Die Diskussion um das Bürgergeld, seine Umsetzung und die damit einhergehenden Eingliederungsleistungen nach SGB II hat viele Menschen in Jobcentern und in Fach‑Trägern verunsichert. Insbesondere gilt es klar zu benennen: Welche Förderinstrumente sind weggefallen, welche wurden überführt oder geändert?
Inhaltsverzeichnis
Die Zuständigkeit und Fördermöglichkeit bestimmter Weiterbildungs‑/Qualifizierungsleistungen beim Jobcenter im Rahmen des § 16 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II
Ein wichtiger Wegfall betrifft die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II – Leistungen zur beruflichen Weiterbildung –, zumindest was die Zuständigkeit der Jobcenter angeht. In den Fachlichen Weisungen vom 26.03.2025 wird ausgeführt, dass „§ 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4, Satz 3 sowie die Absätze 3a und 3b mit Wirkung zum 01.01.2025 aufgehoben“ sind.
Konkret bedeutet das: Die Jobcenter dürfen seit dem 01.01.2025 nicht mehr im Rahmen dieser Nummer selbstständig Weiterbildungen im Sinne dieser Regelung bewilligen; diese Aufgabe fällt im Regelfall an die Arbeitsagenturen.
Zudem wird in Rz. 16.11a‑16.11c der Übergang der Förderung der beruflichen Weiterbildung und der beruflichen Rehabilitation von den Jobcentern zu den Arbeitsagenturen geregelt.
Für Betroffene heißt das: Ein im Jobcenter beantragter „klassischer“ §16 Nr.4‑Weiterbildungsfall gehört künftig unter Umständen nicht mehr zum Zuständigkeitsbereich des Jobcenters.
Regelungen zur „Teilhabe am Arbeitsleben“ nach § 16 Abs. 1 Satz 3 a.F. SGB II
Ein weiterer Entfall: Die Regelung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Abs. 1 Satz 3 der alten Fassung („a. F.”) ist mit Wirkung zum 01.01.2025 aufgehoben worden. In den Weisungen ist hierzu Rz. 16.39a ausgewiesen: „Aufhebung der Regelungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz 1 Satz 3 a.F. ab 01.01.2025.“
Das bedeutet: Eingliederungsleistungen, die bislang unter diesem Satz liefen – insbesondere längerfristige Teilhabeleistungen – sind in dieser Form nicht mehr vorgesehen.
Regelungen zur Anwendung des Vergaberechts (§ 16 Abs. 3a) und zum Weiterbildungsgeld (§ 16 Abs. 3b) SGB II
In denselben Weisungen wird ausgeführt, dass mit Wirkung zum 01.01.2025 auch die Regelung zur Anwendung des Vergaberechts (§ 16 Abs. 3a) sowie die Regelung zum Weiterbildungsgeld (§ 16 Abs. 3b) aufgehoben werden.
Damit entfallen Fördermöglichkeiten, die bislang über (§ 16 Abs. 3b) geregelt waren – etwa das sogenannte Weiterbildungsgeld, mit dem Teilnehmer /‑innen in Weiterbildung eine besondere Vergütung erhalten konnten.
Vermittlungsvorrang bei Personen ohne Berufsabschluss bzw. bestimmte alte Instrumente aus der Vor‑Bürgergeld‑Zeit
Bereits in der Weisung von März 2025 wird ausgeführt, dass der Vermittlungsvorrang bei Personen ohne Berufsabschluss entfällt: „Der Wegfall des Vermittlungsvorrangs bei Personen ohne Berufsabschluss betrifft … auch andere Formen der beruflichen Weiterbildung im Rahmen des § 81 SGB III.“
Zwar handelt es sich nicht ausschließlich um einen Förder‑, sondern vielmehr um einen Selektionsmechanismus. Dennoch ist dieser Wegfall als Teil der „Instrumentenreform“ zu verstehen: Leistungen, die bislang an den Vermittlungsvorrang geknüpft waren, sind nun anders handhabbar.
Weiterbildung ‑ Zuständigkeitstransfer
Auch wenn nicht direkt ein „Wegfall“ im klassischen Sinne vorliegt, so sorgt der Übergang der Zuständigkeit von den Jobcentern zu den Arbeitsagenturen für eine Verlagerung – was faktisch einer Abschaffung des bisherigen Instruments beim Jobcenter gleichkommt.
