Fristlose Kündigung der Wohnung nach Mietrückständen auch bei Depressionen

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Wenn Mieterinnen und Mieter mit Depressionen ihre Miete nicht zahlen, droht ihnen die Kündigung. Die Krankheit selbst ist kein ausreichender Grund, die Miete nicht pünktlich und vollständig an den Vermieter zu überweisen, entschied das Landgericht Berlin (AZ: 65 S 77/19). Dies gelte insbesondere dann, wenn die Betroffenen trotz Kenntnis ihres Leidens keine therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

Kündigung nach Zahlungsverzug

Im vorliegenden Fall war eine Mieterin aufgrund ihrer depressiven Erkrankung mit zwei Mietzahlungen im Rückstand. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis fristlos, woraufhin die Mieterin vor Gericht zog. Die Richter entschieden, dass die psychische Erkrankung keine Entschuldigung für den Zahlungsverzug darstellt, sofern die Mieterin keine angemessene Hilfe in Anspruch genommen hat, um die Auswirkungen ihrer Erkrankung auf ihre Vertragspartner zu vermeiden.

Pflicht zur Selbstsorge und adäquaten Hilfe

Das Gericht stellte fest, dass Mieterinnen und Mieter, die an einer psychischen Erkrankung leiden und deshalb Schwierigkeiten haben könnten, ihre Miete zu zahlen, dafür verantwortlich sind, rechtzeitig für angemessene Unterstützung zu sorgen. Vermieter seien nicht dafür verantwortlich, die finanziellen Folgen der Erkrankung ihrer Mieter zu tragen, so die Richter. Es gäbe verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung, die es den Betroffenen ermöglichen, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass Betroffene, die aktiv gegen die Folgen ihrer Erkrankung vorgehen, gute Chancen haben, sich trotz Mietrückständen gegen eine fristlose Kündigung ihrer Wohnung zu wehren.

Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs

Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs möglich, wenn Mieterinnen und Mieter an zwei aufeinander folgenden Terminen mit mehr als einer Monatsmiete oder über einen längeren Zeitraum mit einem Betrag in Höhe von insgesamt zwei Monatsmieten in Verzug sind, berichtet Rechtsanwältin Stefanie Anschütz vom Kieler Mieterverein. Diese Regelung gilt unabhängig von den Gründen für den Zahlungsverzug.

Risiko bei Zahlung über das Jobcenter bei Bürgergeld oder Sozialhilfe

Besonders problematisch wird es, wenn Mieterinnen und Mieter für die pünktliche Mietzahlung auf öffentliche Stellen wie das Jobcenter oder das Sozialamt angewiesen sind. In diesen Fällen tragen sie das Risiko, dass die Behörden nicht pünktlich zahlen, auch wenn diese die Zahlung zu Unrecht verweigern.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 173/15) hat gezeigt, dass auch eine unberechtigte Verweigerung von Sozialleistungen keine Ausnahme von der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs darstellt.

Was können Betroffene tun?

Die Herausforderungen für Mieterinnen und Mieter mit depressiven Erkrankungen sind offensichtlich, aber es gibt auch Ansätze, die Situation zu verbessern. Neben therapeutischer Hilfe sollten sich Betroffene auch an einen Mieterverein wenden. Der Mieterverein kann als Vermittler zwischen Betroffenen und Vermietern auftreten und eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden.

Zum Beispiel kann der Mieterverein mit dem Vermieter eine Ratenzahlung aushandeln, um die Rückstände zu begleichen. Bei Bezug von Bürgergeld kommt auch ein Darlehen des Jobcenters in Betracht, wenn dadurch Wohnungslosigkeit vermieden werden kann.