Bürgergeld-Regeln verschärft: Erbschaften gelten jetzt als Vermögen – Urteil

Mit aktuellem Urteil (Az. L 13 AS 133/23) hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden, dass eine Erbschaft den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II entfallen lassen kann.

Ein Bürgergeld-Bezieher hat keinen Anspruch auf Weiterbewilligung seiner Leistungen, wenn er von seiner Stiefmutter ein erhebliches Vermögen in Form von Geld und Immobilien als Alleinerbe erhält.

Erbschaft mit Barmitteln und Hausgrundstück

Der Kläger hatte Barmittel in Höhe von 46.392,99 Euro auf seinem Konto. Dieses Vermögen schließt nach dem SGB II eine Hilfebedürftigkeit aus.
Zum Nachlass gehörte außerdem ein Hausgrundstück mit einem Verkehrswert von 180.000 Euro (laut Gutachten). Wäre das Grundstück nicht sofort verwertet worden, hätten lediglich Darlehensleistungen nach § 24 Abs. 5 SGB II erbracht werden können.

Gerichtliche Klarstellung: Keine Schuldentilgung mit Bürgergeld

Das Gericht betonte ausdrücklich: Leistungen nach dem SGB II dürfen nicht zur Schuldentilgung genutzt werden.
Hilfebedürftige sind verpflichtet, ihr Einkommen zur Deckung der aktuellen Lebenshaltung einzusetzen – auch wenn sie dadurch andere Verbindlichkeiten nicht erfüllen können.

Das gilt auch bei einmaligen Einnahmen, wie einer Erbschaft. Diese sind über einen Verteilzeitraum hinweg für den Lebensunterhalt einzusetzen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 14 AS 76/12 R).

Anmerkung von Bürgergeld-Experte Detlef Brock

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG dient das SGB II ausschließlich der Sicherung des wirtschaftlichen und soziokulturellen Existenzminimums. Es ist weder für Vermögensaufbau noch für Schuldentilgung gedacht (zuletzt BSG, Az. B 7 AS 9/23 R).

Neuregelung ab Juli 2023

  • Erbschaften gelten beim Bürgergeld nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen.
  • Freibeträge: Während der Karenzzeit (erstes Bezugsjahr) gilt ein Freibetrag von 40.000 Euro für die erste Person und 15.000 Euro für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft. Danach reduziert sich der Freibetrag auf 15.000 Euro pro Person.
  • Meldepflicht: Es wird dringend empfohlen, das Jobcenter über eine erwartete Erbschaft frühzeitig zu informieren.
  • Vermögensschutz: Durch die Nutzung der Freibeträge kann ein Teil des ererbten Vermögens geschützt werden.

Expertentipp aus 20 Jahren Praxis im Sozialrecht

Wer Bürgergeld bezieht und eine größere Erbschaft macht, sollte unbedingt einen Fachanwalt für Sozialrecht hinzuziehen.

  • Übersteigt das Vermögen einer Person der Bedarfsgemeinschaft den Freibetrag von 15.000 Euro, kann der überschüssige Anteil auf Freibeträge anderer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft übertragen werden.
  • Kinder nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II (unverheiratet, unter 25 Jahre) gehören nur dann zur Bedarfsgemeinschaft, wenn sie hilfebedürftig sind. Verfügen sie selbst über Vermögen oberhalb von 15.000 Euro, scheiden sie aus der Bedarfsgemeinschaft aus. In diesem Fall ist keine Übertragung ihres überschießenden Vermögens auf Freibeträge der Eltern möglich.

Einordnung der Erbschaft ab 01.07.2023

  • Einnahmen aus Erbschaften sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen (§ 11a Abs. 1 Nr. 7 SGB II).
  • Im Monat des Zuflusses bleibt die Erbschaft unberücksichtigt. Ab dem Folgemonat zählt sie jedoch als Vermögen.
  • Liegt das Vermögen dann über den Freibeträgen, endet der Leistungsanspruch mit Ablauf des Zuflussmonats.
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