Bürgergeld: Sozialgericht wies Hartz-IV-Regelsatz-Klage ab – Die Begründung ist schlicht

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Der Sozialverband VdK und der Sozialverband Deutschland (SoVD) hatten im vergangenen Jahr angekündigt, eine Musterklage gegen die damaligen Hartz-IV-Regelleistungen zu unterstützen. In erster Instanz wurde die Klage nun vor dem Sozialgericht Düsseldorf (AZ: S 40 AS 1622/22) durch Gerichtsbeschluss abgewiesen.

Familienvater klagt gegen zu niedrig bemessene Regelleistungen

Einer der Kläger ist Thomas Wasilewski. Der Familienvater schied 2014 nach langer Krankheit aus dem Arbeitsleben aus und bezieht seitdem eine Erwerbsminderungsrente. Als Familienvater mit drei Kindern reicht die Rente nach 35 Berufsjahren jedoch nicht aus. Deshalb bezieht die Familie ergänzend Bürgergeld nach dem SGB II.

Seit langem engagiert sich der Familienvater gegen die zu niedrig angesetzten Regelleistungen im SGB II. Das hat weniger mit seiner persönlichen Meinung zu tun, wie er sagt, sondern damit, dass die Regelleistungen zum Überleben schlichtweg nicht ausreichen.

“Wir sind auf die Tafel angewiesen. Die Lebensmittelpreise stiegen innerhalb eines Jahres um 21 Prozent und auch der Strompreis ist explodiert. Deshalb reicht das Geld nicht mehr für 30 Tage, sondern nur für 20 Tage. Diese Tatsache können wir nicht ignorieren”, berichtet Thomas Wasilewski gegenüber “Gegen-Hartz.de”.

Klage wird durch den SoVD und VdK unterstützt

Seit Jahren wird Thomas Wasilewski juristisch und moralisch durch die beiden Sozialverbände SoVD und VdK unterstützt. “Aber auch Harald Thomè, das Tacheles Team, Helena Steinhaus von Sanktionsfrei, Inge Hannemann und der Paritätische stehen uns seit Jahren mit Rat und Tat zur Seite. Ohne diese Solidarität wüssten wir oft nicht weiter. Unser Weihnachtsfest wäre ohne Helena Steinhaus nicht möglich gewesen.”

Thomas hat das Gefühl, dass die Ampel-Regierung das Grundgesetz, aber auch christliche Werte wie “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst” ausgehebelt und durch „you`ll never walk alone“ ersetzt hat. Er hat die Klage eingereicht, damit das Existenzminimum in Deutschland nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt. “Deshalb klagen wir stellvertretend für Millionen Menschen die zur Tafel gehen oder die sich Sorgen machen um das tägliche Brot! Letztlich hoffen wir natürlich, dass ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet”, mahnt er.

Sozialgericht entschied “eher schlicht”

Die Klage gegen die zu niedrig bemessenen SGB II-Regelsätze fusst auf ein Gutachten von Dr. Irene Becker. Die Anpassung der Regelsätze und die Einmalzahlungen waren nachweislich im Jahre 2022 nicht ausreichend. Daran änderten auch die Einmalzuschläge kaum etwas. Das führte dazu, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht mehr gewährleistet war.

Auf den präzisen Vortrag der Sozialverbände antwortete das Sozialgericht in seiner Entscheidung eher schlicht. Die Regelleistungen seien zuletzt um 10 Prozent erhöht worden. Geringverdiener hätten zudem kein wesentlich höheres Einkommen als SGB-II-Bezieher.

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“Die Erwägungen des Sozialgerichts Düsseldorf halte ich für Sachfremd. Beim Lesen, habe ich mich gefragt, wo der „Geist“ unseres Grundgesetzes geblieben ist. Zudem scheint es so, dass sich die Mär, dass wegen des “viel zu hohen” Bürgergeldes niemand mehr arbeiten will, bei Sozialrichtern festgesetzt hat”, kristisiert der Familienvater.

Der Weg durch alle Instanzen geht weiter

Mit der Abweisung in der ersten Instanz will sich der Kläger allerdings nicht zufrieden geben. Als Vater begegnen ihm in der Stadt immer mehr obdachlose Bettler.

“Wie zwei Millionen andere Menschen stehe ich regelmäßig bei der Tafel Schlange. Diese sichtbare Armut in Deutschland, macht es den Richtern nicht leicht”. Im Radio höre er, wie die Familienministerin davon spricht, die Kinder aus der Armut zu holen. Doch wenn eine Parteivorsitzende einer Regierungspartei sagt, dass die Regelsätze zum Leben reichen, sei das aber nicht geschafft.

“Mantraartig fordern Kirchen, Sozialverbände und Gewerkschaften höhere Regelsätze. Bei solchen „Tatsachen“ habe ich mit einem mutigen Urteil gerechnet. Ich denke es wird ein langer Prozess und ich hoffe, dass das Landessozialgericht der Argumentation der Sozialverbände folgt”, hofft der Familienvater.

Das Ziel: Das Bundesverfassungsgericht

Thomas Wasilewski hat mit Unterstützung der Sozialverbände SoVD und VdK Revision gegen das Urteil eingelegt. Gemeinsames Ziel ist der Gang zum Bundesverfassungsgericht. Dieses soll klären, ob die Höhe und die rechnerische Herleitung der Regelleistungen verfassungsgemäß sind. Schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht bereits in den Jahren 2010 und 2014 unter anderem geurteilt:

„Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“ (BVerfG 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144).

Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass das Bundesverfassungsgericht nach dem Gang durch alle Instanzen die Regelleistungen erneut für verfassungswidrig erklärt. Spätestens dann muss der Gesetzgeber die Regelungen anpassen, um das Existenzminimum der Menschen zu sichern.

Auf die Frage, wie Thomas Wasilewski unterstützt werden könne, rief er zur Solidarität aller Betroffenen auf. “Arme Menschen sollten auf die Straße gehen! So wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben! Für die Veränderung braucht es Solidarität, das würde mich sehr unterstützen.”

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