Bürgergeld statt Hartz IV: 5 Dinge die geplant sind!

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Die künftige Ampelkoaltion aus SPD, Grünen und FDP will Hartz IV abschaffen. Stattdessen soll ein Bürgergeld eingeführt werden. Erste Kritiker sagen, es sei lediglich ein Ettiketenschwindel, da sich nicht viel ändern wird. Dennoch werden sich ein paar grundlegende Aspekte ändern.

Der Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, hat bereits seinen Wunschzettel an die künftige Bundesregierung abgegeben. Scheele selbst will allerdings nicht preisgeben, welche Reformwünsche auf seinem Zettel stehen. Die Vehandlungsführer der Ampel-Koalition hatten im Vorfeld den BA-Chef nach seiner Meinung gefragt.

Kommen Verbesserungen durch das sog. Bürgergeld

Noch ist unklar, was genau die künftige Bundesregierung konkret umsetzen will. Allerding lassen sich aus dem Sondierungspapier, den jüngsten Äußerungen seites der SPD-, Grünen- und FDP Spitzen erkennen, welche Reformen kommen werden. Der große Wurf wird es nicht, dennoch könnten ein paar Verbesserungen auf die knapp sechs Millionen Hartz IV Bezieher/innen zukommen.

Kaum noch Zwangsumzüge?

Auf dem Prüfstand stehen die Kosten der Unterkunft und die Wohnraumgrößen. Trotz verschiedener Angemessenheitsvorgaben der Kommunen gilt in der Regel, dass ein Singelhaushalt Wohnraum von maximal 45 bis 50 Quadratmeter beziehen darf.

Ein Zwei-Personen-Haushalt darf in rund 60 Quadratmetern leben. Für jede weitere Person in dem Haushalt kommen noch einmal 15 Quadratmeter hinzu. Die künftige Koalition will der Frage nachgehen, ob die Angemessenheitskriterien ausreichend sind oder erhöht werden müssen.

Wer in einer selbst gekauften Wohnung oder Haus lebt, dem werden in einem ein- bis zwei Personenhaushalt 80 (Wohnung) bzw. 90 (Haus) Quadratmeter zugestanden. Drei Menschen dürfen in 100/110 Quadratmeter und vier in 120/130 Quadratmeter leben. Waren die Wohnungen oder Häuser größer, musste die Immobilie verkauft oder vermietet werden. Von den Einnahmen musste die Betroffenen ersteinmal leben, bevor sie Hartz IV beantragen dürften.

In der Corona-Pandemie wurden diese Regeln für einen Zeitraum von sechs Monaten ausgesetzt. Aus diesen Erfahrungen wolle man nun lernen und die Quadratmeter-Grenzen deutlich anheben oder sogar aufheben.

Reform beim Verwertbaren Vermögen

In der Corona-Krise galten übergangsweise Ausnahmeregeln beim sog. Schonvermögen. “Wir prüfen, welche dieser Regeln wir fortsetzen wollen”, steht in dem Sondierungspapier der Koalitionswilligen. Derzeit gilt, dass bis Ende 2021 bei einem Hartz IV Antrag auf eine Vermögensprüfung verzichtet wird.

Im Normalfall kann ein Antrag auf das Arbeitslosengeld II nur dann gestellt werden, wenn alles Vermögen über der Schonvermögensgrenze verwertet wird. Der Gesetzgeber benennt es auch als verwertbares Vermögen. Dazu gehören Bargeld, Schmuck, Aktien, Sparanlagen und Luxusgüter ab 60.000 EUR für das erste Mitglied eines Haushalts und ab dem zweiten 30.000 EUR. Es ist anzunehmen, dass diese Grenzen deutlich nach oben gesetzt wird. Vor allem FDP und SPD drängen darauf. “Die Lebensleistung der Menschen soll besser gewürdigt werden”, heißt es.

Verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten

Seit Jahren drängt die FDP auf verbesserte Hinzuverdienstmöglichkeiten. Bislang lohnt es sich für Leistungsbezieher nicht, etwas dazu zuverdienen, da fast alles bei Hartz IV angerechnet wird. Denn nur 100 EUR werden nicht komplett angerechnet. Bei einem Zusatzeinkommen über 100 bis 1000 EUR sind nur noch 20 Prozent nicht anrechnungsfrei. Bei Einkommen ab 1000 bis 1200 EUR nur noch 10 Prozent.

