Landessozialgericht: Bürgergeld-Höhe ist nicht evident unzureichend

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Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied: Die derzeitige Regelbedarfshöhe der Regelbedarfsstufe 1 ist nicht evident unzureichend. Eine Veranlassung zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht besteht nicht (Az: L 2 AS 39/24 B). Damit ist eine weitere Klage gegen die unzureichenden Regelleistungen des Bürgergeldes gescheitert.

Der Tatbestand

Der Kläger bezieht Bürgergeld als Alleinstehender, vom 01.01.2023 bis zum 30.09.2023 war das ein monatlicher Regelsatz von 502,00 Euro, dazu ein Mehrbedarf für Warmwasser und die realen Kosten für Unterkunft und Heizung von insgesamt 845,25 Euro.

Nach einem vom Jobcenter abgelehnten Widerspruch wegen des in seinen Augen unzureichenden Regelsatzes klagte er vor dem Sozialgericht Düsseldorf und beantragte, den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, dass klären sollte, ob die Regelbedarfe für die Zeit ab Januar 2023 der Verfassung entsprechen.

Er forderte zudem, dass das Jobcenter ihm von Januar bis September 2023 anstelle des Regelsatzes für Alleinstehende in Höhe von 502,00 Euro monatlich mindestens Regelbedarf in Höhe von mindestens 725,00 Euro pro Monat plus Stromkosten zahlen müsse oder zumindest eine den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechende Neuberechnung vornehmen müsse.

Wo sah der Kläger evidente Mängel?

Mängel entstünden durch eine Verurnreinigung der Statistik, fehlende Ermittlung der Energiekosten und Kinderbedarfe und eine unzureichende wie veraltete Datengrundlage. So lägen die durchschnittlichen Stromkosten pro Person rund 25 Prozent über der aus den Sozialleistungen gewährten Pauschale.

Im Dezember 2022 habe die Inflationsrate 8,6 Prozent betragen, Verbraucherpreise für Energie seien um 24,4 Prozent und für Nahrungsmittel um 20,7 Prozent gestiegen. Ein um 53,00 Euro erhöhter Regelsatz stehe nicht mehr in Bezug zur Inflation.

Der Kläger berief sich auch auf ein Kurzgutachten von Prof. Dr. Lenze, eine Ausführung des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie auf eine Stellungnahme der Paritätischen Forschungsstelle zur Fortschreibung der Regelbedarfe 2023.

Sozialgericht lehnt Klage ab

Das Sozialgericht Düsseldorf urteilte, der Regelsatz sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Erhöhung berücksichtige die Inflationsrate hinreichend, denn diese sei im September 2023 wieder auf 4,5 Prozent gesunken.

Heizkosten würden innerhalb der Kosten der Unterkunft übernommen. Ausgaben für Verkehr und Mobilität würden nunmehr durch das Deutschlandticket ergänzt.

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Was sagt das Landessozialgericht?

Der Kläger ging in die nächste Instanz vor das Landessozialgericht. Er argumentierte, dass erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den aktuellen Regelbedarf bestünden, die er mit seiner Klage aufzeige.

Das Landessozialgericht stimmte dem Sozialgericht zu. Die Klage habe schon deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil der ihm gewährte Regelbedarf der gesetzlichen Regelung entspreche. Daran seien Gerichte und Verwaltung / Jobcenter gebunden und könnten ihm keinen höheren Regelbedarf bestimmen.

Die Bemessung der Regelbedarfe entspreche den verfassungsrechtlichen Vorgaben. “Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die (…) Kontrolle (…) darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind.”

Unzureichend seinen sie nur, wenn sie keinesfalls sicherstellen, Hilfebedürftigen in Deutschland ein menschenwürdiges Leben in physischer, sozialer und kultureller Hinsicht zu ermöglichen. (BVerfG, Beschluss vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21, Rn. 58 bei juris; dass., Beschluss vom 27.07.2016 – 1 BvR 371/11, Rn. 41 bei juris).

Aktuell werde jeweils geprüft, ob die Leistungen auf Basis verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungen zu rechtfertigen seien.

“Regelsatz kann Existenzminimum gewährleisten

Die Erhöhung des Regelbedarfs zum 01.01.2023 sei nicht evident unzureichend. Das Berechnungsverfahren sei gerichtsfest schlüssig und könne ausreichend das Existenzminimum gewährleisten – trotz Inflationsrate und Preiserhöhung. Hier sei der Regelsatz um 11,75 Prozent auf 502,00 Euro erhöht worden.

“Zweistufiges Fortschreibungsverfahren federt Preisentwicklung ab”

Das zweistufige Fortschreibungsverfahren würde zudem die Lohn- und Preisentwicklung zeitnäher widerspiegeln als zuvor und diene ausdrücklich dazu, die außergewöhnliche Preisentwicklung abzufedern. (Hinweis: Tacheles e.V.)