter beantragt werden. Das Darlehen muss dann aber von den laufendenen Regelleistungen abgetragen werden. Das fรผhrt allerdings zu einer Verschuldungsspirale, die das Problem nur verlรคngert und weiter verschlimmert.