Urteil: Arbeitsagentur legt Förderregeln zu strikt aus

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Die Agentur für Arbeit muss Ausbildungsbetriebe auf fehlende Antragsunterlagen für den wegen der Corona-Pandemie eingeführten „Ausbildungsprämie plus“ hinweisen.

Ist der Antrag unvollständig und hat die Arbeitsagentur nicht rechtzeitig auf die fehlenden Unterlagen hingewiesen, ist der Betrieb bei Nachreichung der Unterlagen so zu stellen, als habe er die dreimonatige Antragsfrist eingehalten, entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem am Mittwoch, 31. Mai 2023, bekanntgegebenen Urteil (Az.: S 5 AL 1978/22).

Antrag auf Bundesprogramm zur Sicherung von Ausbildungsplätzen gestellt

Im konkreten Fall hatte das klagende Dentallabor eine junge Frau zum 1. September 2021 und damit mitten in der Corona-Pandemie als Auszubildende zur Zahntechnikerin eingestellt. Vorgesehen war eine viermonatige Probezeit. Am 16. März 2022 beantragte der Betrieb bei der Agentur für Arbeit den „Ausbildungsprämie plus“.

Dabei handelt es sich um ein Bundesprogramm zur Sicherung von Ausbildungsplätzen in von der Corona-Pandemie betroffenen Betrieben. Für das Jahr 2022 stehen 185 Millionen Euro zur Verfügung.

Betriebe können dann für jeden neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag einen Ausbildungsbonus erhalten. Dieser beträgt für das Ausbildungsjahr 2021/2022 4.000 Euro. Bei einer Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes kann der Ausbildungsprämie plus” in Höhe von 6.000 Euro beantragt werden. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen von der Corona-Krise erheblich betroffen ist und nicht mehr als 499 Beschäftigte hat.

Antrag wurde abgelehnt

Der Antrag des Dentallabors wurde vom Arbeitsamt nach dem Einscannen in ein falsches Postfach gelegt, so dass er erst im April bearbeitet wurde. Die Agentur wies darauf hin, dass eine Bescheinigung der Handwerkskammer fehle. Der Arbeitgeber reichte diese noch am selben Tag nach und erhielt im Juni einen Ablehnungsbescheid.

Nach den geltenden Bestimmungen muss der Antrag spätestens drei Monate nach Ablauf der Probezeit, in diesem Fall Ende März 2022, eingegangen sein. Da der Antrag unvollständig gewesen sei, sei er als verspätet abzulehnen.

Sozialgericht: Behörde ging zu strikt vor

Das Dentallabor habe Anspruch auf die „Ausbildungsprämie plus“ in Höhe von 6.000 Euro, urteilte das Sozialgericht am 17. April 2023. Nach den Förderbestimmungen müsse der Antrag drei Monate nach Ablauf der Probezeit gestellt werden. Der Antrag sei durch geeignete Unterlagen zu begründen, allerdings nur „auf Verlangen der Bewilligungsbehörde“.

Zwar weise die Bundesagentur für Arbeit in ihren Fachlichen Weisungen darauf hin, dass bei unvollständigen Unterlagen der Antrag als nicht gestellt gelte. Diese Auslegung sei aber mit dem Wortlaut der Förderrichtlinien nicht vereinbar, urteilte das Sozialgericht.

Die Behörde sei hier verpflichtet gewesen, unverzüglich nach dem 16. März 2022, also nach Eingang des Antrags, auf die fehlenden Unterlagen hinzuweisen. Nach allgemeinem Verwaltungsrecht dürfe eine Behörde den Bürger „nicht sehenden Auges einen unzureichenden Antrag stellen lassen“.

Dies gelte auch für den „Ausbildungsbonus plus“. Hier habe die Agentur für Arbeit den Antrag offenbar auch deshalb so spät bearbeitet, weil er in ein „falsches Postfach“ verschoben worden sei. Das Dentallabor sei daher so zu stellen, als habe es die dreimonatige Antragsfrist eingehalten. fle/mwo