BGH: Mehraufwendungen müssen Basiskontonutzer nicht allein tragen
Einkommensschwachen Verbrauchern wie Hartz-IV-Bezieher, Obdachlose oder Flüchtlinge darf der Zugang zu einem Basiskonto nicht mit zu hohen Gebühren faktisch verwehrt werden. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am Dienstag, 30. Juni 2020, urteilte, müssen Banken und Sparkassen Mehraufwendungen eines Basiskontos auch auf die übrigen Girokonto-Besitzer umlegen (Az.: XI ZR 119/19). Die Karlsruher Richter erklärten damit die Preisentgelte der Deutschen Bank für ein Basiskonto für unwirksam.
Basiskonto ist das Konto für Jedermann
Das Basiskonto oder auch „Konto für Jedermann” wurde zum 19. Juni 2016 eingeführt. Der Gesetzgeber setzte damit die europäische Zahlungsdiensterichtlinie um. Das Basiskonto bietet lediglich Grundfunktionen für den Zahlungsverkehr wie Ein- und -Auszahlungen, das Ausführen von Lastschriften, Überweisungen und Daueraufträge und der Erhalt einer Zahlungskarte. So soll sichergestellt werden, dass auch mittellose Menschen wie Obdachlose oder Asylbewerber am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können.
Für Banken und Sparkassen bedeutet das Basiskonto jedoch einen Mehraufwand. So benötigen etwa Flüchtlinge beim Ausfüllen von Bankformularen häufiger Unterstützung von Bankmitarbeitern.
Verbraucherzentrale kritsiert Preisklauseln
Im Streitfall hatte die Deutsche Bank diese Mehraufwendungen für ein Basiskonto in seiner Kostenkalkulation allein auf die Basiskonto-Inhaber umgelegt. Die Bank verlangte somit monatlich 8,99 Euro an Gebühren und zusätzlich 1,50 Euro pro beleghafter oder telefonischer Überweisung.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hielt die Preisklauseln der Deutschen Bank für ein Basiskonto für rechtswidrig. Die Gebühren seien viel zu hoch.
Bank muss angemessene Kontoführungsgebühren einführen
Der BGH urteilte nun, dass die Deutsche Bank für das Basiskonto zwar „angemessene Preise” verlangen dürfe. Hier sei das Basiskonto aber zu teuer. Die Bank habe die Mehraufwendungen für ein Basiskonto allein auf die Basiskontonutzer umgelegt. Erlaubt sei aber nur, dass die Kosten auch auf die übrigen Girokontonutzer verteilt werden.
Was als „angemessener Preis” gelte, hänge nicht nur von den „marktüblichen Entgelten” und dem „Nutzerverhalten” ab. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass einkommensschwache Verbraucher schließlich Zugang zu einem Basiskonto erhalten müssen.
Denn der Gesetzgeber habe mit dem Basiskonto das Ziel gehabt, dass einkommensschwache Verbraucher am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen können. Dieses dürfe nicht unterlaufen werden, indem zu hohe Kontogebühren faktisch den Abschluss eines solchen Kontos verhindern.
Verbraucherschützer begrüßen Urteil
„Das ist ein erfreuliches Urteil und ein wichtiges Signal für mehr Verbraucherschutz im Finanzsektor. Banken sollten bei denen, die ohnehin wenig haben, nicht unnötig viel abkassieren. Das Basiskonto ist für finanziell schwächere Menschen wie Hartz-IV-Empfänger, Obdachlose oder Geflüchtete gedacht”, erklärte vzbv-Vorstand Klaus Müller in Berlin. Das BGH-Urteil mache diese Praxis nun schwieriger. fle/mwo
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors