Grundeinkommen der Piraten: Weniger als Hartz IV

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Weniger als Hartz IV: Piratenpartei fordert 440 Euro monatlich Bedingungsloses Grundeinkommen

27.03.2012

Die „Sozialpiraten“, eine Arbeitsgruppe der Piratenpartei, fordert ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für jeden Bürger. Das hört sich auf den ersten Blick erst einmal gut an. Aber: 440 Euro monatlich soll laut des Modells der Piratenpartei jeder vom Staat erhalten*. Unterm Strich würde bedürftigen Menschen demnach weniger bleiben als bei Hartz IV, kritisierte Ronald Blaschke, Sprecher des „Netzwerks Grundeinkommen“.

Piraten: "Grundeinkommen soll finanzierbar sein"
Jeder Bürger soll 440 Euro monatlich bedingungslos vom Staat erhalten. Das fordern die Piraten. Das BGE soll jeder losgelöst von einer Beschäftigung, des Einkommens und des Vermögens ohne Abschläge erhalten. Bedürftige Bürger sollen demnach einen Zuschuss zur Miete erhalten. Damit soll das Modell die Grundsicherung durch Hartz IV ablösen. Die Sozialpiraten geben damit erstmals eine konkrete Höhe für das BGE an.

Mit den von ihnen geforderten 440 Euro liegen sie allerdings deutlich unter dem BGE, das von anderen Gruppen und Parteien gefordert wird. Dieter Althaus, ehemaliger CDU-Ministerpräsident von Thüringen, hält 600 Euro für angemessen, die „Bürgerinitiative Grundeinkommen Berlin“ fordert 1.000 Euro monatlich. „Wir wollen kein Grundeinkommen auf Pump“, erklärt Simon Stützer, Mitglied in der Arbeitsgruppe der Piratenpartei. Das Modell basiert auf einer Finanzierung durch Steuereinnahmen. Dabei sprechen die Sozialpiraten von einem einheitlichen Einkommenssteuersatz in Höhe von 45 Prozent. Die Mehrwertsteuer soll auf 20 Prozent für alle Güter steigen. Der Steuerfreibetrag soll dann durch das Grundeinkommen ersetzt werden, so dass nur das Einkommen, das zusätzlich zum BGE verdient wird, versteuert werden muss. In der Folge müssten Bürger mit geringem Einkommen, bei denen das BGE stärker ins Gewicht fällt, prozentual geringere Steuern zahlen als Gutverdiener. Auf mittlere Einkommen würde sich das Modell der Piraten teilweise mit höheren Steuern auswirken. Es würde noch nach „weiteren Finanzierungsquellen“ gesucht werden, um ein höheres BGE auszahlen zu können, rechtfertigt sich der Pirat Stützer.

Weniger als Hartz IV: 440 Euro monatlich als Bedingungsloses Grundeinkommen reichen nicht aus
Das „Netzwerk Grundeinkommen“ sieht den Vorschlag der Piraten mehr als kritisch. „440 Euro Transferleistungen – das unterschreitet teils sogar das jetzige Hartz-IV-Niveau“, erklärt Ronald Blaschke, Sprecher des Netzwerks. Das Modell der Priaten sei „nicht existenz- und teilhabesichernd“, da Bedürftige nur einen Mietzuschuss und nicht die tatsächlichen Wohnkosten vom Staat erhalten würden. Blaschke betont, dass ein derartiges Modell sogar gegen die eigene Beschlusslage der Piratenpartei verstoßen würde. Die Armutsgrenze in Deutschland werde zwischen 940 und 1.000 Euro definiert. Der Vorschlag der Piraten liege aber deutlich unterhalb dieser Grenze. Blaschke ist der Meinung, dass ein BGE in dieser Höhe eine „staatlichen Subvention des Niedriglohnsektors“ zur Folge hätte. „Das würde die soziale Situation in Deutschland verschlechtern.“

Der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeberverbände sieht ein BGE grundsätzlich als „nicht finanzierbar“ an. Es könnte jedoch auch einen anderen Grund geben. Laut Stützer bekämen Arbeitnehmer durch ein Grundeinkommen eine stärkere Verhandlungsbasis auf dem Arbeitsmarkt. Sie seien dann nicht mehr gezwungen, jede prekäre Beschäftigung anzunehmen.

*Ergänzung: Die "Sozialpiraten" haben eine Klarstellung zu diesem Thema veröffentlicht. Diese findet sich hier. (ag)

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