Stirbt eine Rentnerin oder ein Rentner, bucht die Deutsche Rentenversicherung (DRV) irrtümlich für den Folgemonat ausgezahlte Beträge automatisch zurück. Das Geld gehört nicht zum Nachlass. Sie können es deshalb weder für Bestattungskosten nutzen noch als Erbe behalten. Grundlage ist § 118 Abs. 3 SGB VI.
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Gesetzliche Basis: § 118 SGB VI sichert den Rückgriff
Der Paragraf regelt Fälligkeit, Auszahlung und Rückforderung laufender Renten. Sobald die DRV von einem Todesfall erfährt, beauftragt sie das Kreditinstitut mit einer Rücklastschrift. Die Bank muss folgen – selbst wenn das Konto schon geschlossen ist, wie der Große Senat des Bundessozialgerichts 2019 bestätigte. Für Sie bedeutet das: Eine „versehentlich“ gutgeschriebene Rente bleibt nie verfügbar.
So läuft die Rückforderung Schritt für Schritt
Nach Eingang der Sterbeurkunde prüft die DRV den Kontostatus. Liegt die Rente des Folgemonats vor, löst sie die Rückbuchung aus. Die Bank meldet den Betrag an die Rentenkasse zurück und storniert Ihre Kontobewegung. Erst wenn eine eigenständige Erstattungsforderung gegen die verstorbene Person bestand, kann die DRV Erben zur Kasse bitten – und auch das nur, wenn sie ihr Ermessen dokumentiert. Das Bundessozialgericht stellte 2023 klar: Ohne diese Prüfung bleibt der Griff in die Erbmasse unzulässig.
Bestattungskosten: Woher Geld kommen kann – und woher nicht
Überzahlte Renten helfen nicht bei der Beerdigung. Können Angehörige die Kosten nicht tragen oder haben sie das Erbe ausgeschlagen, springt das Sozialamt nach § 74 SGB XII ein. Es begleicht jedoch nur das „erforderliche Mindestmaß“ einer schlichten Bestattung. Tipp: Fragen Sie vor Vertragsabschluss, welche Summe das Amt anerkennt. Andernfalls bleiben Sie auf Differenzbeträgen sitzen.
Hinterbliebenenleistungen: Diese Ansprüche bestehen trotzdem
- Sterbevierteljahr: Drei Monatsrenten als Vorschuss, wenn der Antrag binnen 30 Tagen bei der Deutschen Post Renten Service eingeht. Einkommen der Witwe oder des Witwers wird nicht angerechnet.
- Witwen, Witwer und Waisenrente: Beginnen in der Regel im Monat nach dem Sterbemonat. Die kleine Witwenrente läuft maximal zwei Jahre und beträgt 25 Prozent der Versichertenrente. Die große Witwenrente steigt auf 55 Prozent, wenn Kinder vorhanden sind, Sie älter als 47 Jahre sind oder Erwerbsminderung vorliegt. Waisen erhalten zehn beziehungsweise zwanzig Prozent.
Sie können die Anträge bis zwölf Monate nach dem Todesfall stellen – dann aber nur rückwirkend. Wer Fristen wahrt, hat das Geld schneller auf dem Konto.
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Bürgergeld-Beziehende: Was das Jobcenter erwartet
Hinterbliebenenrenten gelten als Einkommen nach § 11 SGB II. Das Sterbevierteljahr bleibt jedoch außen vor, weil es die erste Übergangszeit sichern soll. Informieren Sie Ihr Jobcenter trotzdem sofort über jede Kontobewegung. So vermeiden Sie spätere Rückforderungen und mögliche Sanktionen.
Praxisbeispiel: Familie Müller erlebt die Rückbuchung
Herr Müller, 71, verstirbt am 28. Mai. Am 30. Mai trifft die Juni-Rente ein. Seine Tochter hebt 800 Euro für die Trauerfeier ab. Eine Woche später bucht die Bank den kompletten Rentenbetrag zurück. Die 800 Euro fehlen. Weil weder Tochter noch Mutter das Geld ersetzen können, beantragt die Familie Bestattungskostenhilfe. Das Sozialamt übernimmt den Differenzbetrag – allerdings nur bis zur Grenze einer schlichten Beisetzung.
Fristen, die Sie kennen müssen
Sterbeurkunde innerhalb von drei Werktagen beantragen. DRV und Renten Service möglichst sofort informieren. Vorschuss Antrag auf das Sterbevierteljahr binnen 30 Tagen stellen. Hinterbliebenenrenten spätestens nach zwölf Monaten beantragen, sonst verschenken Sie Liquidität. Sozialhilfe für die Beerdigung idealerweise vor Vertragsabschluss beantragen; nachträgliche Bewilligungen sind möglich, aber riskant.
Aktuelle Rechtsprechung: Mehr Spielraum für Erben
Das Bundessozialgericht entschied 2023, dass die DRV ihr Ermessen offenlegen muss, bevor sie Erben in Anspruch nimmt. Konkret prüft die Kasse, ob der Aufwand wirtschaftlich sinnvoll ist oder die Forderung kleinteilig verjähren könnte. Für Sie heißt das: Liegt kein klarer Bescheid gegen die Verstorbene vor, haben Sie gute Karten, einer Zahlungsaufforderung zu entgehen. Lassen Sie im Zweifel einen Sozialrechtsprofi draufschauen.
Ihre To-do-Liste im Ernstfall
Melden Sie den Todesfall sofort der Bank und der DRV, sichern Sie die Sterbeurkunde und prüfen Sie die eigenen Ansprüche. Kalkulieren Sie die Beerdigung ohne die überzahlte Rente. Beantragen Sie innerhalb von 30 Tagen den Vorschuss und innerhalb eines Jahres die regulären Hinterbliebenenrenten. Bürgergeld Beziehende sollten jede Leistung schriftlich an das Jobcenter melden.
So vermeiden Sie finanzielle Überraschungen und stellen sicher, dass Ihnen keine zustehende Leistung entgeht.