So kannst Du das Krankengeld aufstocken

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Wer lรคnger krank ist, hat schnell mehr Sorgen als nur die Genesung. Denn nach sechs Wochen endet die Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, und die Krankenkasse springt mit Krankengeld ein.

Weil dieses in der Regel deutlich unter dem letzten Gehalt liegt, entsteht hรคufig eine finanzielle Lรผcke. Dieser Beitrag erlรคutert fundiert und Schritt fรผr Schritt, welche Mรถglichkeiten es gibt, das Krankengeld aufzustocken, wann ein Arbeitgeberzuschuss greift, wie Bรผrgergeld und Wohngeld helfen kรถnnen und worauf Betroffene im Verfahren achten sollten.

Das Wichtigste in Kรผrze

Krankengeld soll den Lebensunterhalt sichern, wenn Beschรคftigte lรคnger als sechs Wochen arbeitsunfรคhig sind. Gezahlt wird es von der Krankenkasse; es betrรคgt grundsรคtzlich 70 Prozent des Bruttoeinkommens, hรถchstens jedoch 90 Prozent des Nettoentgelts.

Weil die tatsรคchlichen Ausgaben meist gleich bleiben, reicht das Krankengeld oft nicht aus. Dann kommen ein freiwilliger Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers, aufstockende Leistungen nach dem SGB II (Bรผrgergeld) oder โ€“ wenn die Voraussetzungen erfรผllt sind โ€“ Wohngeld in Betracht.

Welche Strategie passt, hรคngt von der individuellen Bedarfsgemeinschaft, den Wohnkosten, dem vorhandenen Vermรถgen sowie vertraglichen Regelungen im Betrieb ab.

So kannst Du das Krankengeld aufstocken

Wege zur Aufstockung von Krankengeld
Mรถglichkeit Voraussetzungen & Hinweise
Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers Freiwillige, aber vertraglich/tariflich geregelte Leistung; Anspruch nur, wenn Arbeits-/Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung es vorsieht. รœberbrรผckt die Differenz zwischen Krankengeld und bisherigem Netto (max. bis zur Hรถhe des Differenzbetrags), in der Regel lรคngstens bis zur 39. Woche der nachgewiesenen Arbeitsunfรคhigkeit; steuerpflichtig. Hรคufige Bedingungen: Mindestbetriebszugehรถrigkeit, lรผckenlose AU-Bescheinigung, unverschuldete Erkrankung; auch in Teilzeit/Minijob mรถglich, wenn geregelt.
Bรผrgergeld (SGBย II) zur Aufstockung Aufstockende Leistungen beim Jobcenter, wenn der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft (Regelbedarfย + angemessene Unterkunftskosten) das Einkommen aus Krankengeld รผbersteigt. Krankengeld wird in voller Hรถhe als Einkommen angerechnet, ohne Erwerbstรคtigen-Freibetrรคge; Vermรถgensfreigrenzen beachten. Erforderlich sind u. a. Nachweise zu Krankengeld, Miete/Nebenkosten, Haushaltszusammensetzung und ggf. Vermรถgen.
Wohngeld Alternative, wenn kein oder kein ausreichender Anspruch auf Bรผrgergeld besteht (z. B. wegen Einkommen/Vermรถgen). Antrag bei der zustรคndigen Wohngeldstelle. Hรถhe abhรคngig von Miethรถhe, HaushaltsgrรถรŸe und Gesamteinkommen. Benรถtigt werden Nachweise zu Miete/Nebenkosten und Einkommen bzw. Krankengeld.

Wann die Krankenkasse Krankengeld zahlt

Der Anspruch auf Krankengeld beginnt grundsรคtzlich nach Ablauf der sechswรถchigen Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Entscheidend ist eine รคrztlich bescheinigte andauernde Arbeitsunfรคhigkeit. Gezahlt wird taggenau und rรผckwirkend; fรผr volle Kalendermonate rechnet die Kasse stets mit 30 Tagen, unabhรคngig davon, wie viele Tage der Monat tatsรคchlich hat.

Bei derselben Krankheit ist die Bezugsdauer auf 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums begrenzt, gerechnet ab dem ersten Tag der Arbeitsunfรคhigkeit. Tritt innerhalb dieses Zeitraums eine andere Erkrankung hinzu, verlรคngert das den Gesamtanspruch in der Regel nicht.

Sonderfรคlle sind ausdrรผcklich mitgedacht: Wer Arbeitslosengeld I bezieht, erhรคlt bei Krankheit zunรคchst bis zu sechs Wochen weiter Leistungen von der Agentur fรผr Arbeit; erst danach setzt das Krankengeld der Kasse ein. Wer bereits eine Rente bezieht, muss damit rechnen, dass der Krankengeldanspruch ganz oder teilweise entfรคllt.

