Bürgergeld: So stellst Du einen Überprüfungsantrag beim Jobcenter richtig

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Viele kennen das: die Widerspruchsfrist ist gerade abgelaufen, aber man entdeckt erst jetzt einen Fehler im Bürgergeldbescheid.

Was tun? Das Nachfolgende gilt für alle Verwaltungsakte im Sozialrecht, auf Besonderheiten beim SGB II „Bürgergeld“ und im SGB XII wird hingewiesen.

Der Überprüfungsantrag

Für diesen Fall kennt das Sozialrecht das Rechtsmittel des Überprüfungsantrages (§ 44 SGB X). Diese Vorschrift ermöglicht es, nach Ablauf der Widerspruchsfrist Verwaltungsakte rückwirkend überprüfen zu lassen, allerdings nicht zeitlich unbegrenzt.

Geregelt ist dort eine Frist von 4 Jahren, die aber für Leistungen des SGB II/XII durch eine Sonderregelung auf ein Jahr verkürzt wird (§ 40 Abs. 1 S 2. SGB II, § 116a SGB XII).

Diese Frist regelt den Anspruch auf Nachzahlung der Leistung, weshalb in der Rechtsprechung davon ausgegangen wird, dass ein Überprüfungsantrag für Zeiträume ohne Anspruch auf Nachzahlung unzulässig ist.

Die Fristenberechnung

Die Frist, innerhalb welcher ein Anspruch auf eine Nachzahlung von Leistungen besteht, beginnt am 01. Januar des laufenden Kalenderjahres und wirkt im SGB II und SGB XII ein Kalenderjahr in die Vergangenheit. Bei allen anderen Sozialleistungen sind es hingegen vier Jahre.

Bei der Rückwirkung geht es um den Leistungszeitraum und nicht um den Zeitpunkt, an welchem der Verwaltungsakt, welcher die Leistung für diesen Zeitraum regelt, erlassen wurde.

Angenommen Sie stellen am 31.12.2025 (nachweislicher Zugang bei der Behörde) einen Überprüfungsantrag, begründet dieser im SGB II/XII einen Anspruch auf die Nachzahlung von Leistungen für den Zeitraum 31.12.2025 bis rückwirkend zum 01.01.2024.
Aufgrund der Art der Fristenberechnung ist der tatsächliche Zeitraum, für den Anspruch auf Nachzahlungen der Leistung besteht, also i.d.R. länger als ein Jahr.

Nur wenn der Überprüfungsantrag bspw. am 01.01.2026 gestellt wird, beträgt die Rückwirkung genau ein Jahr bis zum 01.01.2025.

Die Akteneinsicht beim Jobcenter

Der Überprüfungsantrag kann nicht nur dazu genutzt werden, Verwaltungsakte nach Ablauf der Widerspruchsfrist anzufechten, sondern auch, um Akteneinsicht zu erhalten.

§ 25 SGB X regelt das Recht, die über einen selbst beim und vom Jobcenter geführten Akten einzusehen, sowohl die in Papierform, als auch die in elektronischer Form.

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Diese Vorschrift setzt allerdings ein laufendes Verwaltungsverfahren gem. § 8 SGB X voraus. Außerhalb eines Verwaltungsverfahrens besteht kein Recht auf Akteneinsicht, nur ein allgemeines Auskunftsrecht über die beim und vom Jobcenter gespeicherten persönlichen Daten nach Art. 15 DSGVO.

Das Recht auf Akteneinsicht besteht dabei mindestens für alle Einträge, welche den zu überprüfenden Leistungszeitraum betreffen. Wenn also der Überprüfungsantrag bspw. auf den 01.01.2024 zurück wirkt, die Verwaltungsakte, welche die Leistung ab 01.01.2024 regeln, aber bereits 2023 erlassen wurden, umfasst das Recht auf Akteneinsicht auch die dazu bereits 2023 erlassenen Verwaltungsakte.

Wie genau stellt man nun einen Überprüfungsantrag?

Mit einem Überprüfungsantrag kann man konkret bezeichnete Verwaltungsakte oder auch alle einen Leistungszeitraum betreffenden Verwaltungsakte überprüfen lassen.

Die richtige Formulierung hängt davon ab, was man erreichen möchte. Zudem muss der Überprüfungsantrag konkret benennen, aus welchem Grund (Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhalte) die Überprüfung erfolgen soll, und das Jobcenter muss erkennen können, welche Verwaltungsakte deshalb überprüft werden müssen.

Kann das Jobcenter leicht die betreffenden Verwaltungsakte ermitteln, weil z.B. nur zwei oder drei Leistungsbescheide in einem konkreten Leistungszeitraum erlassen wurden, reicht die Angabe des Leistungszeitraumes. Andernfalls, oder wenn man sicher gehen will, muss man alle betroffenen Verwaltungsakte konkret benennen.

Will man nur einen bestimmten Verwaltungsakt überprüfen lassen, benennt man diesen konkret:

Beispiel 1:
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X
Hiermit beantrage ich die Überprüfung des Leistungsbescheides vom …
Ich bin der Meinung, dass mit höhere Unterkunftskosten zustehen.

Wurden für einen bestimmten Leistungszeitrum nur drei Verwaltungsakte erlassenen, kann man stattdessen auch den Zeitraum benennen, da das Jobcenter diese leicht ermitteln kann:

Beispiel 2:
Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X
Hiermit beantrage ich die Überprüfung aller meine Leistung für den Zeitraum … bis …. regelnden Bescheide.
Mir wurde zu viel Einkommen angerechnet.
Außerdem beantrage ich Akteneinsicht.

Kann die Behörde die Gründe für die Überprüfung, oder die konkret zu überprüfenden Verwaltungsakte, mangels Angaben im Überprüfungsantrag und auch auf Nachfrage beim Antragsteller nicht ermitteln, kann ein Überprüfungsantrag abgelehnt werden. Das ist auch höchstrichterlich umfassend geklärt (vgl. BSG in B 4 AS 22/13 R vom 13.02.2014).

Der Überprüfungsantrag wurde abgelehnt, was nun?

Gegen jeden abgelehnten Antrag, auch den auf Überprüfung nach § 44 SGB X, kann das Rechtsmittel des Widerspruches eingelegt werden. Im Weiteren kann gegen den Widerspruchsbescheid geklagt werden. Der Überprüfungsantrag ist also ein effektives Rechtsmittel, auch nach Ablauf der Widerspruchsfrist noch sein Recht durchsetzen zu können.