Hartz IV: Keine ALG II-Rückforderung nach Kündigung einer Maßnahme

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BSG bekräftigt hohe Hürden für komplette Rückforderung von Hartz IV: Probleme mit dem Leben sind nicht gleich „sozialwidrig”

Jobcenter müssen damit rechnen, dass Hartz IV Bezieher mit persönlichen Problemen eine Ausbildung oder eine andere Maßnahme nicht erfolgreich beenden. Dies gilt nicht als „sozialwidriges Verhalten”, so dass bezogene Hartz-IV-Leistungen nicht komplett zurückgezahlt werden müssen, urteilte am Donnerstag, 29. August 2019, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 49/18 R).

In dem Urteil geht es nicht um die derzeit heftig umstrittenen und beim Bundesverfassungsgericht verhandelten Sanktionen, also Kürzungen, sondern um die komplette Rückforderung bezogener Leistungen (sogenannte Ersatzansprüche). Das BSG bestätigte hier das formale Vorgehen der Jobcenter, zunächst mit einem sogenannten Grundlagenbescheid das „sozialwidrige Verhalten” festzustellen und dann die konkrete Rückforderung in einem weiteren Bescheid zu beziffern. Betroffene, die dies nicht akzeptieren wollen, sollten daher schon gegen den Grundlagenbescheid rechtlich vorgehen.

Jobcenter forderte nach Kündigung der Ausbildung Hartz IV zurück

Im ersten Fall hatte das Jobcenter einem jungen Mann in Herne eine außerbetriebliche Ausbildung vermittelt. Wiederholt fehlte er dort unentschuldigt, insgesamt rund 800 Stunden. Der Ausbildungsträger kündigte daher fristlos. Das Jobcenter meinte, der Mann habe die Kündigung gezielt und daher „sozialwidrig” provoziert. Es verlangte daher die Leistungen für ein halbes Jahr, rund 3.000 Euro, komplett zurück. Das BSG bekräftigte nun die „hohen Voraussetzungen” für solche Rückforderungen und hob die Bescheide auf.

Nur begründet wenn gerügtes Verhalten einen Bezug zum SGB II-Leistungsbezug hat

Zur Begründung verwies es auf Urteile der früheren zwei Hartz-IV-Senate aus den Jahren 2012 und 2013 (siehe Urteil vom 2. November 2012, Az.: B 4 AS 39/12 R). Danach ist eine komplette Hartz-IV-Rückforderung nur zulässig, wenn das als „sozialwidrig” gerügte Verhalten einen Bezug zum Leistungsbezug hat und dadurch die Hilfebedürftigkeit gezielt herbeigeführt (nach heutigem Recht auch erhöht) werden sollte.

Der junge Mann sei in einem öffentlich geförderten Berufsausbildungsverhältnis gewesen und von einem Sozialarbeiter begleitet worden. Wer aus psychischen oder anderen persönlichen Gründen sein Leben nicht in den Griff bekomme, tue dies aber nicht vorrangig mit dem Ziel, Hartz-IV-Leistungen zu erhalten, so das BSG. Die Rückforderung sei damit rechtswidrig.

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