Was Krankengeld ist โ€“ und wie es berechnet wird

Krankengeld ist eine Entgeltersatzleistung. Grundlage ist das regelmรครŸige Arbeitsentgelt vor Beginn der Arbeitsunfรคhigkeit. รœblich sind 70 Prozent des Bruttogehalts, gedeckelt auf 90 Prozent des Nettoverdienstes.

Die Kasse ermittelt einen kalendertรคglichen Zahlbetrag; Abzรผge und Hรถchstgrenzen kรถnnen je nach individueller Situation variieren. Gerade bei niedrigen Lรถhnen, in Teilzeit, bei Minijobs oder bei unstรคndig Beschรคftigten fรคllt das Krankengeld oft entsprechend gering aus, sodass eine ergรคnzende Unterstรผtzung notwendig wird.

Krankengeldzuschuss des Arbeitgebers: Erste Option vor der Aufstockung

Bevor รถffentliche Leistungen ins Spiel kommen, lohnt der Blick in den Arbeitsvertrag, in einschlรคgige Tarifvertrรคge oder in Betriebsvereinbarungen. Viele Regelwerke sehen einen Krankengeldzuschuss vor โ€“ eine freiwillige, aber vertraglich bindende Leistung des Arbeitgebers, die die Differenz zwischen Krankengeld und dem bisherigen Einkommen ganz oder teilweise รผberbrรผckt. Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch besteht nicht, allerdings kann sich ein Anspruch aus Tarif- oder Betriebsrecht ergeben.

Voraussetzungen sind hรคufig eine bestimmte Dauer der Betriebszugehรถrigkeit, die Vorlage einer lรผckenlosen

Arbeitsunfรคhigkeitsbescheinigung und das unverschuldete Eintreten der Erkrankung. Der Zuschuss wird meist lรคngstens bis zum Ende der 39. Woche der nachgewiesenen Arbeitsunfรคhigkeit gewรคhrt und ist steuerpflichtig.

Auch Teilzeitbeschรคftigte und Minijobber kรถnnen anspruchsberechtigt sein, wenn die einschlรคgigen Regelungen dies vorsehen. Wer die Kriterien erfรผllt, sollte den Antrag frรผhzeitig stellen und die Nachweise vollstรคndig beifรผgen.

Aufstockung durch Bรผrgergeld: Wenn das Krankengeld nicht reicht

Reicht das Krankengeld nicht aus, um den notwendigen Lebensunterhalt zu sichern, kommen aufstockende Leistungen nach dem SGB II in Betracht, die beim Jobcenter zu beantragen sind. MaรŸstab ist der individuelle Bedarf der Bedarfsgemeinschaft; berรผcksichtigt werden der Regelbedarf sowie die angemessenen Kosten der Unterkunft einschlieรŸlich Heizung und Nebenkosten.

Fรผr 2025 gelten als Orientierungswerte ein Regelbedarf von 563 Euro fรผr Alleinstehende und Alleinerziehende, 506 Euro fรผr volljรคhrige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft, 451 Euro fรผr junge Volljรคhrige bis 24 Jahre, 357 Euro fรผr Kinder von 0 bis 5 Jahren, 390 Euro fรผr Kinder von 6 bis 13 Jahren sowie 471 Euro fรผr Jugendliche von 14 bis 17 Jahren. Hinzu treten die tatsรคchlichen, angemessenen Wohnkosten.

Das Krankengeld wird als Einkommen in tatsรคchlicher Hรถhe angerechnet. Freibetrรคge, wie sie bei Erwerbseinkommen vorgesehen sind, greifen hier grundsรคtzlich nicht. Entsteht nach der Anrechnung eine Lรผcke zwischen Bedarf und vorhandenem Einkommen, wird diese im Rahmen des Bรผrgergeldes geschlossen.

Voraussetzung ist zudem, dass das verwertbare Vermรถgen die gesetzlichen Freibetrรคge nicht รผberschreitet. Da die Anerkennung von Unterkunftskosten und die Bewertung von Vermรถgen im Einzelfall variieren, empfiehlt sich eine sorgfรคltige Dokumentation der Wohnkosten sowie der Vermรถgenssituation.

