Rente: 45 Arbeitsjahre und doch arm

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Rund 27 Prozent der langjรคhrig Versicherten beziehen weniger als 1.300 Euro gesetzliche Rente im Monat. Die neuen Regierungszahlen belegen ein anhaltendes Ost-West- und Geschlechtergefรคlle und heizen die Debatte um das erste Rentengesetz der Ampel weiter an.

Knappes Ruhestandseinkommen trifft Millionen Versicherte

Im Schnitt erhalten die gut 5,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner mit mindestens 45 Versicherungsjahren 1.668 Euro brutto. Dieser Wert liegt nur wenig รผber der aktuellen Armutsgefรคhrdungsschwelle von knapp 1.400 Euro netto fรผr Ein-Personen-Haushalte.

Wer nach vier Jahrzehnten Erwerbsleben auf unter 1.300 Euro kommt, muss hรคufig Wohngeld oder die Grundsicherung im Alter beantragen โ€“ ein Schritt, der besonders alleinerziehende Frauen betrifft.

Regionale Schere: Hamburg fรผhrt, Thรผringen hinkt hinterher

Westdeutsche Versicherte erhalten durchschnittlich 1.729 Euro, Ostdeutsche 1.527 Euro. Hamburg verzeichnet mit 1.787 Euro den Hรถchstwert, Thรผringen bildet mit 1.491 Euro das Schlusslicht. Die Differenzen spiegeln Lohnniveau, Arbeitsmarktstruktur und Teilzeitquoten wider.

Besonders in strukturschwachen Gegenden verhindern niedrige Stundenlรถhne, dass Beschรคftigte genug Entgeltpunkte sammeln.

Frauen weiterhin im Nachteil

Mรคnner mit 45 Versicherungsjahren beziehen 1.778 Euro. Frauen kommen nur auf 1.449 Euro โ€“ ein Abstand von fast 19 Prozent. Eine wesentliche Ursache: Erziehungszeiten, hรคufige Teilzeitphasen und Berufsunterbrechungen drรผcken das beitragspflichtige Einkommen. Obwohl Kindererziehungs- und Pflegezeiten rentenrechtlich anerkannt werden, gleichen sie die Einkommenslรผcke nicht aus.

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Warum 45 Versicherungsjahre oft trรผgen

Die Statistik zรคhlt nicht nur Beitragsphasen, sondern auch schulische Ausbildung, Studium, Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug und Krankheitszeiten. Wer lange studiert hat oder mehrfach arbeitslos war, erreicht zwar die 45-Jahres-Marke, spart aber weniger fรผr den individuellen Rentenanspruch. Deshalb kรถnnen selbst Fachkrรคfte mit lรผckenhaftem Erwerbsverlauf รผberraschend niedrige Bezรผge erhalten.

Beispielrechnung:

  • 30 Jahre Vollzeit zu 45.000 Euro brutto: ca. 34 Entgeltpunkte
  • 10 Jahre Teilzeit zu 22.000 Euro brutto: ca. 7 Entgeltpunkte
  • 5 Jahre beitragsfreie Zeiten: 0 Entgeltpunkte

Ergebnis: Rund 41 Entgeltpunkte โ†’ etwa 1.420 Euro Monatsrente.

Einkommen โ‰  Lebensstandard

Das Arbeitsministerium betont, dass die Rente allein kein Vollbild liefert. Viele Ruhestรคndler verfรผgen รผber Betriebsrenten, private Vorsorge oder Partnerยญeinkommen. Dennoch zeigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Jede dritte alleinlebende Person รผber 65 hat weniger als 60 Prozent des mittleren Nettohaushaltseinkommens und gilt damit als armutsgefรคhrdet. Die gesetzliche Rentenlรผcke bleibt somit das Kernproblem.

Linke fordert Solidarยญkasse fรผr alle

Dietmar Bartsch (Linke) sieht die Ergebnisse als โ€žArmutszeugnis fรผr die Rentenpolitikโ€œ. Seine Fraktion verlangt, auch Selbststรคndige, Beamte und Abgeordnete in die gesetzliche Kasse einzubeziehen. Ein Blick nach ร–sterreich stรผtzt das Argument: Dort zahlen alle Erwerbstรคtigen in eine gemeinsame Pflichtversicherung ein, das Rentenniveau liegt rund 10 Prozentpunkte รผber dem deutschen.

Ampelplan: Rentenniveau bei 48 Prozent einfrieren

Bundesยญsozialministerin Bรคrbel Bas (SPD) will das Rentenniveau bis 2039 bei mindestens 48 Prozent stabil halten. Lรถhne und damit Beitragseinnahmen sollen die Erhรถhung finanzieren, ergรคnzt durch einen staatlichen Kapitalstock (โ€žGenerationenkapitalโ€œ). Arbeitgeber warnen vor steigenden Lohnnebenkosten, Gewerkschaften fordern hingegen eine Anhebung auf 53 Prozent, um Altersarmut wirksam zu senken.

Finanzierungslรผcke droht

Laut Schรคtzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft kรถnnte der Beitragssatz schon 2030 auf 23 Prozent steigen, wenn das Niveau fix bleibt und der Babyboomer-Jahrgang in Rente geht. Ohne Reform droht entweder ein hรถherer Bundeszuschuss โ€“ der Steuerzahler zahlt โ€“ oder ein spรคterer Renteneintritt. Beide Optionen stoรŸen auf Widerstand.

Was Versicherte jetzt tun kรถnnen

Sie kรถnnen aktiv gegensteuern: Prรผfen Sie Ihre Renteninformation, gleichen Sie Fehlzeiten durch Sonderzahlungen aus und รผberlegen Sie, ob betriebliche Entgeltumwandlung steuerlich sinnvoll ist. Wer lรคnger arbeitet, sammelt zusรคtzliche Entgeltpunkte und erhรคlt einen Zuschlag von 0,5 Prozent pro Aufschub-Monat. Lassen Sie sich frรผhzeitig beraten, damit Sie รœberraschungen bei Rentenbeginn vermeiden.