Sozialversicherungspflicht auch bei Heimarbeit

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Programmierer arbeitete im Heimarbeitsverhรคltnis

Ein nur fรผr einen Auftraggeber in Heimarbeit tรคtiger Programmierer ist sozialversicherungspflichtig beschรคftigt. Eine Heimarbeit kann auch fรผr Tรคtigkeiten vorliegen, die eine hรถherwertige Qualifikation erfordern, stellte das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Donnerstag, 2. Juli 2020, verรถffentlichten Urteil klar (Az.: L 8 BA 36/19).

Im Streitfall ging es um einen Bauingenieur und Programmierer, der von 1989 bis 1992 zunรคchst fest angestellt war. AnschlieรŸend kรผndigte er das Arbeitsverhรคltnis wegen eines Umzugs und war bis 2013 als freier Mitarbeiter im Homeoffice fรผr die Firma tรคtig.

Der Arbeitgeber des Mannes lรถste sein Unternehmen im Dezember 2013 auf. Gleichzeitig beantragte der Programmierer bei der Deutschen Rentenversicherung die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Eine Kรผndigung erhielt der Mann trotz Auflรถsung der Firma zunรคchst nicht, allerdings auch keine Auftrรคge und keinen bezahlten Urlaub mehr. Die Kรผndigung holte der Arbeitgeber erst 2015 nach, mit siebenmonatiger Frist zum Ende April 2016.

Kein Arbeitnehmer aber Heimarbeiter

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt urteilte am 14. Juni 2016, dass der Mann zwar kein Arbeitnehmer, dafรผr aber als sogenannter Heimarbeiter einzustufen sei (Az.: 9 AZR 305/15). Das Unternehmen hรคtte damit das Vertragsverhรคltnis mit dem Heimarbeiter kรผndigen mรผssen.

In einem weiteren Verfahren hatte der Programmierer wegen der zunรคchst unterbliebenen Kรผndigung nachtrรคgliche Vergรผtung und Urlaubsabgeltung fรผr Dezember 2013 bis April 2016 verlangt.

Auch hierzu musste das BAG entscheiden. Es urteilte am 20. August 2019, dass ungekรผndigte Heimarbeiter, die keine Auftrรคge mehr erhalten, trotzdem vom Arbeitgeber vorรผbergehend Lohn beanspruchen kรถnnen (Az.: 9 AZR 41/19; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Das Heimarbeitsgesetz sehe solch eine entsprechende โ€žEntgeltsicherung” fรผr die Dauer der gesetzlichen Kรผndigungsfrist vor, bei einer Beschรคftigungsdauer von mehr als 20 Jahren fรผr sieben Monate ab Ausbleiben der Auftrรคge. Berechnet werde dies nach dem Durchschnittsverdienst davor. Auch Urlaubsvergรผtung nach den Regeln des Bundesurlaubsgesetzes stehe Heimarbeitern zu.

Die Deutsche Rentenversicherung entschied parallel, dass eine Sozialversicherungspflicht bei dem Programmierer vorlag.

Dagegen klagte erneut die Firma.

Gestรผtzt auf die BAG-Entscheidungen bestรคtigte nun auch das LSG in seinem Urteil vom 18. Juni 2020 die Sozialversicherungspflicht. Es habe ein Heimarbeitsverhรคltnis vorgelegen, fรผr das Sozialversicherungsbeitrรคge fรคllig werden. Fรผr das Bestehen eines Heimarbeitsverhรคltnisses spiele es keine Rolle, ob Heimarbeiter Tรคtigkeiten ausfรผhrten, die eine niedrige oder wie hier hรถherwertige Qualifikation erfordern.

Immer fรผr den gleichen Auftraggeber gearbeitet

MaรŸgeblich sei, dass der Heimarbeiter fรผr den gleichen Auftraggeber tรคtig ist und diesem das alleinige Nutzungs- und Vertriebsrecht der erstellten Produkte einrรคumt. Dies sei hier bei den entwickelten Programmen auch so gewesen. Heimarbeiter seien โ€žPersonen, die in eigener Arbeitsstรคtte im Auftrag und fรผr Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnรผtzigen Unternehmen oder รถffentlich-rechtlichen Kรถrperschaften erwerbsmรครŸig arbeiteten”, so das LSG. Im Streitfall habe die Firma sogar Fortbildungskosten des Mannes รผbernommen und die fรผr die Fortbildung aufgewandte Zeit vergรผtet. fle/mwo