Rente mit 62: Das ist ab 2026 mit Schwerbehinderung noch möglich

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Rente mit 62 klingt nach einem klaren Versprechen: früher raus, früher Rente. Für schwerbehinderte Menschen ist das grundsätzlich möglich – aber nur unter klaren gesetzlichen Bedingungen und ab 2026 mit einer Besonderheit, die viele erst auf den zweiten Blick verstehen.

Denn der Jahreswechsel 2025/2026 ist das Ende einer seit Jahren laufenden stufenweisen Anhebung der Altersgrenzen. Für manche Betroffene ist das dennoch eine spürbare Zäsur: Wer nach dem 31.12.1963 geboren ist, kann diese Altersrente nicht mehr „unter 62“ beginnen.

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Warum „ab 2026“ plötzlich so oft fällt

Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wurde in den vergangenen Jahren schrittweise angepasst. Dabei sind zwei Altersgrenzen parallel nach oben gewandert: die Grenze für den abschlagsfreien Rentenbeginn und die Grenze für den frühestmöglichen Rentenbeginn mit Abschlägen. Mit dem Geburtsjahrgang 1964 ist dieser Anpassungsprozess praktisch abgeschlossen.

Das hat eine einfache Folge: Ab dem Rentenbeginn im Jahr 2026 gilt für neue Fälle, die dem Jahrgang 1964 und jünger zuzuordnen sind, als frühester Startpunkt „62“ – nicht mehr 61 Jahre und 10 Monate oder 61 Jahre und 8 Monate, wie es für ältere Jahrgänge noch möglich war.

Wichtig: Es geht nicht darum, dass im Jahr 2026 generell etwas „gekürzt“ wird. Es geht darum, dass ab 2026 erstmals Menschen mit Jahrgang 1964 in ein Alter kommen, in dem diese Rentenart überhaupt startet – und für sie gelten feste Grenzen.

Welche Rentenart ist gemeint

Wenn von „Rente mit 62“ für schwerbehinderte Menschen die Rede ist, ist damit in aller Regel die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gemeint. Sie ist als Nachteilsausgleich konzipiert: Wer wegen einer anerkannten Schwerbehinderung nicht bis zur regulären Regelaltersgrenze arbeiten kann, bekommt die Möglichkeit, früher in eine Altersrente zu wechseln.

Für den Jahrgang 1964 und jünger ist die Systematik besonders klar: Abschlagsfrei ist diese Rente ab 65 möglich, vorzeitig ab 62 – dann allerdings mit dauerhaften Abschlägen. Genau diese „62“ ist es, die ab 2026 in vielen Überschriften auftaucht.

Die Voraussetzungen: Anerkennung, Wartezeit, Timing

Der Zugang ist an drei große Bedingungen geknüpft: Erstens muss bei Rentenbeginn eine Schwerbehinderung vorliegen, im rentenrechtlichen Sinn also ein Grad der Behinderung von mindestens 50.

Zweitens muss die Mindestversicherungszeit von 35 Jahren erfüllt sein.

Drittens muss die jeweilige Altersgrenze erreicht sein, die sich nach dem Geburtsjahr richtet.

Ein Detail ist in der Praxis wichtig und wird häufig unterschätzt: Die Schwerbehinderung muss zum Rentenbeginn vorliegen. Fällt sie später weg, bleibt der Rentenanspruch dennoch bestehen.

Wer kurz vor dem geplanten Rentenstart steht, sollte deshalb genau darauf achten, dass der Schwerbehindertenausweis beziehungsweise der Feststellungsbescheid rechtzeitig verlängert oder aktualisiert ist, wenn eine Befristung im Raum steht.

Bei der 35-jährigen Wartezeit zählt nicht nur klassische Beschäftigung mit Pflichtbeiträgen. Auch Zeiten wie Kindererziehung, nicht erwerbsmäßige häusliche Pflege, bestimmte Zeiten mit Entgeltersatzleistungen sowie weitere rentenrechtliche Zeiten können die 35 Jahre füllen. Gerade hier lohnt der Blick in den Versicherungsverlauf – weil fehlende oder falsch gespeicherte Zeiten später nicht nur den Anspruch, sondern auch die Rentenhöhe beeinflussen.

Die Altersgrenzen ab 2026 – und warum 62 nicht gleich 62 ist

Ab 2026 gilt für den Geburtsjahrgang 1964 und jünger beim vorzeitigen Rentenbeginn die harte Untergrenze 62. Für die unmittelbar davor liegenden Jahrgänge sind es noch „62 minus ein paar Monate“. Wer also Ende 1963 geboren ist, kann – wenn alle Voraussetzungen vorliegen – noch vor dem 62. Geburtstag starten. Wer Anfang 1964 geboren ist, nicht mehr.
Die folgende Tabelle zeigt die Altersgrenzen für die Jahrgänge, bei denen die Verschiebung Richtung 62 in den Jahren 2025 und 2026 sichtbar wird.

Geburtsjahrgang Altersrente für schwerbehinderte Menschen (abschlagsfrei / frühestmöglich mit Abschlag)
1959 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 2 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 2 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)
1960 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 4 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 4 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)
1961 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 6 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 6 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)
1962 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 8 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 8 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)
1963 abschlagsfrei ab 64 Jahren und 10 Monaten
frühestmöglich ab 61 Jahren und 10 Monaten (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)
1964 und jünger abschlagsfrei ab 65 Jahren
frühestmöglich ab 62 Jahren (Abschläge möglich, maximal 10,8 %)

Was die Abschläge in der Praxis bedeuten

Der Abschlag ist bei dieser Rentenart klar geregelt: Für jeden Monat, den die Rente vorzeitig beginnt, werden 0,3 Prozent abgezogen. Wer den maximalen Vorlauf nutzt – beim Jahrgang 1964 sind das drei Jahre zwischen 62 und 65 – landet rechnerisch bei 36 Monaten und damit bei 10,8 Prozent. Das ist keine vorübergehende Minderung, sondern eine dauerhafte Kürzung, die auch dann bleibt, wenn später die Regelaltersgrenze erreicht wäre.

