Wenn die Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld aus anderen Grรผnden ablehnt, รคndert das keine im Nachhinein eingereichte Arbeitsunfรคhigkeits-Bescheinigung. Deshalb ist es sinnlos, nach dem Ende des Krankengeldes weitere AUBs abzuliefern. So urteilte das Sozialgericht Augsburg (S 2 KR 365/21).
Inhaltsverzeichnis
Krankschreibung nach Ende des Krankengeldes ist sinnlos
Eine durchgehende Bescheinigung der Arbeitsunfรคhigkeit hat einen hohen Beweiswert und gibt in der Regel den Ausschlag dafรผr, ob die gesetzliche Krankenversicherung Krankengeld auszahlt.
Das gilt allerdings nicht, wenn dieselbe Krankenkasse das Krankengeld bereits aus anderen Grรผnden rechtwidrig verweigerte. Dann besteht keine Notwendigkeit, nach der Ablehnung eine Arbeitsunfรคhigkeits-Bescheinigung nachzuweisen.
Krankengeld bis zum Hรถchstanspruch
Der Betroffene erkrankte am 07.10.2019 arbeitsunfรคhig und erhielt ab diesem Zeitpunkt Krankengeld. Sein Arbeitsverhรคltnis endete am 10.10.2019. Die Krankenkasse stellte fest, dass das Krankengeld am 24.10.2020 endete, da dann der Hรถchstanspruch der Dauer erreicht sei.
Der Betroffene erhob Widerspruch, und die Krankenkasse gab diesem teilweise statt. Sie teilte ihm mit, die Hรถchstdauer sei erst am 04.04.2021 erreicht und er bekรคme Krankengeld bis zum 20.11.2020.
Kein weiterer Krankengeldanspruch
Die Krankenkasse vertrat den Standpunkt, dass รผber den 20.11.2020 hinaus kein Anspruch auf Krankengeld bestehe, denn nur bis dahin hรคtte ein Arzt die Arbeitsunfรคhigkeit bescheinigt. Spรคtestens am 23.11.2020 hรคtte eine neue AU vorliegen mรผssen. Eine solche hรคtte der Betroffene jedoch erst ab dem 21.02.1021 vorgelegt.
Erneuter Widerspruch
Der Erkrankte legte erneut Widerspruch ein. Er begrรผndete diesen damit, dass die Krankenkasse rechtswidrig festgestellt hรคtte, dass der Anspruch auf Krankengeld am 24.10.2020 ende. Zwar sei es grundsรคtzlich richtig, dass er die Arbeitsunfรคhigkeit lรผckenlos nachweisen mรผsse.
Keine Krankschreibung wegen Arbeitslosengeldes
Hier sei die Situation jedoch eine besondere. Der Fehler der Krankenkasse und die lange Dauer der Bearbeitung hรคtten den Betroffenen gezwungen, sich frรผhzeitig arbeitslos zu melden, um รผber das Ende des Krankengeldes hinaus Mittel zum Lebensunterhalt zu beziehen. Er sei davon ausgegangen, kein Arbeitslosengeld zu erhalten, wenn er weitere Krankmeldungen vorlege.
Kein Hinweis der Krankenkasse
Das Verfahren hรคtte sich รผber den 20.11.2020 hingezogen ohne einen Hinweis der Krankenkasse, dass er wegen fehlender AU-Bescheinigungen kein Krankengeld รผber den 20.11.2020 bekรคme. Auch die Abhilfeentscheidung hรคtte suggeriert, dass das Krankengeld bis zum 04.04.2021 laufe.
Es geht vor Gericht
Die Krankenkasse wies den Widerspruch zurรผck mit der gleichbleibenden Begrรผndung, dass er die Arbeitsunfรคhigkeit hรคtte lรผckenlos nachweisen mรผssen.
Nach Auslaufen des Krankengeldes habe kein Versicherungsverhรคltnis mit Krankengeldanspruch mehr bestanden.
Deshalb ging der Betroffene vor das Sozialgericht Augsburg, um seinen Anspruch auf fortlaufendes Krankengeld durchzusetzen.
Chronische Lungenerkrankung
Der Klรคger machte geltend, dass er seit 2019 an einer COPD-Erkrankung leide, einer chronischen Krankheit der Lunge. Die Krankenkasse habe diese fรคlschlich mit einer vorhergehenden Herzerkrankung gleichgesetzt.
Erst mit dem Bescheid vom 13.01.2021 habe die Krankenversicherung richtig mitgeteilt, dass ihm wegen seiner Lungenerkrankung grundsรคtzlich Krankengeld bis zum 04.04.2021 zustehe.
Gezwungen, Arbeitslosengeld zu beantragen
Wegen der fehlerhaften Berechnung des Krankengeldes sei er gezwungen gewesen, einen Antrag auf Arbeitslosengeld bei der Agentur fรผr Arbeit zu stellen. Diese hรคtte den Antrag bis April 2021 ebenfalls nicht bearbeitet.
Es hรคtte also objektiv eine Arbeitsunfรคhigkeit wegen der COPD bestanden. Er hรคtte aber gedacht, dass er kein Arbeitslosengeld bekรคme, wenn er krankgeschrieben sei.
Da Hinweise gefehlt hรคtten, dass er bei fehlenden durchgรคngigen AU-Bescheinigungen kein Krankengeld รผber den 20.11.2020 gezahlt werde, mache er Krankengeld bis zum 04.04.2021 geltend.
Die Richter entscheiden gegen die Krankenkasse
Die Richter erklรคrten: โDie zulรคssige, insbesondere form- und fristgerechte Klage ist in vollem Umfang begrรผndet.โ Der Klรคger hat demnach Anspruch auf Krankengeld bis zum 04.04.2021.
Wenn die Krankenversicherung einen Anspruch auf Krankengeld ablehnte, gebe es fรผr den Versicherten keinen Sinn, weitere AU-Bescheinigungen einzureichen. Das sei unabhรคngig davon, ob eine Arbeitsunfรคhigkeit aus Rechtsgrรผnden bestehe.
Zu Unrecht habe die Krankenversicherung den Hรถchstanspruch des Krankengeldes auf den 24.10.2020 begrenzt. Es hรคtte fรผr den Versicherten dann keinen Sinn ergeben, weitere AU-Bescheinigungen vorzulegen, und dies spreche nicht gegen seinen Anspruch.
Die Beweisaufnahme zeige deutlich, dass der Betroffene bis zum 04.04.2021 durchgehend arbeitsunfรคhig gewesen sei. Die Krankenversicherung mรผsse es bis zu dieser Hรถchstdauer zahlen.




