615 Euro zu wenig Stromkostenanteil im Bürgergeld-Regelsatz

Lesedauer 2 Minuten

Der Verein “Sanktionsfrei” hatte eine sogenannte Umverteilungsaktion ins Leben gerufen, um Bürgergeldbeziehern bei hohen Stromnachzahlungen finanziell unter die Arme zu greifen. Der “Solitopf” ist längst leer, dennoch melden sich fast täglich Betroffene beim Verein.

Weiterhin hohe Strompreise

Die Stromkosten müssen beim Bürgergeld aus den Regelleistungen bezahlt werden. Das heißt, das Jobcenter zahlt nicht wie bei den Heizkosten einen angemessenen Betrag dazu.

Nach Angaben des Vergleichsportals “Verivox” kostete eine Kilowattstunde im vergangenen Herbst durchschnittlich 70 Cent. Im Vergleich dazu sind die Strompreise im April zwar wieder auf 35,3 Cent pro Kilowattstunde gesunken, im Vorjahr lag der Strompreis aber noch bei 24,9 Cent pro Kilowattstunde.

Hilt die Strompreisbremse?

Auch die Strompreisbremse kann keine wirkliche Entlastung bringen, da im Vergleich zum Vorjahr immer noch ein hoher Strompreis gezahlt werden muss. Die Strompreisbremse verhindert lediglich starke Preissprünge. Durch die Strompreisbremse zahlen Haushalte und kleine Unternehmen ab März 2023 maximal 40 Cent pro Kilowattstunde (brutto).

Lesen Sie auch:
Bürgergeld-Regelsatz: 725 Euro zuzüglich Strom sind Realität

Unterdeckung des Regelsatzbedarfs Strom bei durchschnittlich 615 Euro

Der Grundversorgertarif (Regelsatz für einen Singlehaushalt) liegt derzeit bei 40,75 Euro (489 Euro im Jahr). Im Durchschnitt zahlt ein Singlehaushalt laut “Verivox” (Datenstand Januar 2023) jedoch im Durchschnitt 92 Euro im Monat für Strom. Das sind 1.104 Euro im Jahr.

Vergleicht man diesen Betrag mit dem Posten Strom im Regelsatz, ergibt sich ein Fehlbetrag von 615 Euro pro Jahr. Selbst wenn Bürgergelde-Beziehende massiv Strom sparen, können sie die Lücke nicht schließen. Kein Wunder also, dass viele Bürgergeld-BeTroffene vor allem durch die stark gestiegenen Energiepreise in große Not geraten.

Bürgergeld-Bezieher in Not

Helena Steinhaus von Sanktionsfrei e.V. berichtet, dass sich fast täglich Hilfesuchende an den Verein wenden. So schreibt Pauline, eine alleinerziehende Mutter, die auf Bürgergeld angewiesen ist:

“Ich habe mir schon die ganze Nacht den Kopf zerbrochen und bin dann auf euch gestoßen. Ich habe eine Stromrechnung bekommen und keine Ahnung, wie ich diese bezahlen soll. Ich schicke euch mal alles mit, wie es auf eurer Homepage steht. Eventuell haben wir ja Glück.” Derzeit seien 548 Euro für eine Stromkostennachzahlung offen.”

Solitopf leer

Doch der Solitopf ist für diesen Monat leer, weshalb der Verein auf weitere Spenden angewiesen ist, um Bürgergeld- Betroffenen, wie Pauline helfen zu können. Der Verein bittet deshalb um weitere Spenden, um Betroffenen wie Pauline unbürokratisch helfen zu können.

Die Regelleistungen müssen angepasst werden

“Es kann aber nicht sein, dass Vereine dafür sorgen müssen, wenn Betroffene wie Pauline nicht wissen, wie sie die Stromrechnung bezahlen sollen”, kritisiert Sebastian Bertram von “Gegen-Hartz.de”. Vielmehr müssten die Regelleistungen entsprechend nach oben korrigiert werden, um eine weitere Bedarfsunterdeckung zu verhindern, so Bertram weiter.

Zwar müssen die Jobcenter helfen, wenn bei Nichtzahlung der Stromrechnung eine Sperrung droht, aber es werden nur Darlehen gewährt, die dann aus den Regelleistungen zurückgezahlt werden müssen. “Das führt zu einer weiteren Bedarfsunterdeckung und verschärft das Problem”, warnt Bertram.

Hinzu kommen die steigenden Lebensmittelpreise, weshalb sich die Kaufkraft von Bürgergeld-Beziehern trotz Erhöhung der Regelleistungen im Januar im Vergleich zu Hartz IV sogar noch verringert hat.