Hartz IV: Jobcenter rechnete Verzehrgutscheine an – und verlor vor Gericht!

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Erfolgreiche Klage: Jobcenter darf Verzehrgutscheine nicht anrechnen

Weil eine Hartz IV Bezieherin von ihrem Arbeitgeber sogenannte Verzehrgutscheine bekam, kürzte das zuständige Jobcenter die Leistungen. Die Betroffene ging in Widerspruch und konnte mit einer anschließenden Klage ihr Recht erfolgreich einklagen.

Gutschein vom Arbeitgeber

Im konkreten Fall bezieht eine alleinerziehende Mutter für sich und ihre zwei Kinder aufstockende Hartz IV Leistungen, weil der Lohn nicht ausreicht, um die Existenz zu sichern. Die Klägerin arbeitet bei einer bekannten Fastfood-Kette. Neben der regulären Vergütung, bekommt sie vom Arbeitgeber einen Verzehrgutschein im Wert von 4,50 EUR, wenn sie mehr als sechs Stunden am Tag arbeitet. Der Gutschein ist nur am gleichen Arbeitstag gültig und kann nicht in Geld eingetauscht werden. Wird der Gutschein nicht eingetauscht, verliert dieser noch am gleichen Tag seine Gültigkeit

Weil eben jene Verzehrgutscheine in den Lohnbescheinigungen aufgeführt sind und diese eingereicht werden müssen, rechnete das Jobcenter Vogtland diese als Vollverpflegung. Um den Monatsbetrag von 60 Euro der Gutscheine wurde dann der Regelbedarf entsprechend gekürzt. Dagegen legte die Betroffene Widerspruch ein. Dieser wurde abgelehnt.

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Anrechung des Verzehrgutscheines rechtswidrig

Daraufhin legte die Betroffene mit Hilfe eines Anwalts Klage ein. In der Klage wurde beschrieben, dass es sich hierbei um keine Vollverpflegung handelt. Es sei lediglich Verpflegungsgutschein in Höhe von 4,50 EUR. Diesen hatte die Klägerin höchstens für ein Getränk eingelöst. Eine Anrechnung ist demnach rechtswidrig.

Aufgrund dessen beantragte die Klägerin die Gewährung der vollen Leistungen, auch rückwirkend seit 2017. Das Sozialgericht Chemnitz gab der Klage statt (Az. S 3 AS 2458/18). Zudem sei der endgültige Bescheid über die Festsetzung der Leistungen rechtswidrig. Die Klägerin habe für den streitgegenständlichen Zeitraum einen erhöhten Anspruch auf Leistungen ohne Abzug der Gutscheine.

Unterschied zur Vollverpflegung

Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II können Gutscheine im Grundsatz angerechnet werden. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Geldwert dieser Verzehrscheine eine Veränderung des Vermögenszustandes herbeiführt. Eine Ersparnis ist aber nur dann gegeben, wenn der Gutschein auch tatsächlich eingelöst wird. Da aber die Klägerin zum einen nur am Tag der Ausstellung des Gutscheines Anrecht auf Einlösung hatte und zum anderen die Klägerin dem Gericht glaubhaft machen konnte, dass sie entweder den Gutschein verfallen ließ oder sich lediglich ein Getränk hierfür kaufte, kam es nicht zu einer Ersparnis.

Das Gericht sieht auch keine Pflicht, dass diese Gutscheine tatsächlich eingelöst werden müssen. Werden lediglich Getränke durch den Arbeitgeber während der Arbeitszeit zur Verfügung gestellt, entsteht keine geldwertes Einkommen. Das Jobcenter muss nun der Klägerin 60 Euro mehr im Monat zahlen.

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