Armutsforscher: Corona hat Ungleichheit nur sichtbarer gemacht

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Die Corona-Pandemie hat die grรถรŸte globale wirtschaftliche Krise seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelรถst. Im Alltagsleben vieler Deutscher hieรŸ und heiรŸt das: Plรถtzlich auf Hartz IV angewiesen zu sein. Doch das darf nicht darรผber hinwegtรคuschen, dass wirtschaftliche Ungleichheit schon lange vorher ein schwerwiegendes Problem war.

Mehr Hartz IV-Betroffene in strukturstarken Regionen durch Corona

Der Sozialpolitikwissenschaftler Renรฉ Bรถhme vom Institut fรผr Arbeit und Wirtschaft an der Universitรคt Bremen wertet im Auftrag der Fraktion Die Linke der Hamburgischen Bรผrgerschaft die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die โ€žsoziale Ungleichheitโ€œ aus. Das Projekt wird Ende des Jahres abgeschlossen, doch erste Zwischenergebnisse liegen bereits vor.

Zwar sind Alleinerziehende und Kinder besonders stark von Hartz IV und Armut betroffen, die sich wegen der Preissteigerung und dem Wegfall von Kita- und Schulessen drastisch verschรคrft hat. Dennoch ist im Zuge der Corona-Pandemie der Anteil der Single-Haushalte und Haushalte ohne Kinder an Hartz IV-Betroffenen am stรคrksten angestiegen. Auch ist die Zahl der Hartz IV-Bezieher mit besserem Abschluss drastischer angestiegen. Auch die Zahl der Aufstocker beim Arbeitslosengeld I ist um 54,8 Prozent angestiegen, vermutlich weil viele zuvor nur geringe Einkommen รผber dem Minijobniveau hatten tรคtig waren.

Der Forscher vermutet hier jedoch einen temoprรคren Effekt. Anders sehe es vermutlich mit Bildungs- und Geschlechterungleichheit aus, die sich durch die Krise verfestigen wรผrden.

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Kluft zwischen Arm und Reich: Corona ist kein โ€žUngleichheitsvirusโ€œ

Bemerkenswert ist auรŸerdem, dass der Anstieg der Quote von Hartz IV-beziehern insbesondere in strukturstarken Bundeslรคndern Bayern, Hamburg und Baden-Wรผrttemberg um fast 9 Prozent angestiegen ist, wรคhrend sie in den โ€žneuen Bundeslรคndernโ€œ sogar rรผcklรคufig war. Das liegt an der Bedeutung von Luftfahrt, Tourismus, Gastronomie, Kultur und Freizeit fรผr den Arbeitsmarkt in der jeweiligen Region.

Bรถhme warnt jedoch davor, Corona als โ€žUngleichheitsvirusโ€œ zu verstehen, dass die Ungleichheit in der Bundesrepublik drastisch verschรคrft hรคtte. โ€žDenn die die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich bestand vielmehr schon vor der Pandemie.โ€œ Stattdessen handle es sich vielmehr um eine Verstรคrkung der bestehenden Ungleichheitsstrukturen.

Bild: frittipix / AdobeStock