In drei Tagen, am 26. September 2021 finden die Wahlen zum 20. Deutschen Bundestag statt. Wir haben uns angeschaut, welche Auswirkung die Regierungsbeteiligung bestimmter Parteien auf die Situation von Geringerverdienern und Betroffenen von Hartz IV hätten.
Wer profitiert von den steuerlichen Plänen der Parteien?
Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat ein Analysepapier zu den fiskalischen Auswirkungen der Parteiprogramme zur Bundestagswahl veröffentlicht. Darin untersuchte das ZEW unter anderem die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und für Haushalte verschiedener Einkommensstufen.
Insgesamt würden die steuerlichen Pläne der Parteien folgende Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben: Nach den Plänen der FDP würde der der Bundeshaushalt 87,6, nach denen der Union 32,6 Milliarden Euro verlieren. Geld das unter anderem für die Erhöhung von Sozialleistungen fehlen würde. Nach den Plänen der SPD würde der Haushalt um 14, nach denen der Grünen um 18,1 und nach denen der Linken um 90,3 Milliarden Euro steigen, die dann in Sozialleistungen und andere Programme invenstiert werden könnten.
Einkommensungleichheit und Armutsrisiko bekämpfen
Die Einkommensungleichheit und Armutsrisikoquote würde durch die Pläne der FDP und Union weiter steigen bzw. kaum merklich abnehmen. Die Pläne von SPD, Grünen und Linken würden die Armutsrisikoquote zwischen 21,8 und 26,5 Prozent senken. Die finanzielle Ungleichheit würde jedoch nur nach den Plänen der Linken um ganze 15,2 Prozent abnehmen, während nach den Plänen der SPD und Grünen ein Rückgang um 4,3 bzw. 6,5 Prozent zu erwarten ist.
So viel hätten Geringverdiener jährlich mehr zur Verfügung
Die Gegenüberstellung zeigt, dass zwar alle Parteien Haushalte aller Einkommensstufen entlasten wollen, die Schwerpunkte sich jedoch deutlich unterscheiden. Lediglich die Linke sieht eine deutliche Erhöhung der Jahreseinkommen durch steuerliche Entlastungen für Geringerverdiener vor. Ehepaare mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von bis zu 20.000 Euro sollen demnach fast 6.500 Euro mehr zu Verfügung haben. Bei einem Einkommen bis 60.000 Euro bis zu 5.500 Euro. Dafür sollen insbesondere Jahresbruttoeinkommen ab 300.000 Euro deutlich stärker besteuert werden.
SPD und Grüne sind bereits deutlich verhaltender aufgestellt. Geringverdiener würden nach ihren Plänen weniger als 3.500 Euro mehr im Jahr haben. Union und vor allem die FDP wollen vor allem Vielverdiener mit über 300.000 Euro zu noch mehr Geld verhelfen. Die FDP sieht zwar auch fü rGeringerverdiener mit weniger als 20.000 Euro knapp 3.000 Euro mehr vor, für solche mit über 300.000 Euro aber einen Zuwachs von fast 20.000 Euro jährlich.
Allerdings sind 42,3 Prozent der haushalte in Deutschland Einpersonenhaushalte, 33,2 Prozent Zwei-Personenhaushalte. Dort sehen SPD und Grüne offenbar keinen Handlungsbedarf. Nach den Plänen der Linken würden Einpersonenhaushalte mit bis zu 20.000 Euro Bruttojahreseinkommen 1.210 Euro mehr haben, nach denen der Grünen nur 110 Euro und nach der SPD gar keinen Zuwachs erhalten. Bei Bruttojahreseinkommen bis 40.000 Euro sieht es nicht viel anders aus.
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So wollen die Parteien Hartz IV verändern
Neben den allgemeinen steuerlichen Entlastungen haben die Parteien selbstverständlich auch Programmpunkte, die sich mit dem System Hartz IV befassen. Die Union will, wenig überraschen an dem sanktionsbehafteten “Fördern und Fordern”-Modell festhalten. Einzig die Einkommensanrechnung soll etwas zugunsten von Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, gelockert werden. Das will auch die FDP. nach ihrem Programm sollen vor allem Jugendliche in Hartz IV bis zu 450 Euro anrechnungsfrei verdienen dürfen. Die SPD will Hartz IV in ein „Bürgergeld“ verwandeln. Ohne konkret zu werden, solle dieses ein würdevolles Leben ermöglichen, auch wenn Sanktionen nicht vollständig abgeschafft werden soll.
Die Grünen wollen Hartz IV durch eine sanktionsfreie und unbürokratische Garantiesicherung ersetzen. In welcher Höhe diese Ausfallen würde, bleibt jedoch offen. Die Linke will ebenfalls Hartz IV abschaffen und durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung von mindestens 1.200 Euro monatlich ersetzen. Außerdem sollen die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft gesondert übernommen werden. Kinder sollen nach dem Programm eine gesonderte Grundsicherung von 630 Euro im Monat erhalten, sowie einen Zuschuss von 500 Euro für digitale Endgeräte für den Schulunterricht bekommen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat nachgerechnet und kommt zu dem Ergebnis, dass eine solch radikale Änderung des Sozialsystems durchaus bezahlbar ist.
Inzwischen hat auch der Paritätische Gesamtverband in einer umfangreichen tabellarischen Gegenüberstellung die sozialpolitischen Pläne der Parteien aus deren Wahlprogrammen zusammengetragen. Außerdem hat die Diakonie einen Wahl-O-Mat für sozialpolitische Fragen erstellt, den Sozial-O-Mat!
Bild: KrischiMeier / AdobeStock
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