Unser Video Tschüss Bürgergeld – Das Ende des Bürgergelds über die Pläne von CDU/CSU und SPD, das Bürgergeld durch ein System mit Namen „Neue Grundsicherung“ zu ersetzen, hat eine lebhafte Diskussion ausgelöst.
Wir haben aus den vielen Kommentaren einige Aussagen herausgesucht, die sich auf gerade solche Punkte konzentrieren, die in den Forderungen nach noch härteren Sanktionen und Arbeitszwang um jeden Preis unter den Tisch fallen.
Viele derjenigen, die Kommentare abgegeben haben, sprechen als Betroffene, sie waren also selbst von Bürgergeld oder zuvor von Hartz-IV abhängig. Wir bei gegen-hartz möchten, dass diejenigen selbst zu Wort kommen, über die und über deren Kopf hinweg die Politik immer wieder falsche Informationen verbreitet.
Inhaltsverzeichnis
Fördern und fordern?
@christinaerdmann5922 hält den Begriff „Fordern und Fördern“, nach dem die Jobcenter Betroffene bei der Arbeitssuche fördern und von diesen dafür aktive Mitwirkung verlangen, inzwischen für eine Mogelpackung: „Fordern und Fördern. Daraus wird ein Drangsalieren und Schikanieren.“
@Zaubermaus-Engel sieht die geplanten Gesetzesänderungen ebenfalls negativ: „Es geht doch im Grunde nur darum, die Versklavung voranzutreiben.“
Job durch das Bürgergeld
@LungTienQuian betont, wie wichtig die Qualifizierung anstelle des Vermittlungsvorrangs gewesen sei: „Ohne die Förderung vom Bürgergeld wäre ich nie aus dem Bezug herausgekommen. Erst als das Bürgergeld eingeführt wurde, bin ich vom Jobcenter so qualifiziert worden, dass ich im ersten Arbeitsmarkt nicht nur eine gute Ausbildung erhalten habe. Ich habe dank dieser Ausbildung auch einen gut bezahlten Job gefunden, der mir sogar Spaß macht. Jetzt wieder zum alten ALG II Model zurückzukehren finde ich von der CDU/CSU unverantwortlich!“
@Mempler hat die gleiche Erfahrung gemacht: „Fun Fact, das Bürgergeld hat mich in einen Job gebracht, Hartz IV nicht.“
Totalsanktionen sind verfassungswidrig
@Ossi170 kommentiert die Pläne, wiederholte Ablehnung eines Jobangebots mit einem vollständigen Entzug der Leistungen zu bestrafen: „100% Sanktion geht doch gar nicht, wenn das Bundesverfassungsgericht bereits geurteilt hatte, dass mehr als 30% verfassungswidrig sind.“
@irgendwoinmitteldeutschland sieht das genauso und empfiehlt, juristisch gegen Totalsanktionen vorzugehen: „Außerdem machen sie sich strafbar, wenn sie Leistungen KOMPLETT streichen, das ist eine Straftat und wird angezeigt.“
Angst vor willkürlicher Definition von Arbeitsfähigkeit
Eine Betroffene ist gesundheitlich eingeschränkt und befürchtet willkürliche Definitionen darüber, ob jemand arbeitsfähig ist.
