Abbau des Sozialstaats ist Ziel der EU-Kommission

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Nach Plänen der EU-Kommission soll schon vor Ablauf dieses Jahres die Pilotphase eines Konzeptes zur Förderung innerstaatlicher Reformen der EU-Mitgliedstaaten beginnen. Davon betroffen wären in großem Ausmaß auch die nationalstaatlichen Sozialsysteme und der innereuropäische Arbeitsmarkt.

Sozialsysteme sind Sache der Mitgliedsstaaten – eigentlich

Die Sozialsysteme der Mitgliedstaaten und damit die jeweiligen Regelungen zu Arbeitslosengeld und Renten sind nicht Teil der EU-Gesetzgebungskompetenz, sondern nach den Gründungsverträgen der Europäischen Union Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass solche Regelungsgebiete einerseits auf nationalstaatlicher Ebene effektiver und sinnvoller umgesetzt werden können und andererseits das Verständnis einer sozialen Ausgleichsregelung Teil der nationalstaatlichen Selbstidentifikation und der politischen Ausrichtung ist.

Im Dezember 2017 legte die Kommission den Grundstein für die Zielsetzung des nun bearbeiteten Reformmodells, das den Bestrebungen und Ideen der Troika während der „Griechenlandrettung“ nicht unähnlich ist: Stimmen EU-Mitgliedstaaten zu, wird ihnen nach Erreichen der gemeinsam vertraglich vorformulierten Ziele von der EU-Kommission ein im Voraus versprochener Betrag ausgezahlt. Der „Vorschlag zur Veränderung der Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen für die europäische Struktur- und Investitionsfonds (Dachverordnung)“ nennt dabei die Liberalisierung u.a. auch der Sozialsysteme, zur „Verbesserung“ der Gewinnwirtschaft und der Rahmenbedingungen für Unternehmen und Investitionen. Nach den Wünschen der EU-Kommission soll dies den Weg zu einem gesteigerten Wettbewerb innerhalb der EU und dadurch zu einer insgesamt erhöhten Wettbewerbsfähigkeit der EU im Welthandel führen.

Hartz IV bald in ganz Europa?

Es ist zu befürchten, dass innerstaatliche Unterstützungsleistungen die dem deutschen Arbeitslosengeld II entsprechen, bald im Rahmen der angepeilten Wirtschafts- und Währungsunion Reformen im Sinne der wirtschaftsfreundlichen EU-Kommission unterliegen könnten. Auch Anne Karrass als Vertreterin der Verdi in Brüssel, kritisiert die geplanten Verträge als in Widerspruch zur Gesetzgebungskompetenz der EU stehend.

Hintergrund

Bereits 2011 hatte die Bundeskanzlerin Angela Merkel auf EU-Ebene einen sogenannten „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ vorgestellt. Darin wurden vor allem eine Wirtschaftsliberalisierung und Sozialreformen im Sinne des Modells der deutschen „Schuldenbremse“ positiv dargestellt.

Wie der für Mitte des Jahres angedachte Gesetzesentwurf und die darauffolgende Pilotphase des „Belohnungssystems“ bis 2020 u.a. auch das deutsche Sozialsystem beeinflusst, bleibt abzuwarten.