Zeitarbeit: Leiharbeiter müssen laut Urteil weniger verdienen

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In der Leiharbeit verdienen Beschäftigte oft weniger als in der Stammbelegschaft. Oft vermitteln die Jobcenter Bürgergeld-Bezieher in die Leiharbeit. Dagegen hatte eine Arbeitnehmerin vor dem Bundesarbeitsgericht geklagt. Das Bundesarbeitsgericht wies die Klage jedoch ab. Damit bleibt die Beschäftigung in der Leiharbeit prekär.

Leiharbeits-Tarif darf vom „Equal-Pay-Gebot“ abweichen

Werden Leiharbeitnehmer nach einem Tarifvertrag bezahlt, darf ihr Lohn niedriger sein als der der Stammbelegschaft des Entleihbetriebs. Denn Tarifverträge können für die ersten neun Monate eines Einsatzes unter bestimmten Voraussetzungen vom „Equal Pay“-Gebot abweichen, urteilte am Mittwoch, 31. Mai 2023, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 5 AZR 143/19). Es setzte damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg um.

Konkret wies das BAG eine Leiharbeitnehmerin aus Bayern ab. Sie war von Januar bis April 2017 als Kommissioniererin im Auslieferungslager eines Einzelhandelsunternehmens in Bayern eingesetzt. Dafür erhielt sie 9,23 Euro pro Stunde, die Stammbelegschaft nach ihren Angaben 13,64 Euro. Mit ihrer Klage verlangte sie daher eine Lohnnachzahlung in Höhe von 1.297 Euro.

In Deutschland lässt das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz tarifvertragliche Abweichungen vom Equal-Pay-Grundsatz zumindest für die ersten neun Monate einer Überlassung zu. Das BAG hatte den Rechtsstreit zunächst dem EuGH vorgelegt und wollte wissen, inwieweit dies mit der europäischen Leiharbeitsrichtlinie vereinbar ist.

Der EuGH hatte am 15. Dezember 2022 entschieden, dass ein geringerer Lohn für Leiharbeitnehmer nur dann zulässig ist, wenn sie im Gegenzug andere „ausgleichende Vorteile“ erhalten (Az.: C-311/21).

BAG verweist auf anderweitigen Schutz und Ausgleich

Hierzu hat das BAG nun entschieden, dass tarifvertragliche „Ausgleichsvorteile“ und gesetzliche Schutzvorschriften gleichermaßen zu berücksichtigen sind. Insgesamt sei der niedrigere Lohn im Streitfall gerechtfertigt.

Denn nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz trage der Arbeitgeber das wirtschaftliche Risiko verleihfreier Zeiten. Der hier zwischen der Gewerkschaft Verdi und dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen geschlossene Tarifvertrag konkretisiere dies dahingehend, dass der Leiharbeitnehmer auch in verleihfreien Zeiten Anspruch auf sein reguläres Arbeitsentgelt habe. Diese Schutzregelung gelte in Deutschland – anders als in vielen anderen EU-Ländern – auch für befristete Leiharbeitsverhältnisse.

Mindestens den Mindestlohn

Darüber hinaus sieht das Gesetz vor, dass auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer mindestens den Mindestlohn erhalten. Die Möglichkeit, durch Tarifvertrag niedrigere Löhne als für die Stammbelegschaft zu vereinbaren, sei grundsätzlich auf jeweils neun Monate der Überlassung beschränkt. mwo/fle