Rente: 135 Euro im Monat – Ein Leben lang gearbeitet und jetzt reicht die Rente nicht

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Immer mehr รคltere Menschen in Deutschland sind von Armut betroffen โ€“ trotz jahrzehntelanger Arbeit. Zwei Rentnerinnen erzรคhlen ihre Geschichten.

Armut im Alter: Eine stille Krise wรคchst

In Deutschland ist die Zahl der armutsgefรคhrdeten Rentner dramatisch gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt sind heute rund 3,5 Millionen Menschen รผber 65 Jahre betroffen โ€“ fast 20 Prozent dieser Altersgruppe. Vor zehn Jahren lag die Quote noch bei 14 Prozent. Der Grund fรผr diese Entwicklung: Sinkendes Rentenniveau, unterbrochene Erwerbsbiografien und niedrige Lรถhne.

Der tรคgliche Kampf um das Nรถtigste

Inge Gepard aus Dortmund lebt seit zehn Jahren von einer kleinen Rente. Ihre monatlichen Einnahmen: 675,67 Euro plus Grundsicherung. Nach Abzug der Fixkosten bleiben ihr 452 Euro im Monat. Fรผr neue Mรถbel oder Urlaubsreisen reicht es schon lange nicht mehr. Sie sagt offen: โ€žEs ist beschรคmend, zum Sozialamt gehen zu mรผssen.โ€œ

Gepard arbeitete frรผher als Bรผrokauffrau und zog zwei Kinder groรŸ. Wegen Teilzeitarbeit in der Familienphase zahlte sie nur geringe Beitrรคge in die Rentenkasse ein. Altersvorsorge spielte damals kaum eine Rolle. Heute reicht das Geld oft nur fรผr das Allernรถtigste.

Wenn 4 Euro pro Tag das Limit sind

Auch Brigitte Klingner aus Berlin kennt die finanziellen Engpรคsse. Sie war jahrzehntelang im Niedriglohnsektor beschรคftigt und lebt jetzt von einer kleinen Rente. Nach Miete, Strom und Telefon bleiben ihr 135 Euro im Monat. Ihr Essensbudget liegt bei vier Euro pro Tag. Frisches Gemรผse oder ein regelmรครŸiges warmes Mittagessen kann sie sich kaum leisten.

Besonders bitter: Obwohl Klingner theoretisch Anspruch auf Wohngeld hรคtte, wartet sie seit sechs Monaten auf die Bewilligung. Bundesweit dauert die Bearbeitung solcher Antrรคge oft รผber ein Jahr. Die Berliner Senatsverwaltung rรคumt ein, dass die Verfahren dringend vereinfacht werden mรผssen.

Ehrenamtliche Hilfe wird lebenswichtig

Ohne Unterstรผtzung durch Organisationen wie โ€žSeniorenglรผckโ€œ kรคmen viele รคltere Menschen nicht รผber die Runden. In Dortmund verteilt der Verein Lebensmittel an Bedรผrftige โ€“ gegen eine symbolische Gebรผhr von zwei Euro. Fรผr Inge Gepard sind diese Einkรคufe eine enorme Erleichterung: โ€žSonst kรถnnte ich mir nicht einmal Kaffee leisten.โ€œ

Auch kleine Gesten haben groรŸe Wirkung. So ermรถglicht ein gespendeter Reisegutschein Inge Gepard ein Wochenende an der Nordsee โ€“ ein Wunsch, den sie sich selbst nie hรคtte erfรผllen kรถnnen.

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Politische Versprechen und Realitรคt

Union und SPD haben im aktuellen Koalitionsvertrag vereinbart, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent zu sichern. Geplant ist auรŸerdem eine sogenannte Aktivrente: Rentner, die freiwillig weiterarbeiten, dรผrfen kรผnftig bis zu 2000 Euro steuerfrei hinzuverdienen.

Viele Betroffene bezweifeln jedoch, dass solche MaรŸnahmen die eigentlichen Probleme lรถsen. Inge Gepard und Brigitte Klingner fordern, dass eine Mindestabsicherung von 1200 bis 1300 Euro monatlich eingefรผhrt wird โ€“ unabhรคngig von der individuellen Erwerbsbiografie. Ihrer Meinung nach mรผsse die Politik selbst erleben, wie schwer es sei, mit so wenig Geld zu leben.

Warum die Gesellschaft nicht wegsehen darf

Armut im Alter ist lรคngst kein Randphรคnomen mehr. Besonders Frauen sind gefรคhrdet, weil sie hรคufiger in Teilzeit arbeiten oder Angehรถrige pflegen. Wer heute auf die gesetzliche Rente setzt, riskiert spรคter groรŸe finanzielle Not.

Experten wie Greta Lutherbach vom Sozialverband SoVD kritisieren seit Jahren, dass politische Entscheidungen das Rentenniveau bewusst gesenkt haben. Ohne Gegensteuern werde Altersarmut in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen.