Arbeitsrecht: Kein Anspruch auf Eingliederungsmanagement

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Arbeitnehmer mit hohen Fehlzeiten kรถnnen von ihrem Arbeitgeber nicht verlangen, dass er ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) einleitet. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem aktuellen Urteil entschieden (Az.: 9 AZR 571/20).

Das bEM wurde 2004 eingefรผhrt. Es soll verhindern, dass Beschรคftigte mit hohen Fehlzeiten vorschnell entlassen werden. In dem Verfahren soll der Arbeitgeber prรผfen, ob die hรคufige Arbeitsunfรคhigkeit durch betriebliche MaรŸnahmen รผberwunden werden kann.

Denkbar sind beispielsweise technische Hilfen, verรคnderte Betriebsablรคufe, ein anderer Arbeitsplatz oder eine Verringerung der Arbeitszeit. Laut Sozialgesetzbuch soll der Arbeitgeber ein bEM einleiten, wenn Arbeitnehmer innerhalb von zwรถlf Monaten mehr als sechs Wochen krank waren.

Kein unmittelbarer Arbeitnehmeranspruch auf Eingliederungsmanagement

Der Klรคger im entschiedenen Fall arbeitet bei einer Gemeinde in Franken. Ursprรผnglich war er im Bauhof beschรคftigt, wurde aber bereits 2016 in einen kรถrperlich weniger belastenden Bereich versetzt. Dennoch war er 2018 an 122 Arbeitstagen und von Januar bis zum 25. August 2019 an weiteren 86 Tagen arbeitsunfรคhig krank.

Daher forderte der Klรคger die Gemeinde auf, ein bEM einzuleiten. Der Arbeitgeber hielt dies jedoch nicht mehr fรผr hilfreich. Mit der Versetzung 2016 sowie zahlreichen Gesprรคchen habe es faktisch schon ein bEM gegeben.

Auch das BAG wies den Klรคger nun ab. Er habe keinen Anspruch, selbst die Einleitung und Durchfรผhrung eines bEM zu verlangen.

Zur Begrรผndung erklรคrten die Erfurter Richter, das im Sozialgesetzbuch IX verankerte bEM sei bewusst als Aufgabe des Arbeitgebers ausgestaltet worden. Dabei mache das Gesetz deutlich, โ€ždass nicht jeder Pflicht des Arbeitgebers ein entsprechender Anspruch beziehungsweise ein entsprechendes Recht des Arbeitnehmers gegenรผbersteht”.

BAG: Oft kranke Beschรคftigte kรถnnen Verfahren nicht selbst verlangen

Eine Kontrolle sehe das Gesetz nur durch den Betriebs- oder Personalrat sowie gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung vor.

Auch aus EU-Recht und der UN-Behindertenrechtskonvention lasse sich ein unmittelbarer und einklagbarer Anspruch der Arbeitnehmer nicht ableiten, so das BAG in seinem jetzt schriftlich verรถffentlichten Urteil vom 7. September 2021.

Auch in kleineren Betrieben ohne Arbeitnehmervertretung muss das bEM nicht ohne Wirkung bleiben. Denn schon nach bisheriger Rechtsprechung kann eine Kรผndigung unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber seiner diesbezรผglichen Pflicht nicht nachgekommen ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn er nachweisen kann, dass das Verfahren ohnehin erfolglos geblieben wรคre. mwo/fle