Abfindung nach einer Kündigung: Vorsicht bei Aufhebungsverträgen

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Wenn Arbeitgeber Arbeitnehmer loswerden wollen, scheuen sie das Risiko einer Kündigung. Meistens sind Kündigungen mit dem Risiko einer Abfindung verbunden. Davor scheuen sich Arbeitgeber und versuchen deshalb den Weg über den Aufhebnungsvertrag. Allerdings sind die angebotenen Abfindungssummen oft viel zu niedrig.

In Betrieben mit mehr als zehn vollen Stellen gilt das Kündigungsschutzgesetz für Arbeitnehmer, die dort länger als sechs Monate beschäftigt sind!“, sagt Rechtsanwalt Cem Altug, Experte für Arbeitsrecht.

Arbeitgeber müssen also glaubhaft begründen können, warum eine betriebsbedingte Kündigung erfolgen soll.
Die Betriebe müssen nachweisen, dass es sich bei dem eingebrochenen Umsatz beispielsweise wegen Liefer- und Produktionsengpässen um dauerhafte Probleme handelt, die auch nach der jetzigen Krise bestehen bleiben.

Auch wer wegen einer ärztlichen Untersuchung oder aus Vorsorge in Quarantäne muss, braucht sich keine Sorgen zu machen. „Quarantäne ist kein Grund für eine Kündigung. Allerdings dürfen Arbeitnehmer nicht einfach aus Angst vor einer Infektion zuhause bleiben, wenn in ihrem Betrieb kein Home-Office möglich ist – das wäre Arbeitsverweigerung“, betont Altug.

Betriebsbedingte Kündigung aus der Kurzarbeit kaum möglich

Manche Betriebe machen von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Arbeitnehmer in Kurzarbeit zu versetzen, da der Staat einen Teil der Lohnkosten übernimmt. Arbeitnehmer bekommen in Kurzarbeit bei verkürzter Arbeitszeit 60 bzw. mit Kindern 67 Prozent des normalen Lohnes ausbezahlt.

„Kurzarbeitergeld wird vom Staat nur gezahlt, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Arbeitsplätze dadurch erhalten werden“, sagt Rechtsanwalt Altug, „darum ist eine begründete betriebsbedingte Kündigung von Arbeitnehmern in Kurzarbeit im Grunde nicht möglich, solange das Unternehmen noch Kurzarbeitergeld erhält.“

Für eine betriebsbedingte Kündigung muss nämlich der endgültige Wegfall des Arbeitsplatzes bevorstehen. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob der Arbeitnehmer nicht in einer anderen Abteilung oder auf einer anderen Stelle weiterbeschäftigt werden kann.

Außerdem muss er bei begründeter Reduzierung der Arbeitsplätze eine Sozialauswahl treffen, die solche Arbeitnehmer schützen soll, die finanzielle oder soziale Verpflichtungen haben. Auch müssen mögliche Gründe für besonderen Kündigungsschutz berücksichtigt werden.

Es gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen, die sich nach der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers richten, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde. Eine Kündigung kann als aus diversen Gründen ungültig sein: Fehlender Kündigungsgrund, Verstoß gegen Kündigungsfristen, keine formal korrekte postalische Zustellung.

Rechtsanwalt mahnt zur Vorsicht bei Aufhebungsverträgen

Dreiviertel aller Betriebe geben an, Probleme bei der Ausstellung einer betriebsbedingten Kündigung zu haben.

Gekündigte Arbeitnehmer haben drei Wochen Zeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Und ganze 46 Prozent aller Beschäftigten, die gegen eine Kündigung klagen, erhalten letztlich in Folge eines Aufhebungsvertrags eine Abfindung, weil der Arbeitgeber sich langwierige Gerichtsverfahren und teure Lohnkosten bei Weiterbeschäftigung umgehen wollen.

Aufgrund des Kündigungsschutzes und der formalen Hürden bei einer Kündigung bieten besonders große Unternehmen immer mehr Arbeitnehmern Aufhebungsverträge in Verbindung mit Abfindungszahlungen an.

So können sie Kosten sparen und das Risiko einer Kündigungsschutzklage umgehen. Für die betroffenen Arbeitnehmer sieht eine Abfindung auf den ersten Blick sehr verlockend aus. Doch es gibt einiges zu beachten, erklärt der Arbeitsrechtsexperte.

„Viele Abfindungsangebote sind viel zu niedrig. Die gesetzliche Faustformel sieht einen halben Bruttomonatslohn pro Anstellungsjahr vor.

Aber darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl von Faktoren, die es zu berücksichtigen gilt“, betont Cem Altug. „Besondere Qualifikationen, soziale und finanzielle Verpflichtungen, Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt, all das sollte miteinbezogen werden. Aber: Einen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung gibt es nicht. Darum ist jede Abfindung Verhandlungssache!“

Arbeitnehmer sollten außerdem beachten, dass die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags von den Jobcentern als einvernehmliche Auflösung des Angestelltenverhältnisses zu einer zwölfwöchigen Sperre für den Anspruch auf Arbeitslosengeld gewertet werden kann.

Abfindung muss Zeit bis zum nächsten Job überbrücken

Die Abfindung sollte daher hoch genug ausfallen, dass die Dauer bis zur nächsten Anstellung finanziell überbrückt werden kann. Nur wenn der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht vor der ordentlichen Kündigungsfrist beendet, ist dies nicht der Fall.

Erhält der Arbeitnehmer nach einem Aufhebungsvertrag kein Arbeitslosengeld, muss er sich selbstständig krankenversichern. Abfindungen zählen außerdem nicht als Arbeitsentgeld und können daher nicht auf die Rente angerechnet werden, es sei denn die Abfindung wird vom Arbeitgeber direkt an die Rentenversicherung gezahlt und damit als rückständige Ansprüche auf Arbeitsentgeld gewertet.

Zur Überbrückung des Lebensunterhaltes bis zur Frührente mit 63 nach 35 rentenpflichtigen Arbeitsjahren steht die Abfindung dann jedoch nicht zur Verfügung. Wird die Abfindung als Einmalzahlung auf das Konto des Arbeitnehmers eingezahlt, muss sie entsprechend versteuert werden. Hier kann es sich anbieten, von der so genannten Fünftelregelung Gebrauch zu machen.

Abfindungshöhe mit Abfindungsrechner ermitteln und von Rechtsanwalt beraten lassen

Der Anwalr rät Arbeitnehmern nach einer Kündigung oder vor der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages dazu, die mögliche Höhe einer Abfindung zu errechnen, die juristischen Mittel zu prüfen und sich die möglichen Konsequenzen genau abzuwägen. „Arbeitnehmer sollten sich gründlich informieren und nicht voreilig handeln, auch wenn die Klagefrist nur drei Wochen beträgt“, sagt Altug.