Wer zuvor noch nie vor Gericht landete, aber dann Hartz IV bezieht, kann schnell diese negative Erfahrung erleben. Vor dem Amtsgericht Schwalmstadt musste sich ein 27jähriger wegen “Hartz IV Betrug” verantworten. Statt einer Strafe wurde allerdings das Jobcenter seitens der Staatsanwaltschaft ins Visier genommen.
Zwei Monate zuviel Hartz IV bezoegen
Einem 27jährigem ehemaligen Hartz IV Bezieher wurde seitens des Jobcenters vorgeworfen, zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II bezogen zu haben. Der junge Mann hatte im Herbst 2017 zwei Monate zu lang Hartz IV bezogen, obwohl er einen neuen Job angetreten hatte.
Niemanden im Jobcenter erreicht
Auf die Frage warum er den Antritt des neuen Arbeitsplatzes nicht gemeldet habe, sagte er vor Gericht: „Ich habe versucht, anzurufen. Aber es war immer besetzt”. Nach einiger Zeit hat er es dann nicht mehr versucht und nach eigenen Angaben dann auch “vergessen”.
Später stellte das Jobcenter einen Aufforderungsbescheid zu. Er solle die zu viel gezahlten Leistungen zurückzahlen. Daraufhin habe er versucht eine Ratenzahlung mit der Behörde zu vereinbaren. „Ich habe mehrmals angerufen, aber ich habe wieder niemanden erreicht“, berichtet der 27-Jährige dem Gericht.
„Ich weiß gar nicht, warum ich jetzt vor Gericht stehe“
Gegenüber dem Richter betonte der junge Mann, dass es ihm bewusst gewesen sei, dass er die zuviel gezahlten Leistungen zurückzahlen müsse. Und das wollte er auch. Doch wenn man niemanden erreicht? „Ich weiß gar nicht, warum ich jetzt vor Gericht stehe“, betonte der Angeklagte.
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Geladen war auch eine Mitarbeiterin der Leistungsabteilung des Jobcenters. Bei einem Abgleich der Daten sei die Überzahlung aufgefallen. Man habe den jungen Mann angeschrieben, jedoch keine schriftliche Antwort bekommen. Danach habe sie den Fall an die Abteilung für Ordungswidrigkeiten abgegeben.
Auf Nachfrage des Staatsanwaltes sagte sie, dass sie aber nicht die Fallmanagerin des Angeklagten gewesen sei. Sie sei lediglich für die Leistungsabteilung zuständig.
Unerwartete Kritik in Richtung des Jobcenters
Im Plädoyer kritisierte unerwartet der Staatsanwalt die Strukturen des Jobcenters. „Jeder ist für etwas anderes verantwortlich, statt dass sich einer um alle Fragen bei einer Person kümmert!” Zudem habe er Verständnis für Betroffene, die sich mit der Organisationsstruktur des Jobcenter nicht zurecht fänden. Alles sei “kleinteilig”, so der Staatsanwalt.
Einstellung des Verfahrens
Aus diesem Grund beantragte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens. „Zurückbezahlen müssen Sie natürlich“, mahnte er den Angeklagten. Die Anwältin des Angeklagten stimmte dem zu. „Sie haben noch einmal Glück gehabt“, sagte die Richterin. “Wenn der Staat Ihnen Geld gibt, möchte er auf dem Laufenden bleiben”, mahnte sie allerdings. Das Gericht folgte dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft und stellte das Verfahren ein. Bild: BillionPhotos.com – fotolia
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