Hartz IV: Jobcenter rechnete Verzehrgutscheine an – und verlor vor Gericht!

Lesedauer 2 Minuten

Erfolgreiche Klage: Jobcenter darf Verzehrgutscheine nicht anrechnen

Weil eine Hartz IV Bezieherin von ihrem Arbeitgeber sogenannte Verzehrgutscheine bekam, kรผrzte das zustรคndige Jobcenter die Leistungen. Die Betroffene ging in Widerspruch und konnte mit einer anschlieรŸenden Klage ihr Recht erfolgreich einklagen.

Gutschein vom Arbeitgeber

Im konkreten Fall bezieht eine alleinerziehende Mutter fรผr sich und ihre zwei Kinder aufstockende Hartz IV Leistungen, weil der Lohn nicht ausreicht, um die Existenz zu sichern. Die Klรคgerin arbeitet bei einer bekannten Fastfood-Kette. Neben der regulรคren Vergรผtung, bekommt sie vom Arbeitgeber einen Verzehrgutschein im Wert von 4,50 EUR, wenn sie mehr als sechs Stunden am Tag arbeitet. Der Gutschein ist nur am gleichen Arbeitstag gรผltig und kann nicht in Geld eingetauscht werden. Wird der Gutschein nicht eingetauscht, verliert dieser noch am gleichen Tag seine Gรผltigkeit

Weil eben jene Verzehrgutscheine in den Lohnbescheinigungen aufgefรผhrt sind und diese eingereicht werden mรผssen, rechnete das Jobcenter Vogtland diese als Vollverpflegung. Um den Monatsbetrag von 60 Euro der Gutscheine wurde dann der Regelbedarf entsprechend gekรผrzt. Dagegen legte die Betroffene Widerspruch ein. Dieser wurde abgelehnt.

Lesen Sie auch:
Hartz IV: Nur Widerspruch zwang Jobcenter zu Umzugskosten
Hartz IV: Das Jobcenter mit Tausenden Verfahren รผberzogen

Anrechung des Verzehrgutscheines rechtswidrig

Daraufhin legte die Betroffene mit Hilfe eines Anwalts Klage ein. In der Klage wurde beschrieben, dass es sich hierbei um keine Vollverpflegung handelt. Es sei lediglich Verpflegungsgutschein in Hรถhe von 4,50 EUR. Diesen hatte die Klรคgerin hรถchstens fรผr ein Getrรคnk eingelรถst. Eine Anrechnung ist demnach rechtswidrig.

Aufgrund dessen beantragte die Klรคgerin die Gewรคhrung der vollen Leistungen, auch rรผckwirkend seit 2017. Das Sozialgericht Chemnitz gab der Klage statt (Az. S 3 AS 2458/18). Zudem sei der endgรผltige Bescheid รผber die Festsetzung der Leistungen rechtswidrig. Die Klรคgerin habe fรผr den streitgegenstรคndlichen Zeitraum einen erhรถhten Anspruch auf Leistungen ohne Abzug der Gutscheine.

Unterschied zur Vollverpflegung

Nach ยง 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II kรถnnen Gutscheine im Grundsatz angerechnet werden. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Geldwert dieser Verzehrscheine eine Verรคnderung des Vermรถgenszustandes herbeifรผhrt. Eine Ersparnis ist aber nur dann gegeben, wenn der Gutschein auch tatsรคchlich eingelรถst wird. Da aber die Klรคgerin zum einen nur am Tag der Ausstellung des Gutscheines Anrecht auf Einlรถsung hatte und zum anderen die Klรคgerin dem Gericht glaubhaft machen konnte, dass sie entweder den Gutschein verfallen lieรŸ oder sich lediglich ein Getrรคnk hierfรผr kaufte, kam es nicht zu einer Ersparnis.

Das Gericht sieht auch keine Pflicht, dass diese Gutscheine tatsรคchlich eingelรถst werden mรผssen. Werden lediglich Getrรคnke durch den Arbeitgeber wรคhrend der Arbeitszeit zur Verfรผgung gestellt, entsteht keine geldwertes Einkommen. Das Jobcenter muss nun der Klรคgerin 60 Euro mehr im Monat zahlen.