Antragstellung beim Jobcenter: Vorgehen und typische Nachweise

Der Antrag auf aufstockende Leistungen sollte mรถglichst zeitnah gestellt werden, um rรผckwirkende Lรผcken zu vermeiden. Erforderlich sind in der Praxis in der Regel der Nachweis รผber die Hรถhe des Krankengeldes, aktuelle Miet- und Nebenkostenunterlagen, Nachweise zur Bedarfsgemeinschaft, gegebenenfalls Kontoauszรผge zur Vermรถgensprรผfung sowie die Arbeitsunfรคhigkeitsbescheinigungen.

Da die Unterlagenlage je nach Konstellation variiert, ist eine enge Abstimmung mit der zustรคndigen Sachbearbeitung sinnvoll. Bei Unklarheiten kann eine unabhรคngige Beratung helfen, etwa um Bescheide auf ihre Recht- und ZweckmรครŸigkeit zu รผberprรผfen.

Wohngeld als Alternative oder Ergรคnzung

Nicht immer fรผhrt der Weg รผber das Jobcenter zum Ziel. Liegen die Einkรผnfte knapp oberhalb des Bรผrgergeld-Bedarfs oder scheitert der Anspruch an Vermรถgensgrenzen, kann Wohngeld eine tragfรคhige Lรถsung sein. Zustรคndig ist die รถrtliche Wohngeldstelle.

Ob und in welcher Hรถhe Wohngeld bewilligt wird, hรคngt maรŸgeblich von der Miethรถhe, der Anzahl der Haushaltsmitglieder und dem Gesamteinkommen ab. Da die maรŸgeblichen Hรถchstbetrรคge je nach Kommune unterschiedlich sind, empfiehlt sich eine direkte Anfrage bei der Wohngeldstelle.

Fรผr die Prรผfung werden regelmรครŸig Miet- und Nebenkostennachweise, Angaben zum Einkommen beziehungsweise zum Krankengeld sowie Auskรผnfte zur HaushaltsgrรถรŸe benรถtigt. Auch hier entscheidet der Einzelfall, ob Wohngeld den Fehlbetrag vollstรคndig schlieรŸen kann oder ob weitere Schritte erforderlich sind.

Sonderkonstellationen

Gerade in รœbergangssituationen ist die Abgrenzung wichtig. Wer Arbeitslosengeld I bezieht, wird bei kรผrzerer Krankheit zunรคchst von der Agentur fรผr Arbeit weitergezahlt, bevor Krankengeld einsetzt.

Bei Rentenbezug kรถnnen Krankengeldansprรผche entfallen oder sich mindern. Kurzzeitig oder unstรคndig Beschรคftigte โ€“ zu denen hรคufig auch Aufstocker gehรถren โ€“ haben unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Anspruch auf Krankengeld; aufgrund des meist niedrigen Bemessungsentgelts entsteht aber oft genau jene Lรผcke, die mit Bรผrgergeld oder Wohngeld zu schlieรŸen ist.

So ermitteln Sie Ihren Bedarf

Ein strukturierter Kassensturz schafft Klarheit. Ausgangspunkt ist der festgestellte Regelbedarf der Bedarfsgemeinschaft zuzรผglich der angemessenen Wohnkosten. Gegenรผbergestellt werden die erwarteten monatlichen Zahlungen der Krankenkasse und gegebenenfalls eines vertraglich gesicherten Arbeitgeberzuschusses.

Ergibt sich ein Minus, ist zu klรคren, ob Bรผrgergeld den Bedarf decken kann oder ob Wohngeld vorrangig beziehungsweise ergรคnzend sinnvoll ist. Digitale Krankengeldrechner helfen, die voraussichtliche Hรถhe des Krankengeldes und die Lรผcke zum bisherigen Netto zu beziffern; die Berechnung ersetzt jedoch nicht die individuelle Prรผfung durch die zustรคndigen Stellen.

Hรคufige Stolpersteine โ€“ und wie Sie sie vermeiden

Verzรถgerungen entstehen oft, wenn Arbeitsunfรคhigkeitsbescheinigungen nicht lรผckenlos vorliegen oder Antrรคge unvollstรคndig eingereicht werden. Auch Fehleinschรคtzungen bei den Unterkunftskosten fรผhren zu Ablehnungen oder Kรผrzungen. Ratsam ist es, sรคmtliche Nachweise aktuell bereitzuhalten, Fristen zu beachten und Einwรคnde gegen Bescheide innerhalb der vorgegebenen Frist zu formulieren.

Wer vertragliche Ansprรผche auf Arbeitgeberzuschuss hat, sollte diese vor Antragstellung beim Jobcenter klรคren, da der Zuschuss als Einkommen berรผcksichtigt wird und die Hรถhe der Aufstockung beeinflusst.