Grundsicherung im Alter steht Menschen zu, die die gesetzliche Regelaltersgrenze erreicht haben und deren Einkommen nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Trotz dieser Möglichkeit zögern viele Berechtigte, einen Antrag zu stellen – sei es aufgrund von Scham, Angst vor der Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse oder der Sorge, dass das Sozialamt auf Ersparnisse oder Immobilien zugreifen könnte.
Die Unsicherheiten sind oft unbegründet. Der folgende Artikel liefert eine detaillierte Analyse der Voraussetzungen, der Berechnung der Leistungen und klärt verbreitete Missverständnisse auf.
Inhaltsverzeichnis
Wer hat Anspruch auf Grundsicherung im Alter?
Die Regelaltersgrenze liegt 2024 bei 66 Jahren und steigt bis 2031 schrittweise auf 67 Jahre. Ansonsten können Personen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, unabhängig von ihrem Alter Grundsicherung beantragen.
Grundsätzlich gilt: Wenn das monatliche Einkommen unter 973 EUR liegt, sollten Betroffene prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht. Die genaue Höhe des Bedarfs hängt dabei von individuellen Faktoren wie den Lebenshaltungskosten und der Wohnsituation ab.
Einkommen und Vermögen: Was wird angerechnet?
Die Berechnung der Grundsicherung basiert auf einer umfassenden Prüfung des Einkommens und Vermögens. Hierbei werden folgende Einkommensarten berücksichtigt:
- Gesetzliche Renten: Diese bilden in der Regel die Haupteinnahmequelle.
Pensionen: Beamtenpensionen und ähnliche Leistungen fließen ebenfalls in die Berechnung ein. - Erwerbseinkommen: Auch geringe Einkünfte aus Nebenjobs, wie ein Minijob, werden angerechnet.
- Mieteinnahmen und Kapitalerträge: Einkünfte aus Vermietung oder Zinsen gehören ebenfalls zum anrechenbaren Einkommen.
Wichtig ist, dass nicht das gesamte Einkommen angerechnet wird. Es gibt verschiedene Freibeträge, die berücksichtigt werden.
So bleiben beispielsweise bei zusätzlichen Rentenformen, wie der Riester-Rente, mindestens 100 EUR monatlich anrechnungsfrei.
Bei einer Riester-Rente von 200 EUR würden somit 130 EUR (100 EUR plus 30 % des übersteigenden Betrags) unberücksichtigt bleiben.
Der maximale Freibetrag beträgt 50 % des Regelbedarfs, was 2024 etwa 281,50 EUR (50 % von 563 EUR) entspricht.
Auch das Vermögen spielt eine Rolle. Hier gilt ein Schonvermögen von bis zu 10.000 EUR, das nicht angetastet wird. Rentner dürfen zudem ein Auto besitzen, sofern dessen Wert 7.500 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung wurde 2021 eingeführt, um dem Bedürfnis älterer Menschen nach Mobilität besser gerecht zu werden.
Angemessene Wohnkosten und Mietzuschüsse
Ein wichtiger Bestandteil der Grundsicherung sind die Kosten für Unterkunft und Heizung.
Diese werden vom Sozialamt übernommen, solange sie als „angemessen“ gelten. Was als angemessen betrachtet wird, ist regional unterschiedlich und orientiert sich an den Mietspiegeln der jeweiligen Kommune.
In Städten mit hohen Mietkosten wie München können deutlich höhere Wohnkosten übernommen werden als in ländlichen Gebieten.
Für eine alleinstehende Person gelten etwa in Großstädten Mietobergrenzen von bis zu 700 EUR kalt als angemessen, während in ländlichen Regionen deutlich niedrigere Grenzen gelten.
Sollten die Mietkosten die festgelegten Obergrenzen überschreiten, wird das Sozialamt in der Regel nicht die vollen Kosten übernehmen.
Es erfolgt jedoch keine sofortige Aufforderung zum Umzug. Stattdessen gibt es meist eine Übergangsfrist von sechs Monaten bis zu einem Jahr, in der versucht werden kann, die Wohnkosten zu senken – etwa durch Untervermietung oder den Umzug in eine günstigere Wohnung.
Ein Zwangsumzug wird nur in Ausnahmefällen angeordnet, wenn eine kostengünstige Alternative ohne erhebliche soziale oder gesundheitliche Nachteile verfügbar ist.
Schutz von Wohneigentum: Bleibt das Eigenheim erhalten?
