Bürgergeld: Umzug in eine größere Wohnung bei Schwangerschaft

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Jobcenter: Ab welchem Schwangerschaftsmonat ist ein Umzug in eine größere Wohnung für eine Bürgergeld- Empfängerin erforderlich?

In Rechtsprechung und Literatur ist im Grundsatz anerkannt, dass im Falle einer Schwangerschaft einer Bürgergeld-Leistungsbezieherin mit Blick auf das baldige Hinzutreten einer weiteren Person, bereits vor der Entbindung von einem erhöhten Wohnraumbedarf auszugehen ist, der einen Umzug rechtfertigt.

Ein Zeitraum von drei Monaten ist in aller Regel ausreichend, um den Umzug in eine größere Wohnung vor einem voraussichtlichen Entbindungstermin zu bewerkstelligen.

Die Annahme, dass der Umzug einer schwangeren Leistungsbezieherin in eine größere Wohnung im Regelfall (erst) drei Monate vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin erforderlich ist, schließt es indes nicht aus, dass es im Einzelfall erforderlich sein kann, die Wohnung zu einem noch früheren Zeitpunkt zu beziehen und mithin der Leistungsträger zur Übernahme der insoweit anfallenden Kosten bzw. zur Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 SGB II verpflichtet sein kann (Orientierungssatz Detlef Brock).

So entschieden vom SG Dortmund, Urteil vom 30.04.2015 – S 30 AS 3105/13 –

Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock

Hier muss man dazu sagen, dass in Rechtsprechung und Literatur dazu unterschiedliche Auffassungen existieren.

Anhand dieser Rechtsprechung möchte ich Euch aufzeigen, ab wann eine Schwangere in eine größere Wohnung ziehen darf.

Beurteilung der Notwendigkeit eines eigenen Zimmers für das neugeborene Kind anhand des soziokulturellen Existenzminimums

Ebenso entschieden hat das LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.10.2006 – L 6 AS 556/06 ER – ; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.03.2014 – L 2 AS 3878/1 – .

Anderer Auffassung

LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 07.05.2009, Az.: L 8 AS 87/08 – Zusicherung zum Umzug bereits ab dem 4., jedenfalls aber ab dem 5. Schwangerschaftsmonat zu erteilen” sei.

Ist die Wohnung zur Unterbringung eines Säuglings ungeeignet, kann die Schwangere nach LSG Mecklenburg-Vorpommern 28.10.2008 – L 8 B 299/08 und vom 07.05.2009 – L 8 AS 87/08 jedenfalls ab dem 5. Schwangerschaftsmonat umziehen, weil ein späterer Umzug gesundheitlich unzumutbar ist (enger LSG Sachsen-Anhalt vom 12.02.2009 – L 5 B 177/07 AS: ab dem 6. Schwangerschaftsmonat ).

Hinweis Sozialrechtsexperte Detlef Brock

Auch hier zählt immer der Einzelfall z. Bsp. Risikoschwangerschaft.

Die Annahme, dass der Umzug einer schwangeren Leistungsempfängerin in eine größere Wohnung im Regelfall (erst) drei Monate vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin erforderlich ist, schließt es indes nicht aus, dass es im Einzelfall erforderlich sein kann, die Wohnung zu einem noch früheren Zeitpunkt zu beziehen und mithin der Leistungsträger zur Übernahme der insoweit anfallenden Kosten bzw. zur Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 SGB II verpflichtet sein kann.

Dies etwa könnte der Fall sein, wenn während der Schwangerschaft Komplikationen auftreten, die bei einem Umzug zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Gefährdung des Nasciturus führen könnten.

Auch sonstige im Einzelfall bestehende Gefährdungslagen für die Schwangere oder den Nasciturus können auf diese Weise Berücksichtigung finden (so etwa, wenn die Schwangere bereits zu einem früheren Zeitpunkt physisch nicht mehr in der Lage ist, die Treppen zu ihrer Wohnung zu steigen).

Mit Eintritt der Schwangerschaft wird nicht sofort und im späteren Verlauf erst dann ein Umzug erforderlich, wenn in der bisherigen Wohnung ein neugeborenes Kind nicht angemessen untergebracht werden kann, z.B. wegen des schlechten Wohnungszustands (dazu LSG Sachsen vom 22.12.2009 – L 2 AS 711/09 B ER), der fehlenden Möglichkeit zur Einrichtung einer Ruhezone für den Säugling.

Die fehlende Wohnfläche für eine Zweipersonen-BG allein erlaubt noch keinen Umzug; denn der Raumbedarf eines neugeborenen Kindes ist geringer als der eines Kindes ab dem Krabbelalter (dazu auch SG Stralsund vom 10.04.2014 – S 8 AS 287/14 ER -).

Fazit:

Hier muss immer der Einzelfall betrachtet werden. Auch gesundheitliche Probleme der Schwangeren sind zu berücksichtigen.

Eine objektive Erhöhung des Wohnraumbedarfs infolge Hinzutretens einer weiteren Person, etwa bei Geburt eines Kindes, macht in der Regel einen Umzug erforderlich, wenn die Größe der bisherigen Unterkunft unterhalb der maßgeblichen Angemessenheitsgrenze für die bisherige Personenzahl der Bedarfsgemeinschaft liegt.