Finanziell wirkt das wie ein kleiner Prozentsatz, der sich aber über Jahrzehnte summieren kann. Gleichzeitig hat die vorgezogene Rente einen offensichtlichen Gegenwert: Sie schafft Zeit, entlastet gesundheitlich, reduziert Druck. In der Entscheidung geht es deshalb nicht nur um Prozentrechnerei, sondern auch um Lebensrealität. Seriöse Planung bedeutet, beide Seiten auszuhalten: den Preis der Kürzung und den Wert der früheren Entlastung.

Vertrauensschutz: Warum er 2026 für neue Fälle praktisch ausläuft

Im Gesetz gibt es Vertrauensschutzregelungen, die unter sehr spezifischen Bedingungen günstigere Altersgrenzen sichern können – etwa bei einer bereits am 01.01.2007 anerkannten Schwerbehinderung in Kombination mit einer vor diesem Stichtag verbindlich vereinbarten Altersteilzeit oder bestimmten Sonderkonstellationen aus dem Bergbau.

Diese Regelungen betreffen faktisch ältere Jahrgänge. Für nach dem 31.12.1963 Geborene spielt Vertrauensschutz ab 2026 keine Rolle mehr, weil für sie die „Grundsystematik“ gilt: 65 abschlagsfrei, 62 mit Abschlägen.

Infografik: Was ändert sich bei der Schwerbehindertenrente ab 2026

Rente mit Schwerbehinderung

Hinzuverdienst: Seit 2023 ein großer Unterschied in der Lebensplanung

Ein Punkt, der die Entscheidung „62 oder später“ stark verändert hat, ist der Hinzuverdienst. Seit dem 01.01.2023 gelten für vorgezogene Altersrenten keine Hinzuverdienstgrenzen mehr. Wer also mit 62 in diese Altersrente wechselt, kann daneben grundsätzlich weiterarbeiten, ohne dass die Altersrente allein wegen der Höhe des Einkommens gekürzt wird.

Das heißt nicht, dass jeder Euro „folgenlos“ ist: Steuerliche Effekte, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und die individuelle Konstellation mit Arbeitgeber, Arbeitsvertrag und eigener Belastbarkeit bleiben Themen. Aber die frühere starre Begrenzung, die viele abschreckte, ist weggefallen – und das eröffnet neue Modelle zwischen kompletter Erwerbsaufgabe und Weiterarbeiten bis 65 oder 67.

Rentenbeginn, Antragsfrist und die häufigste Panne

Die Rente beginnt nicht automatisch. Sie muss beantragt werden – und zwar rechtzeitig. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, den Antrag etwa drei Monate vor dem beabsichtigten Rentenbeginn zu stellen, damit der Übergang ohne Zahlungslücke klappt.

Dazu kommt eine rechtliche Frist, die Betroffene teuer überraschen kann: Wer den Antrag zu spät stellt, kann den Rentenbeginn nach hinten verschieben, obwohl die Voraussetzungen eigentlich früher erfüllt gewesen wären. Praktisch bedeutet das: Wer mit 62 starten möchte, sollte den Zeitplan nicht erst „im Rentenmonat“ sortieren, sondern vorher. Gerade bei schwerbehinderten Menschen hängt oft noch Papier dran: Feststellungsbescheid, Ausweis, Kontenklärung, Nachweise zu Zeiten im Versicherungsverlauf.

Gleichstellung ist nicht Schwerbehinderung – ein verbreiteter Irrtum

Ein häufiger Stolperstein ist die Gleichstellung. Arbeitsrechtlich kann sie wichtig sein, rentenrechtlich ersetzt sie die Schwerbehinderung für diese Rentenart nicht. Für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen zählt die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch mit GdB 50 oder mehr zum Rentenbeginn.

Wer „nur“ gleichgestellt ist, sollte das frühzeitig wissen, weil sich sonst Lebensplanung und Rechtslage kurz vor dem Rentenstart schmerzhaft widersprechen.

Fazit: Ab 2026 ist 62 die Untergrenze – und die Entscheidung bleibt individuell

Ab 2026 ist für viele Betroffene die Botschaft nüchtern: Für nach dem 31.12.1963 Geborene beginnt die Altersrente für schwerbehinderte Menschen frühestens mit 62. Abschlagsfrei ist sie in dieser Gruppe ab 65 erreichbar.

Wer früher raus will, bezahlt das mit dauerhaften Abschlägen; wer länger arbeitet, gewinnt monatliche Rentenhöhe, muss das aber gesundheitlich durchhalten.

Die beste Vorbereitung ist wirksam: Versicherungsverlauf prüfen, Schwerbehindertenstatus zum Rentenstart sichern, Antrag rechtzeitig stellen und die konkrete Rentenhöhe mit offiziellen Rechnern und Beratung durchrechnen. Dann wird aus “Rente mit 62” eine belastbare Entscheidung.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: Altersrente für schwerbehinderte Menschen, Sozialverband VdK Deutschland: Renteneintritt für schwerbehinderte Menschen – Das ändert sich 2026, Deutsche Rentenversicherung (Gemeinsame rechtliche Anweisungen): Abgrenzung § 236a / § 37 SGB VI