Bürgergeld: Jobcenter verlangt Paypal-Kontoauszüge – Dürfen die das?

Lesedauer 4 Minuten

Immer häufiger verlangen Jobcenter “Kontoauszüge” von Paypal. Die Frage die nun viele Bürgergeld-Bezieher stellen: Dürfen die das?

Vorweg: Wer Bürgergeld beantragt oder bezieht, muss dem Jobcenter auf Verlangen Unterlagen vorlegen, die für die Leistungsberechnung erheblich sind.

Diese Mitwirkungspflicht ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch und umfasst regelmäßig auch Nachweise zu Konten, über die Geldflüsse laufen. Das schließt längst nicht mehr nur klassische Girokonten ein, sondern kann auch Online-Zahlungsdienste betreffen, sobald dort Guthaben gehalten wird oder Zahlungen darüber abgewickelt werden.

PayPal ist dabei in der Praxis ein häufiger Streitpunkt, weil viele Menschen den Dienst als „bloßes Bezahlwerkzeug“ verstehen. Für die Leistungsverwaltung zählt jedoch vor allem, ob PayPal wie ein Zahlungs- oder Aufbewahrungskanal genutzt wird. In den Antragsunterlagen zum Bürgergeld wird PayPal inzwischen ausdrücklich als Kontoart mitgedacht, etwa bei den Abfragen zu „PayPal und weiteren Konten“ im Zusammenhang mit Vermögen. Aus diesem Grund verlangen die Ämter nun gehäuft auch Paypal-Auszüge.

Muss man PayPal-Kontoauszüge vorzeigen?

Ein generelles, immer gleiches „Ja“ für alle Fälle gibt es jedoch nicht, aber die Richtung ist klar: Wenn ein PayPal-Konto existiert und dort relevante Umsätze oder Guthaben vorhanden sind, darf das Jobcenter in der Regel Nachweise verlangen.

Rechtlich stützt sich das auf die Pflicht, erhebliche Tatsachen anzugeben und auf Verlangen Belege vorzulegen. Gleichzeitig gilt im Sozialdatenschutz, dass Daten nur erhoben werden dürfen, wenn ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist.

In der Praxis bedeutet das: Wer PayPal nutzt, um Verkäufe abzuwickeln, Geld zu empfangen, Rechnungen zu bezahlen oder Guthaben zu „parken“, muss damit rechnen, dass das Jobcenter PayPal-Transaktionsübersichten für einen bestimmten Zeitraum sehen will.

Häufig orientieren sich Jobcenter an den Kontoauszügen der letzten drei Monate; in begründeten Konstellationen kann auch ein längerer Zeitraum verlangt werden, etwa wenn die Einkommenssituation besonders unübersichtlich ist oder Selbstständigkeit eine Rolle spielt.

Warum PayPal für das Jobcenter interessant ist

PayPal kann zwei Funktionen haben, die im Bürgergeldrecht relevant sind. Zum einen kann PayPal Guthaben enthalten. Guthaben ist grundsätzlich Vermögen und muss, soweit es nicht durch Freibeträge geschützt ist, bei der Bedürftigkeitsprüfung berücksichtigt werden.

Zum anderen kann PayPal als „Zwischenkonto“ für Einnahmen dienen, etwa durch Rückzahlungen, Überweisungen Dritter oder Verkaufserlöse. Spätestens dann stellt sich für das Jobcenter die Frage, ob hier Einkommen zufließt, ob es um Vermögensumwandlung geht oder ob eine gewerbliche Tätigkeit entsteht.

Gerade bei Online-Verkäufen ist die Abgrenzung entscheidend: Der gelegentliche Verkauf eigener gebrauchter Gegenstände ist sozialrechtlich oft anders zu bewerten als regelmäßiger Handel mit Gewinnerzielungsabsicht. PayPal-Übersichten sind für Jobcenter ein naheliegender Weg, um diese Geldflüsse zu prüfen, weil sich manche Einnahmen nicht eindeutig auf dem Girokonto abbilden, etwa wenn das PayPal-Guthaben direkt wieder ausgegeben wird.

Was das Jobcenter konkret verlangen darf – und was nicht

Das Jobcenter darf Nachweise anfordern, die zur Prüfung von Anspruch und Höhe des Bürgergeldes nötig sind. Dazu zählt die Einsicht in Kontoauszüge beziehungsweise Transaktionsübersichten. Die rechtliche Grenze liegt dort, wo Daten ohne Erforderlichkeit erhoben würden oder der Eingriff unverhältnismäßig wäre.

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen „Vorzeigen“ und „Zugriff geben“. Eine Pflicht, dem Jobcenter den PayPal-Login, das Passwort oder eine dauerhafte Einsichtsberechtigung zu überlassen, lässt sich daraus nicht ableiten. Üblich und angemessen ist vielmehr, dass man Kontoauszüge, Umsatzlisten oder PDF-Berichte für den geforderten Zeitraum einreicht oder zur Einsicht vorlegt.

Auch bei der Frage, ob das Jobcenter Kopien zur Akte nehmen darf, gibt es Leitlinien aus der Rechtsprechung. Das Bundessozialgericht hat unter bestimmten Voraussetzungen das Kopieren und längerfristige Aufbewahren von Kontoauszügen mit Gutschriften gebilligt, wenn zugleich die Möglichkeit eingeräumt wird, nicht leistungserhebliche Informationen zu Zahlungsempfängern zu schwärzen.

