Kein Weg aus der Armut und 500.000 Stellen zerstört – DAS sind die Folgen von Minijobs

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Im Zuge der Hartz-Reformen wurde der Niedriglohnsektor in Deutschland 2003 massiv erweitert. Minijobs, die seither auch als Nebenjob ausgeführt werden können und einen Bruttolohn bis 450 Euro und ohne Sozialversicherungsabgaben und fehlende Ansprüche auf Arbeitslosengeld I umfassen, nahmen drastisch zu. Viele Betroffene von Hartz IV und Grundsicherung arbeiten in solchen Jobs, die aber keinesfalls einen Weg aus der Armut darstellen, sondern vor allem Arbeitgebern nützen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat eine Untersuchung zu Minijobs in kleinen Betrieben angestellt und kommt zu dramatischen Ergebnissen.

Seit den Hartz-Reformen hat sich die Anzahl der Minijobs beinahe verdoppelt

Minijobs wurden eingeführt, um eine unkomplizierte Anstellung in geringem Umfang zu ermöglichen. Tatsächlich handelt es sich bei Minijobs um staatlich geförderte Stellen, da nämlich die Arbeitgeber einen festgelegten, aber deutlich geringeren Sozialversicherungsbeitrag abgeben müssen, als dies bei sozialversicherungspflichtigen Anstellungen der Fall ist. Im Duktus der Hartz-Reformen werden Minijobs als niedrigschwelliger Einstieg und „Sprungbrett“ in den Arbeitsmark insbesondere für Arbeitslose beworben.

In 2019 arbeiteten fast 7,5 Millionen Menschen in Deutschland in Minijobs, davon etwa 4,5 Millionen haupterwerblich und 3 Millionen nebenerwerblich, Tendenz steigend. Im letzten Jahr ging die Gesamtzahl wegen der Corona-Pandemie auf etwa 6 Millionen zurück. Denn Minijobber arbeiten häufig in Branchen, die vom Lockdown besonders betroffen waren. Sie standen ohne Kurzarbeitergeld, ALG I-Anspruch oder Entschädigungen auf der Straße.

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Minijobs haben 500.000 sozialversicherungspflichtige Stellen in kleinen Betrieben vernichtet

Anteilig arbeiten insbesondere in kleinen Betrieben mit bis zu 9 Beschäftigten besonders viele Angestellte in Minijobs – und zwar etwa 40 Prozent. In mittelgroßen Betrieben bis 99 Beschäftigten sind es etwa 23 Prozent und in großen Betrieben etwas über 10 Prozent.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat für den Zeitraum von 1999 bis 2014 untersucht, wie die Zahl der Minijobs im Verhältnis zu sozialversicherungspflichtigen Anstellungen in Betrieben verändert hat. Dazu haben die Forscher besonders auf die Veränderung des Stellenverhältnisses angesichts der gesetzlichen Änderungen bei Minijobs, was die Lohnobergrenze und die Arbeitgeberabgaben betrifft, für diesen Zeitraum angeschaut.

Dabei haben sie festgestellt, dass die Steigerung der Arbeitgeberabgaben zu einer Reduzierung von Minijobstellen in kleinen Betrieben geführt hat, Minijobs gleichzeitig aber sozialversicherungspflichtige Jobs verdrängt haben. Demnach ersetzt ein Minijob etwa eine halbe sozialversicherungspflichtige Stelle. Die Beschäftigungsformen ergänzen sich nicht. Hochgerechnet kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass bis 2014 etwa 500.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in kleinen Unternehmen von Minijobs zerstört wurden.

Hartz IV: Minijobs sind kein Sprungbrett in die Arbeitswelt

Außerdem weist das Institut für Arbeits- und Berufsforschung darauf hin, dass die Nachteile für Minijobber die erhofften Vorteile für den Arbeitsmarkt überwiegen. Die Armutsgefährdungsquote bei Minijobbern ist extrem hoch. Vielen Beschäftigten in Minijobs werden Arbeitnehmerrechte vorenthalten, die Zahl der Minijobs hat zu Einbußen bei den Sozialversicherungsbeiträgen geführt, nur wenige Minijobber zahlen freiwillig in die Rentenkasse ein. Allein im Jahr 2014 verursachten Minijobs einen Einnahmeausfall von über 3 Milliarden Euro für die Sozialversicherungen.

Für Betroffene von Hartz IV bedeuten Minijobs geringe Arbeitsanreize – von den bis zu 450 Euro können durch die Einkommensfreibeträge nur 170 Euro behalten werden. Außerdem führen Minijobs dazu, dass die Betroffenen in der Regel unterhalb ihrer eigentlichen Qualifikationsstufe arbeiten und dies wiederum einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt erschwert sowie zu einer langfristigen Verstetigung der Anstellung im prekären Niedriglohnsektor führt.

Bild: Daniel Ernst / AdobeStock