Die künftige Koalition will nun die Hinzuverdienstmöglichkeiten deutlich anheben und damit verbessern. Das soll den Anreiz erhöhen, den elementarsten Schritt aus der Armut zu schaffen. Es sei “der erste Schritt einer trittfesten Leiter um den Weg aus Hartz IV zu schaffen, steht beispielsweise im FDP Programm. In aktuellen Verlautbarungen der FDP wird dieser Punkt seitens der Liberalen sehr stark in den Fokus gelegt.

Sanktionen sollen gelockert werden

Kritiker betonen: Solange an den Sanktionen festgehalten wird, bliebe es bei Hartz IV. Bei einem Bürgergeld müssten die Strafen wegfallen. Denn in dem Sondierungspapier heißt es sehr deutlich: “An den Mitwirkungspflichten halten wir fest”. Allerdings wolle man prüfen, hier “entbürokratisiert” werden könne.

Zu den sog. Mitwirkungspflichten gehört, dass Termine nicht unentschuldbar verpasst werden dürfen. Auch müssen zum Beispiel Jobangebote angenommen und an Maßnahmen teilgenommen werden. Wer gegen die Mitwirkungspflichten verstößt, erhält Sanktionen. Die Sanktionen kürzen dann den Regelsatz für 3 Monate. Allerdings dürfen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur noch 30 Prozent von den Regelleistungen einbehalten werden.

Die Grünen sind mit diesem Punkt nicht einverstanden und drängen auf eine komplette Abschaffung der Sanktionen. Allerdings wird deutlich, dass sich die Grünen bei diesem Punkt nicht durchsetzen können. Dennoch sind kleinere Reformen als Kompromis erwartbar. Experten gehen davon aus, dass das Urteil der Verfassungsrichter in ein Gesetz gegossen wird.

Es wird auch erwartet, dass die Sanktionen auch durch “Verbesserungen des eigenen Verhaltens” früher wieder aufgehoben werden können.

Werden die Hartz IV Regelleistungen angehoben?

Wird es mehr Geld beim Bürgergeld geben? Davon ist in dem derzeitigen Sondierungspapier nichts zu lesen.

Gewerkschaften, Kirchen, Sozialverbände und Erwerbslosenverbände fordern seit Jahren eine deutliche Anhebung der Sätze, damit ein menschenwürdiges Leben gewährleistet ist. Immer wieder wurde auch die Herleitung der Berechnung kritisiert. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer “künstlich herbei geführten Berechnung”, um die Sätze niedrig zu halten.

Derzeit erhalten Hartz IV Betroffene in einem Singel-Haushalt 446 EUR (Eckregelsatz). Zum Jahreswechsel 2022 sollen es nur drei Euro mehr werden. Miete und Heizkosten wird in “angemessener Höhe” von den Jobcentern übernommen. Die Stromkosten, die immer weiter steigen, müssen allerdings aus den Regelleistungen beglichen werden.

Auch wenn in dem Sondierungspapier zu diesem Punkt nichts zu lesen ist, nimmt die Diskussion darüber aktuell Fahrt auf. So betonte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken in einem Interview: “Das Bürgergeld müsse auskömmlich sein und neu berechnet werden”.

Auf ihrem Bundesparteitag im Sommer hatten die Grünen im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung betont, dass eine Erhöhung von 50 EUR im Monat Grundbedingung sei.

Ob die FDP dem zustimmt, ist nicht gänzlich ausgeschlossen. Schließlich haben sich die Koalitionäre darauf verständigt, den Mindestlohn auf 12 EUR anzuheben. Damit wäre auch eine Erhöhung des Existenzminimums möglich, ohne dass das von der FDP immer wieder betonte “Lohnabstandsgebot” verletzt würde.

Es ist also davon auszugehen, dass die Regelleistungen im kommenden Jahr noch einmal erhöht werden. Ob es tatsächlich spürbare Erhöhungen sind, bleibt abzuwarten.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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