Zum 1. Juli 2025 heben weitere sechs gesetzliche Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag an. Gemeinsam mit den bereits 14 Kassen, die seit Jahresbeginn nachgelegt haben, summiert sich die Zahl der Beitragserhöhungen damit auf zwanzig – innerhalb von nur sieben Monaten.
Nach Angaben von Krankenkassenportalen steigen einzelne Sätze um bis zu 0,8 Prozentpunkte; die BKK Salzgitter etwa klettert auf 3,5 Prozent, mhplus und andere folgen mit ähnlichen Aufschlägen. Für Millionen Versicherte bedeutet das eine spürbar höhere Belastung, ohne dass der Leistungskatalog gleichzeitig wächst.
Die Zusatzbeiträge klettern – und die Renten sinken netto
Die unterjährige Beitragsspirale trifft ausgerechnet in einer Phase, in der die durchschnittlichen Zusatzbeiträge ohnehin von 1,7 auf 2,5 Prozent gestiegen sind; der tatsächliche Mittelwert liegt nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbands inzwischen bei 2,9 Prozent.
Weil der gesetzliche Rentenwert zum 1. Juli lediglich um 3,74 Prozent angehoben wird, frisst die Beitragserhöhung bei vielen Ruheständlern das gesamte Plus wieder auf.
Ein Rentner mit 45 Beitragsjahren erhält zum Beispiel zwar rund 66 Euro brutto mehr, verliert davon aber je nach Kasse bis zu 30 Euro über höhere Kranken- und Pflegekassenabzüge – und in einigen Fällen sogar noch mehr, sobald der Pflegebeitrag steigt.
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Warum gerade Rentner die volle Last tragen
Arbeitnehmer teilen sich Zusatzbeiträge mit ihrem Arbeitgeber, Versicherte in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erhalten ebenfalls einen Zuschuss der Deutschen Rentenversicherung.
Anders sieht es für freiwillig gesetzlich versicherte Pensionäre aus: Sie tragen den Zusatzbeitrag allein. Noch härter trifft es privat Versicherte im Standard- und Basistarif der PKV. Deren Prämien springen zum 1. Juli um rund 25 Prozent – durchschnittlich von 400 auf 500 Euro monatlich –, weil die Versicherer die Altersrückstellungen auffüllen und höhere Krankenhauskosten einpreisen. Für viele Seniorinnen und Senioren entsteht damit eine statische Kostenwelle, die von der Rentenanpassung nicht ansatzweise kompensiert wird.
Ursachen der Beitragsexplosion
Die gesetzliche Krankenversicherung verzeichnete 2024 ein Defizit von rund 14,6 Milliarden Euro. Anstatt strukturell gegenzusteuern, hat die Politik in den vergangenen Jahren zusätzliche Leistungen – etwa für Bürgergeldempfangende oder Impfkampagnen – aus dem GKV-Topf finanziert, ohne gleichzeitig Gegenfinanzierungen zu verankern.
Die Rücklagen der Kassen sind dadurch nahezu aufgebraucht. Beitragserhöhungen werden nun zur schnellen Kompensation genutzt, während eine Einigung über eine umfassende Finanzreform weiter auf sich warten lässt.
So federn Sie die Mehrbelastung ab: Zuschuss nach § 106 SGB VI
Wer freiwillig in einer gesetzlichen Kasse oder privat versichert ist, kann einen Zuschuss aus der Rentenversicherung beantragen. Paragraf 106 SGB VI deckelt den Zuschuss zwar auf die Hälfte der tatsächlichen Prämie, dennoch mindert er die Belastung spürbar.
Der Antrag erfolgt formlos mit dem Formular R0820 (ehemals V0210) bei der Deutschen Rentenversicherung. Wichtig ist, dass der Antrag aktiv gestellt wird; eine automatische Gutschrift gibt es nicht. Die Zahlung ist steuerfrei und wird rückwirkend ab dem Monat der Antragstellung gezahlt.
Kassenwechsel als zweites Ventil – aber nicht ohne Risiko
Ein Sonderkündigungsrecht erlaubt es Versicherten, innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Erhöhungsschreibens die Krankenkasse zu wechseln. Da einzelne Kassen den Zusatzbeitrag deutlich stärker anheben als andere, kann ein Wechsel mehrere Hundert Euro im Jahr sparen.
Allerdings lohnt sich ein genauer Blick ins Kleingedruckte: Bonusprogramme, Wahltarife und zahnärztliche Extraleistungen unterscheiden sich zum Teil erheblich.
Wer pflegebedürftige Angehörige mitversichert hat oder Regelleistungsanbieter nutzt, sollte vor dem Wechsel prüfen, ob das neue Hausarzt- oder Selektivvertragssystem flächendeckend funktioniert.
Baustelle Pflegeversicherung: droht der nächste Kostenhammer?
Die soziale Pflegeversicherung schrieb 2024 trotz Beitragserhöhungen ein Minus von 1,55 Milliarden Euro. Der GKV-Spitzenverband warnt vor einer existenziellen Finanzierungslücke ab 2026, wenn keine Gegenmaßnahmen greifen.
In der Debatte steht, dass der Bund künftig rentenfremde Leistungen übernimmt und die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige finanziert. Kommt die Reform nicht rechtzeitig, müssen Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen folgen – mit erneuten Folgen für die Nettorenten.
Fazit: Jetzt handeln, um Nettoverluste zu begrenzen
Die Kombination aus moderater Rentenerhöhung und kräftig steigenden Krankenkassen- sowie Pflegebeiträgen droht vielen Ruheständlern das Einkommen real zu schmälern. Wer freiwillig gesetzlich oder privat versichert ist, sollte umgehend prüfen, ob der Zuschuss nach § 106 SGB VI infrage kommt und ob ein Wechsel zu einer günstiger kalkulierenden Kasse sinnvoll ist.
Beide Schritte erfordern Eigeninitiative, doch sie sind derzeit die wirksamsten Instrumente, um den Effekt der Beitragsspirale zumindest abzufedern. Die politische Großbaustelle – eine nachhaltige Finanzreform für Kranken- und Pflegeversicherung – bleibt indes weiter offen.