Eine Hartz-IV-Geschädigte in Wiesbaden konnte von ihrem kärglichen Regelsatz eine Ordnungswidrigkeitsstrafe von 32 Euro nicht bezahlen. Nun muss sie nach einem langen Instanzenweg von 2005 bis 2008 dafür ins Gefängnis. Außerdem hat sie inzwischen schon 66 Euro zu zahlen.
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden hat das Verfahren zu hohen Kosten durch die Instanzen gepaukt und kam schließlich beim Landgericht an, das die Haft für zulässig erklärte. Die Staatsanwaltschaft verteidigte dies, eine solche Haft sei ein „übliches Druckmittel“. Des Falles angenommen hat sich die Wiesbadener Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Sie hat errechnet: Der Instanzenweg hat den Staat etwa 600 Euro gekostet, also etwa das Zwanzigfache des Bußgeldes. Das ist offensichtlich nicht verhältnismäßig.
Außerdem kritisiert die Initiative, es werde ein zynischer Gleichheitsgrundsatz verwendet, der Grundsatz, „es sei Armen wie Reichen verboten, unter den Brücken zu schlafen“. Der demokratische Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Abs.1 des Grundgesetzes beinhaltet nach ihrer Ansicht, dass „wesentlich Ungleiches ungleich behandelt“ werden muss. Es sei etwas völlig Verschiedenes, wenn eine Person mit einem normalen Einkommen 32 Euros zu zahlen hat oder eine Person, die mit 347 Euro im Monat auskommen muss. Die Haltung der Staatsanwaltschaft, es müsse auf Teufel komm raus dies Geld eingetrieben werden, und wenn es Tausende von Euros kostet, ist haltlose Prinzipienreiterei.
Zwischen der Ordnungswidrigkeit im Jahre 2005 und dem Landgerichts-Beschluss zur Zulässigkeit der Haft im März 2008 liegt ein bürokratischer Marathon vom Ordnungsamt durch sämtliche Gerichtsinstanzen bis hin zur Staatsanwaltschaft, den die Wiesbadener Initiative Grundeinkommen für unverhältnismäßig hält. Nach ihrer Schätzung dürfte auf diesem Rechtsweg etwa das 20-fache der Ursprungssumme von 32 Euro entstanden sein, grob geschätzt rund 600 Euro.
Darüber hinaus teilt die im Januar diesen Jahres gegründete Wiesbadener Initiative Grundeinkommen ebenfalls nicht die Haltung der Staatsanwaltschaft: „Wir müssen alle gleich behandeln“. Das widerspricht nach Einschätzung der Initiative dem aus dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes abgeleiteten differenzierten Rechtsgrundsatz des Willkürverbots. Danach darf der Staat nicht willkürlich wesentlich Ungleiches gleich behandeln. Insofern rügt die Grundeinkommensinitiative, dass willkürlich ein in Armut lebender Bürger genauso behandelt wird wie einer, der ohne Not ein Bußgeld zahlen könnte, wenn er nur wollte.
Die Betroffene wäre bei auskömmlicher Lebensgrundlage durch ein von einem breiten gesellschaftlichen Spektrum gefordertes Bedingungsloses Grundeinkommen auch gar nicht erst in die Not gekommen, wegen 32 € von der Staatsgewalt mit Gefängnis bedroht zu werden. Die Initiative teilt die Einschätzung des Thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus, der jüngst beim Kolpingwerk auf einer Veranstaltung zum Bedingungslosen Grundeinkommen kritisierte, dass staatliche Organe glaubten, die Bürger zu sehr belehrten und betreuen zu müssen. Althaus mahnte an, stattdessen „den Bürgern mehr zuzutrauen“. (Quellen, Wiesbadener Initiative, Karl Weiss- 18.06.2008)
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