Rente: Versorgungsausgleich endet nicht automatisch nach dem Tod

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Ein Versorgungsausgleich bei einer Scheidung sorgt dafรผr, dass der Ehepartner mit der geringeren Rente einen Teil der Bezรผge desjenigen mit der hรถheren Rente erhรคlt. Wichtig: Dieser Ausgleich endet nicht automatisch mit dem Tod des Ausgleichsberechtigten.

Eine ร„nderung ist nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen mรถglich. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 02.04.2025 (Az.: XII ZB 576/24) klargestellt.

Geschiedene Ehefrau erhรคlt Teil der Rente des Mannes

Der Betroffene und seine Ex-Ehefrau waren seit vielen Jahren geschieden. Ein Versorgungsausgleich teilte die Rente beider Partner fair auf, wobei die geschiedene Frau einen Teil der Rente des Betroffenen erhielt.

Rentner sieht keinen Grund mehr fรผr Rentenkรผrzung

Sechs Jahre nach der Scheidung starb die ehemalige Ehefrau. Der Betroffene sah es als ungerecht an, dass er weiterhin eine gekรผrzte Rente bekam, obwohl der Grund dafรผr entfallen war. Denn diejenige, die diesen Teil seiner Bezรผge erhalten hatte, lebte nicht mehr.

Rentner fordert Totalrevision

Er ging vor das Familiengericht und forderte dort eine Totalrevision (Abรคnderung nach ยง 51 VersAusglG). Die damalige Entscheidung sollte nach dem Tod fรผr nichtig erklรคrt werden, und er wollte seine Rente in voller Hรถhe erhalten. Die Richter mussten klรคren, ob sie einen festgelegten Versorgungsausgleich rechtlich neu bewerten kรถnnen.

Antrรคge werden zunรคchst abgewiesen

Die Familienrichter beim Amtsgericht Uelzen lehnten es ab, den ursprรผnglichen Versorgungsausgleich zu รคndern und wiesen den Antrag des Rentners ab. Der Betroffene ging in Berufung vor das Oberlandesgericht Celle. Das OLG entschied am 29.10.2024 anders: Es ordnete an, dass der Versorgungsausgleich ab dem 01.09.2021 enden solle.

Die dortigen Richter sahen die besitzgeschรผtzten persรถnlichen Entgeltpunkte der Ehefrau als entscheidend an. Diese hatte vor ihrem Tod eine Erwerbsminderungsrente bezogen.

Mit dem Urteil sollte zu einem festgelegten Datum der Versorgungsausgleich enden. Fรผr den Rentner hรคtte dies voraussichtlich eine hรถhere Rente bedeutet. Doch es kam anders.

Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof

Die Deutsche Rentenversicherung Bund legte Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein. Dieser hatte erstens zu klรคren, ob die Rentenansprรผche der verstorbenen Ehefrau richtig bewertet waren und zweitens, ob es Voraussetzungen gab, um den Versorgungsausgleich zu รคndern.

Der BGH hob die OLGEntscheidung auf und stellte den Beschluss des Amtsgerichts wieder her โ€“ der Antrag des Rentners blieb damit endgรผltig ohne Erfolg.

Eine fรผr Laien komplizierte Begrรผndung โ€“ entscheidend ist die 24MonatsRegel

Die juristischen Feinheiten waren kompliziert. Die ExEhefrau bezog zum Zeitpunkt ihres Todes eine Erwerbsminderungsrente. Fรผr solche Fรคlle gilt ยง 88 SGB VI: Der Besitzschutz an den bisherigen persรถnlichen Entgeltpunkten greift nur, wenn spรคtestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende dieser Rente erneut eine Rente beginnt โ€“ nach dem Tod insbesondere eine Hinterbliebenenrente.

Genau das war hier nicht der Fall: Mit dem Tod endete die Erwerbsminderungsrente, und mangels Anspruchsberechtigter begann innerhalb von 24 Monaten auch keine Hinterbliebenenrente. Die persรถnlichen Entgeltpunkte der Verstorbenen konnten daher bei der Bewertung nicht (besitzgeschรผtzt) zugrunde gelegt werden.

Wesentlichkeitsgrenzen nicht erreicht

Fรผr eine Abรคnderung des Versorgungsausgleichs reicht eine bloรŸe rechnerische Verschiebung nicht aus. Nach ยง 225 Abs. 3 FamFG mรผssen die Wesentlichkeitsgrenzen รผberschritten sein (relative 5 % und absolute Mindestgrenze am Zahlbetrag).

Da ohne Besitzschutz der ExEhefrau keine maรŸgebliche Wertรคnderung vorlag, wurden diese Grenzen nicht erreicht. Der BGH sah deshalb keinen Anlass, den Versorgungsausgleich abzuรคndern.

Keine โ€žVerfallโ€œRhetorik

Das bedeute fรผr den Betroffenen: Die aus der Erwerbsminderungsrente resultierenden Entgeltpunkte der ExEhefrau konnten nach ihrem Tod mangels Anschlussrente innerhalb von 24 Monaten nicht in die Neubewertung einflieรŸen. Es ist prรคziser zu sagen, dass kein Besitzschutz fortwirkte, nicht, dass Entgeltpunkte โ€žverfielenโ€œ.

Abgrenzung zu frรผherer Rechtsprechung

Zur Einordnung: Der BGH grenzt sich von Konstellationen ab, in denen sehr wohl innerhalb von 24 Monaten eine Hinterbliebenenrente beginnt. In solchen Fรคllen kann der Besitzschutz fortwirken โ€“ was in einer Entscheidung aus 2023 (XII ZB 202/22) relevant war. Hier gab es jedoch keine Hinterbliebenenrente, deshalb greift der Besitzschutz gerade nicht.

Was bedeutet dieses Urteil fรผr Betroffene?

Das Urteil sorgt fรผr Rechtssicherheit: Ein Versorgungsausgleich endet nicht automatisch mit dem Tod des Ausgleichsberechtigten. Eine Abรคnderung ist zwar mรถglich, aber nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfรผllt sind.

Fehlt es โ€“ wie hier โ€“ an einer Anschlussrente innerhalb von 24 Monaten (ยง 88 SGB VI) und werden die Wesentlichkeitsgrenzen des ยง 225 Abs. 3 FamFG nicht รผberschritten, bleibt es beim ursprรผnglichen Ausgleich.

Wer eine Abรคnderung prรผfen lassen will, sollte daher konkret klรคren, ob innerhalb der 24MonatsFrist eine eigene neue Rente oder eine Hinterbliebenenrente begonnen hat und ob die Wesentlichkeitsschwellen รผberhaupt erreicht wรผrden.