@lilamiau schreibt: „Aber wer entscheidet in Zukunft, ob jemand arbeitsfähig ist, oder nicht? Je nach Ärzten gibt es unterschiedliche Einschätzungen, vermutlich auch je nachdem, für und gegen wen diese arbeiten… Mir macht das alles total Angst. Ich bewerbe mich immer, aber bekomme meistens nicht mal Antworten, das macht mich schon echt genug fertig. Und dann noch dazu die Angst, wie es weitergeht…“
Unqualifizierte und schlecht motivierte Vermittler
@elkesatin sieht ein Problem der Arbeitsvermittlung auf der Seite des Jobcenters: „Von einem unqualifizierten oder schlecht motivierten Jobcenter-Mitarbeiter kann ich keine qualitative Zusammenarbeit erwarten. Der große Knackpunkt, dass man sehr schlecht in neue existenzsichernde Arbeit kommt, liegt daran, dass man mehr als ein Jahr ohne Job ist. Je länger ohne Job, desto schlechter die Aussichten. Ähnliches gilt, Ungelernte haben kaum eine Chance, genauso ältere und auch Alleinerziehende.“
Gesundheitliche Einschränkungen
@Hami242 gibt zu bedenken, dass auch Menschen Leistungen beziehen müssen, weil sie gesundheitlich eingeschränkt sind: „Ich war auch jahrzehntelang Arbeitnehmer. Nur nicht mehr so leistungsfähig und gesund wie deutlich jüngere. Ich kann körperlich nicht mehr hart arbeiten gehen. Kann diese Hetze gegen Leistungsbezieher nicht mehr hören. Als wären alle Schmarotzer! (…) Wer krank ist krank. Wer fit und gesund ist, sollte auch motiviert werden, sich schleunigst bewerben zu gehen. Aber weg mit dieser Zwangsarbeit!“
Zeitarbeitsfirmen werden profitieren
@tihokhan1937 hält den Vermittlungsvorrang für ein Geschenk an unseriöse Arbeitgeber: „Und was bekommt man vom Jobcenter als Vorschlag? Richtig! Zeitarbeit! Moderne Sklaverei als Erfolgskonzept und daran verdient NUR die Zeitarbeitsfirma, kein anderer!“
Hilfe und Unterstützung statt Druck und Abwertung
@JudithH7 betont, dass Arbeitssuchende Unterstützung benötigen statt Druck: „Das macht einem echt Sorgen. Man braucht Hilfe und Unterstützung, nicht ständig mehr Druck und Abwertung der eigenen Person. Ich habe echt Angst, wo das endet. Bin selbst krank und kann nicht wirklich arbeiten. Wie soll die Umsetzung nur aussehen? Sparen bei denen, die nichts haben. Traurig.“
Vermittlungsvorrang und Fachkräftemangel
@amiganer681130 hält den Zwang, in jeden Job gepresst zu werden, für eine Ursache des Fachkräftemangels: „Also wie immer: Wer nichts hat, dem soll noch mehr in die Tasche gegriffen werden. So kommt auch der Fachkräftemangel zustande: Da wird man in einen Job gedrängt, der nicht dem Können entspricht.“
Überqualifikation beim Vermittlungsvorrang
@AngelikaMoritz-w2w ergänzt, dass nicht nur Unterqualifizierung ein Problem ist, wenn Arbeitssuchende zu jedweder Arbeit gezwungen werden, sondern auch Überqualifikation.
Sie schreibt: Eines der vielen Probleme bei der ehemaligen Grundsicherung war auch, dass Arbeitssuchende in Jobs vermittelt wurden, für die sie überqualifiziert waren, obwohl es hier Arbeitssuchende mit passender Qualifikation gab. Verständlicher- und richtigerweise haben die betroffenen Arbeitgeber befürchtet, dass diese ihren Job nur so lange machen, bis sie eine adäquate Stelle gefunden haben.“
Einrichtungen profitieren von Arbeitslosigkeit
@VincentADK sieht ein wesentliches Problem in Maßnahmen, die sich nur finanzieren, wenn Arbeitssuchende erwerbslos bleiben.
Er schlägt vor: „Wenn die Regierung wirklich sparen möchte, sollte sie bei der Bürokratie anfangen, denn diese verschlingt enorme Summen, ohne wirklich helfen zu können oder zu wollen. Leider gibt es auch Einrichtungen, die ein Interesse daran haben, dass Menschen arbeitslos bleiben, um damit Geld zu verdienen. (Natürlich sind nicht alle Maßnahmen so, zum Glück , aber es gibt einige, die sinnlos sind und einfach nur Ressourcen verschwenden.)“
Vermittlungsvorrang schadet allen Beteiligten
@2ter Nick erläutert, dass der Vermittlungsvorrang nicht nur den Arbeitssuchenden schadet, sondern auch den Arbeitgebern und den Jobcentern.
Er schreibt: „Wenn ich zu einem Job gezwungen werde, der mir keinen Spaß macht, bzw. in dem ich nicht gut genug bin … wie lange dauert es, bis der Chef mich wieder vor die Tür setzt? Das Einzige, was sich ändert: Mehr Arbeit für das Jobcenter durch andauerndes an- und abmelden und etwas mehr Arbeit für den Bezieher. Aber beiden Seiten ist durch diese Zwangsregelung zur Arbeitsaufnahme nicht geholfen.“