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Bescheid prüfenDie Weisung ist klar: Ab 01.01.2025 übernimmt die Arbeitsagentur die Förderung der beruflichen Weiterbildung und Rehabilitation.
Für Nutzerinnen bedeutet das: Was früher im Jobcenter beantragt wurde, läuft künftig über die Arbeitsagentur oder ist dort zu koordinieren.
Warum diese Änderungen?
Die vorgenannten Wegfälle sind Teil einer umfassenderen Reform des Rechtskreises der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der arbeitsmarktpolitischen Instrumente – im Kontext des Bürgergelds, der Neuausrichtung der Weiterbildungsförderung und der Vereinfachung von Zuständigkeiten. So wird etwa das Gesetz zur Stärkung der Aus‑ und Weiterbildungsförderung vom 17.07.2023 als Ursache genannt.
Die BA‑Weisungen ordnen diese Gesetzesänderungen in das operative Geschäft der Jobcenter ein – mit dem Ziel, bundesweit eine einheitliche Handhabung zu schaffen.
Aus Sicht der Leistungsberechtigten und Träger heißt das: Weggefallene Förderinstrumente werden nicht einfach ersetzt, sondern teilweise durch neue Strukturen und Zuständigkeiten kuriert – was allerdings mit Übergangsproblemen einhergehen kann.
Auswirkungen auf Träger und Kundinnen
Die Abschaffung oder Verlagerung dieser Instrumente wirkt sich spürbar aus:
Für Betroffene: Wer bislang auf einen Bonus, auf Weiterbildungsgeld oder eine Teilhabeleistung nach älterer Regelung setzte, sieht sich mit einem Wegfall konfrontiert. Es empfiehlt sich eine frühzeitige Beratung, ob eine laufende Maßnahme von den neuen Regelungen betroffen ist (z. B. Zuständigkeit, Förderhöhe, Träger).
Für Träger und Jobcenter: Programme, die auf den alten § 16‑Instrumenten basieren – insbesondere unter Nr. 4 oder den Absätzen 3a/3b – müssen neu bewertet oder eingestellt werden. Verträge, Förderprogramme und Anträge sind entsprechend anzupassen.
Organisatorisch: Der Wechsel der Zuständigkeit bedeutet administrative Umstellung – von der Antragstellung über Kostenübernahmen bis zur Berichterstattung. Wer künftig eine Weiterbildung für eine Bürgergeld‑Leistungsberechtigte beantragt, prüft, ob der Antrag über die Arbeitsagentur oder das Jobcenter laufen muss.
Beratungspraxis: Vermittlungsfachkräfte im Jobcenter müssen ihre Kundinnen darüber informieren, dass nicht mehr automatisch alle klassischen Förderinstrumente zur Verfügung stehen. Es gilt: gezielt nach neuer Förderung fragen (z. B. Qualifizierungsgeld) statt auf Alt‑Instrumente zu setzen.
Zusammenfassend
Die folgenden Förderinstrumente im Zusammenhang mit § 16 SGB II sind weggefallen oder organisatorisch überführt:
- Abschaffung des Bürgergeldbonus (§ 16j SGB II) mit Wirkung zum 28.03.2024.
- Aufhebung des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB II (Weiterbildung) beim Jobcenter ab 01.01.2025.
- Aufhebung der Regelung zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 Abs. 1 Satz 3 a. F.) ab 01.01.2025.
- Aufhebung der Regelung zur Anwendung des Vergaberechts (§ 16 Abs. 3a) und zum Weiterbildungsgeld (§ 16 Abs. 3b) ab 01.01.2025.
- Wegfall des Vermittlungsvorrangs bei Personen ohne Berufsabschluss in diesem Kontext.
- Zuständigkeitsverlagerung: Förderung beruflicher Weiterbildung/Rehabilitation läuft ab 01.01.2025 über die Arbeitsagenturen.
Für Vermittlung, Antragstellung und Förderung heißt das: Altbewährte Wege funktionieren nicht mehr automatisch – neue Regeln gelten, neue Stellen sind zuständig.