Ein weitverbreiteter Irrtum ist die Annahme, dass im Rahmen der Grundsicherung das eigene Wohneigentum verkauft werden muss. Tatsächlich bleibt selbst genutztes Wohneigentum unter bestimmten Voraussetzungen geschützt.
Ein Haus für ein Ehepaar gilt bis zu einer Größe von 90 Quadratmetern als angemessen, bei Alleinstehenden liegt die Grenze bei 80 Quadratmetern.
Überschreitet die Immobilie diese Grenzen, kann das Sozialamt theoretisch verlangen, das Eigentum zu verwerten, etwa durch Verkauf oder Beleihung. In der Praxis wird dies jedoch selten umgesetzt, besonders wenn der Umzug in eine Mietwohnung teurer wäre oder soziale Härten vorliegen.
Vermögen und Einkommen der Kinder: Was wird wirklich angerechnet?
Viele Eltern befürchten, dass ihr Anspruch auf Grundsicherung gefährdet ist, wenn ihre Kinder gut verdienen.
Diese Sorge ist in den meisten Fällen unbegründet. Das Einkommen der Kinder wird nur dann herangezogen, wenn es 100.000 EUR jährlich überschreitet.
Dies entspricht einem monatlichen Bruttoeinkommen von etwa 8.300 EUR. In Deutschland betrifft dies nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung. Solange das Einkommen der Kinder unter dieser Schwelle liegt, wird es bei der Berechnung der Grundsicherung nicht berücksichtigt.
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Leistungen der Grundsicherung: Was wird konkret übernommen?
Die Grundsicherung besteht aus verschiedenen Elementen, die den individuellen Bedarf decken sollen:
- Regelbedarf: Dieser deckt die grundlegenden Lebenshaltungskosten wie Nahrung, Kleidung und Haushaltsbedarf ab. Ab 2024 liegt der Regelbedarf für alleinstehende Personen bei 563 EUR im Monat. Für Paare beträgt der Regelbedarf je Partner 506 EUR.
- Kosten der Unterkunft und Heizung: Diese werden voll übernommen, sofern sie als angemessen gelten. Angemessenheit wird dabei von den lokalen Mietspiegeln bestimmt.
- Mehrbedarf: Zusätzlich zum Regelbedarf können besondere Bedarfe geltend gemacht werden, etwa für Menschen mit einer Gehbehinderung (Merkzeichen „G“ im Schwerbehindertenausweis), die 17 % des Regelbedarfs erhalten. Das wären 2024 etwa 95,71 EUR monatlich.
- Einmalige Bedarfe: Notwendige Anschaffungen, wie eine Erstausstattung der Wohnung, können einmalig übernommen werden. Auch Kosten für Schulmaterialien bei Kindern im Haushalt fallen unter diese Kategorie.
- Darlehen bei unabweisbarem Bedarf: Wenn besondere Ausgaben nicht durch die laufenden Leistungen gedeckt werden können, besteht die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen zu erhalten. Dieses wird in Raten von maximal 5 % des Regelbedarfs zurückgezahlt, was 2024 etwa 28 EUR pro Monat entspricht.
Antragstellung und Bedürftigkeitsprüfung
Die Beantragung der Grundsicherung erfolgt beim zuständigen Sozialamt. Der Antrag erfordert eine umfassende Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Dieser Prozess ist für viele Antragsteller eine Hürde, da sie ihre finanziellen Verhältnisse detailliert darlegen müssen.
Dennoch ist dieser Schritt notwendig, um sicherzustellen, dass die Leistungen nur an tatsächlich Bedürftige ausgezahlt werden.
Besonders wichtig ist, dass der Antrag rechtzeitig gestellt wird, da die Grundsicherung in der Regel erst ab dem Monat der Antragstellung gezahlt wird. Eine rückwirkende Zahlung ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn der Antrag unverschuldet verspätet gestellt wurde.
Besonderheiten bei Erwerbsminderung: Wer ist anspruchsberechtigt?
Neben älteren Menschen können auch Personen mit einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung Grundsicherung erhalten. Die Erwerbsminderung muss als dauerhaft eingestuft werden, was durch den Rentenversicherungsträger auf Antrag des Sozialamts erfolgt.
Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt arbeiten oder in einer Tagesförderstätte untergebracht sind, gelten ebenfalls als dauerhaft erwerbsgemindert, ohne dass eine erneute Prüfung notwendig ist. Auch hier gibt es Schutzregelungen, um den Zugang zur Grundsicherung zu erleichtern.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.