Nach einer Eilklage nimmt das Jobcenter Braunschweig die vollständige Hartz IV Leistungskürzung gegen eine Schwangere wieder zurück.
15.01.2011
Aufgrund eines Eilantrages beim zuständigen Sozialgericht musste das Jobcenter Braunschweig eine Hartz IV Leistungskürzung von 100 Prozent gegen eine schwangere Hartz IV Bezieherin wieder zurück nehmen. Zuvor hatte die Behörde noch verlautbaren lassen, dass eine Verkürzung des Sanktionszeitraums nicht in Frage komme, da für die Leistungskürzung ein „öffentliches Interesse“ bestehe.
Die Betroffene ist im vierten Monat schwanger und befindet sich in einem schlechten gesundheitlichen Allgemeinzustand. Dennoch verlangte das Jobcenter von der Betroffenen eine Ein-Euro-Job-Maßnahme auszuführen. Einen Hinweis der Betroffenen, dass eine Schwangerschaft vorliege und die Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme damit hinfällig sei, ignorierten die Sachbearbeiter. Statt dessen kürzte die Behörde den ALG II Regelsatz für ganze drei Monateum einhundert Prozent. Auch Zuschüsse für wichtige Medikamente und Arztpraxisgebühren wurden mit dem Verweis abgelehnt, dass der Kostenanteil mit in dem Regelsatz enthalten ist. Doch wie sollte die Frau die Kosten begleichen, wenn die Regelleistungen auf Null Euro gekürzt wurden?
In ihrer Not wandte sich die Schwangere an das Erwerbslosen Forum Deutschland. Die Initiative stellte sofort einen Anwalt, der eine Eilklage beim zuständigen Sozialgericht einreichte. Die Sozialrichter wiesen das Jobcenter zurecht und machten darauf aufmerksam, dass in diesem Fall bereits das Zustandekommen der Ein-Euro-Job-Maßnahme rechtswidrig sei. Ohne eine Wahl lenkte das Jobcenter ein und verwarf die Sanktion. Gegenüber dem Erwerbslosen Forum zeigte sich die Frau erleichtert. In den letzten Tagen hatte sie sich aufgrund der Leistungskürzung wie eine „Verbrecherin“ gefühlt. Diese Zeit war für sie eine hohe Belastung.
Zahlreiche Emails und Protestschreiben erreichten auch die gegen-hartz.de Redaktion. Die willkürlich eingeleiteten Leistungskürzungen stießen bei den meisten Menschen auf ein hohes Unverständnis. Einige boten sogar eine schnelle Hilfe an und wollten Sachgegenstände und Lebensmittel spenden. In zahlreichen Internetblogs protestierten die Menschen und forderten die Behördenmitarbeiter dazu auf, die Sanktionen sofort auszusetzen. In einem vorigen Anschreiben an die Betroffene hatte das Jobcenter noch behauptet, dass eine Verkürzung der Sanktionen nicht Infrage komme, da hierfür „ein öffentliches Interesse“ bestehe. Die Behördenmitarbeiter müssen sich nun den Vorwurf gefallen lassen, völlig unmenschlich und rechtswidrig gehandelt zu haben. Durch die Sanktionen hatten sie nicht nur die Gesundheit der Frau gefährdet, sondern auch die des ungeborenen Kindes. (gr)
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