Schwärzen bei PayPal-Auszügen: Datenschutz ja, „blindmachen“ nein

Viele Betroffene wollen verständlicherweise nicht, dass jede einzelne Ausgabe im Detail auf dem Tisch liegt. Grundsätzlich ist anerkannt, dass besonders sensible Informationen geschützt werden können.

Ist Ihr Bürgergeld-Bescheid korrekt?

Lassen Sie Ihren Bescheid kostenlos von Experten prüfen.

Bescheid prüfen

Datenschutzaufsichtsbehörden haben betont, dass Jobcenter Betroffene über Schwärzungsmöglichkeiten informieren müssen, wenn andernfalls besondere Arten personenbezogener Daten offengelegt würden, und dass die Prüfung sich auf das Erforderliche beschränken muss.

Allerdings hat das Schwärzen Grenzen. Einnahmen und Gutschriften einfach unkenntlich zu machen, kann als fehlende Mitwirkung gewertet werden, weil es dem Jobcenter genau um die Klärung von Zuflüssen geht.

Zulässig kann dagegen sein, einzelne Details so zu verdecken, dass intime oder besonders geschützte Informationen nicht offenbart werden, ohne dass Betrag, Datum und der grundlegende Vorgang der Buchung verborgen werden.

Bei PayPal ist das in der Praxis oft der Verwendungszweck oder eine sehr konkrete Bezeichnung, die Rückschlüsse auf Gesundheit, Religion oder Sexualleben zulässt.

Welche Zeiträume sind üblich – und wann kann es mehr werden?
Bei Neu- und Weiterbewilligungsanträgen verlangen Jobcenter häufig Nachweise über einen Zeitraum von drei Monaten. Datenschutzbehörden halten dieses Vorgehen grundsätzlich für zulässig, weil damit Einkommen und Vermögen plausibel geprüft werden können.

Ein längerer Zeitraum kann im begründeten Einzelfall in Betracht kommen, etwa wenn die Sachlage besonders komplex ist oder die wirtschaftlichen Verhältnisse ohne längere Betrachtung nicht nachvollziehbar sind.

Übertragen auf PayPal heißt das: Wenn das Jobcenter ohnehin Kontoauszüge anfordert und zugleich bekannt ist, dass PayPal genutzt wird oder ein PayPal-Konto angegeben wurde, sind PayPal-Transaktionsnachweise für den gleichen Zeitraum eine naheliegende Ergänzung.

Was passiert, wenn man PayPal-Auszüge nicht vorlegt?

Wer Unterlagen trotz Aufforderung nicht vorlegt, riskiert sozialrechtliche Folgen. Das Jobcenter kann Leistungen versagen oder entziehen, wenn eine Mitwirkungspflicht verletzt wird und die Anspruchsvoraussetzungen dadurch nicht aufgeklärt werden können. Das ist keine „Strafe“, sondern eine Konsequenz daraus, dass die Behörde den Anspruch ohne die Informationen nicht prüfen kann.

Gleichzeitig gilt: Mitwirkung hat Grenzen. Wenn eine Anforderung aus Sicht der betroffenen Person zu weit geht, kann es sinnvoll sein, die Erforderlichkeit schriftlich klären zu lassen und auf datenschutzrechtliche Maßstäbe hinzuweisen.

In Konfliktfällen kann qualifizierte Beratung, etwa durch eine Sozialrechtsberatung oder einen Fachanwalt, helfen, ohne dass man sich vorschnell rechtlich nachteilige Positionen einhandelt.

Wie man PayPal-Nachweise in der Praxis sinnvoll vorbereitet

PayPal bietet Berichte und Transaktionsübersichten, die sich für den geforderten Zeitraum als PDF exportieren lassen.

Für das Jobcenter zählt weniger die Optik als die Nachvollziehbarkeit: Der Zeitraum muss vollständig sein, die Umsätze müssen erkennbar bleiben, und Schwärzungen dürfen nicht den wesentlichen Prüfzweck vereiteln. Wer schwärzt, sollte so vorgehen, dass die Buchung als solche verständlich bleibt und nur der Teil verborgen wird, der besonders sensible Informationen preisgeben würde.

Ein kurzer Realitätscheck: PayPal ist kein Sonderfall, sondern ein weiterer Zahlungsweg

Dass Jobcenter auch PayPal sehen wollen, hat weniger mit Misstrauen gegenüber einer einzelnen Person zu tun als mit der schlichten Tatsache, dass Geldflüsse heute oft nicht mehr ausschließlich über Girokonten laufen.

Bürgergeld soll die tatsächliche Hilfebedürftigkeit abbilden. Dazu gehören sämtliche relevanten Einnahmen und vorhandenes verwertbares Vermögen, unabhängig davon, ob es auf dem klassischen Konto liegt oder bei einem Zahlungsdienstleister.

Wer PayPal nutzt, sollte deshalb davon ausgehen, dass Transparenz über die PayPal-Umsätze grundsätzlich erwartet werden kann, sobald das Konto für Zahlungen oder Guthaben tatsächlich eine Rolle spielt. Gleichzeitig gibt es rechtliche Leitplanken, die Privatsphäre schützen sollen und eine Datenabfrage auf das Notwendige begrenzen.