Bürgergeld bei Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit

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Wenn Sie Bürgergeld beziehen und krank werden, gelten für Sie zunächst ähnliche Regelungen wie für Arbeitnehmende. Sie müssen das Jobcenter über Ihre Krankheit informieren und eine AU vorlegen.

Sind Sie länger als sechs Wochen krank, bekommen Sie kein Krankengeld von der Krankenkasse, sondern beziehen weiter Bürgergeld. Das Jobcenter schaltet dann gewöhnlich den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit ein, um zu klären, wie lange die Krankheit oder die Arbeitsunfähigkeit voraussichtlich andauern wird und ob eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit vorliegt.

Denn wenn Bürgergeld-Beziehende erwerbsunfähig werden, verlieren die Betroffenen den Anspruch auf Bürgergeld und müssen Grundsicherung beantragen. Als erwerbsunfähig gelten Personen, die nicht mehr in der Lage sind, mindestens drei Stunden am Tag zu arbeiten.

Krankheit beim Bürgergeld-Bezug: Das Wichtigste in Kürze

  • Sie müssen die Arbeitsunfähigkeit beim Jobcenter durch eine ärztliche Krankschreibung (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) belegen.
  • Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) muss zeitnah dem Jobcenter vorgelegt werden.
  • Während des krankgeschriebenen Zeitraumes müssen keine Termine oder Maßnahmen beim Jobcenter wahrgenommen werden.
  • Wenn Sie krank sind, erhalten Sie weiterhin Bürgergeld, auch wenn die Krankschreibung über sechs Wochen andauert.
  • Bürgergeld-Beziehende erhalten kein Krankengeld.
  • Bei langanhaltender Arbeitsunfähigkeit überprüft der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit, ob eine Erwerbsunfähigkeit vorliegt.
  • Dauerhaft erwerbsunfähige Personen verlieren den Anspruch auf Bürgergeld und müssen Grundsicherung beantragen.

Muss das Jobcenter über eine Krankheit informiert werden?

Wenn Sie von einem Arzt eine Krankschreibung erhalten, müssen Sie dem Jobcenter zeitnah eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vorlegen. Denn solange Sie krank sind, stehen Sie nicht für Maßnahmen oder für die Arbeitsvermittlung zur Verfügung.

Muss ich krank zum Jobcenter?

Nein. Wenn Sie krank sind, können Sie Ihre Jobcenter-Termine nicht wahrnehmen. Sie müssen sich nicht mit Schüttelfrost zu Ihrem Arbeitsvermittler schleppen oder mit Fieber zu Ihrem Bewerbungstraining quälen. Nur wenn Sie Termine beim Jobcenter ohne einen wichtigen Grund entfallen lassen, drohen Ihnen Sanktionen. Eine Krankschreibung gilt als wichtiger Grund.

Wann gelte ich als krank?

Kurz gesagt: Wenn Sie weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können. Diese Maßgabe hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit von erwerbsfähigen Bürgergeld-Berechtigten beschlossen. Damit sollte unter anderem ein einheitliches Verfahren für Krankschreibungen bei den Jobcentern geschaffen werden.

In dem Beschluss heißt es, erwerbsfähige Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld seien „dann arbeitsunfähig, wenn sie krankheitsbedingt nicht in der Lage sind, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen.“ Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit muss mit einem ärztlichen Attest belegt werden.

Brauche ich eine Krankschreibung?

Ja. Sie müssen von einem Arzt oder einer Ärztin krankgeschrieben werden, um Sanktionen zu vermeiden. Die AU müssen Sie dann dem Jobcenter unverzüglich vorlegen.

Gehen Sie am besten gleich zum Arzt. So können Sie sich viel Ärger ersparen. Denn der Arzt schreibt Sie erst ab dem Tag krank, an dem Sie in der Praxis vorstellig werden. Eine Krankschreibung für den Vortag bekommen Sie nur in Ausnahmefällen.

Das Jobcenter darf Ihre Arbeitsunfähigkeit anzweifeln und eine Untersuchung durch den Ärztlichen Dienst anordnen lassen. Das müssen Sie aber im Normalfall erst bei wiederholten oder lange andauernden Krankschreibungen befürchten.

Worauf muss ich achten, wenn ich während einer Maßnahme krank werde?

Bürgergeld-Betroffene sind laut gesetzlicher Regelungen dazu verpflichtet, „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen“.

Die Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen soll genau dieser Verringerung oder Beendigung Ihrer Hilfebedürftigkeit dienen.

Deswegen müssen Sie auch dann eine Krankschreibung beim Jobcenter vorlegen, wenn Arbeitsgelegenheiten oder die Teilnahme an Eingliederungsmaßnahmen aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden können.

Der G-BA hat sich bei seinen Beratungen auch kritisch damit auseinandergesetzt, dass sich die Entscheidung der Ärztin oder des Arztes auf die Leistungsansprüche des Patienten gegenüber der Bundesagentur für Arbeit auswirken kann.

Was muss ich bei psychischen Krankheiten beachten?

Psychische Erkrankungen sind unter Bürgergeld-Empfangenden keine Seltenheit. Viele Betroffene leiden beispielsweise an Depressionen. Gerade für erwerbslose psychisch Kranke ist es äußerst wichtig, dass sie sich frühzeitig professionelle Hilfe suchen. Denn eine Integration ins Arbeitsleben ist für fast alle Betroffenen möglich. Wichtig ist aber, dass sie gute Unterstützung bekommen und sich schrittweise ans Erwerbsleben gewöhnen können.

Was passiert nach sechs Wochen Krankenschein?

Wenn Sie Bürgergeld bekommen erhalten Sie in der Regel einfach weiterhin das Bürgergeld. Arbeitnehmer, die über sechs Wochen krank geschrieben sind, bekommen nicht mehr ihr volles Gehalt vom Arbeitgeber, sondern Krankengeld von der Krankenkasse. Bürgergeld-Beziehende bekommen weiter ihren Regelsatz – sie leben ja schließlich schon am Existenzminimum. Eine weitere Einkürzung aufgrund einer Krankheit wäre nicht zumutbar.

Was ist der Unterschied zwischen Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit?

Arbeitsunfähigkeit ist vorübergehend, Erwerbsunfähigkeit ist dauerhaft. Sie gelten als erwerbsunfähig, wenn Sie dauerhaft weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können.

Sind Sie länger als sechs Monate krankgeschrieben, wird im Allgemeinen überprüft, ob Sie in absehbarer Zeit wieder in der Lage sein werden, länger als drei Stunden täglich zu arbeiten. Diese Prüfung übernimmt in der Regel der Ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit.

Dabei geht es nicht darum, ob Sie noch in ihrem erlernten Beruf arbeiten können. Wenn Sie Gärtner gelernt haben, nun aber wegen einer Schulterverletzung nicht mehr körperlich arbeiten können, sind Sie nicht erwerbsunfähig. Solange Sie zumindest theoretisch beispielsweise drei Stunden täglich einen Bürojob machen könnten, sind Sie erwerbsfähig.

Was passiert, wenn ich erwerbsunfähig werde?

Wenn Sie erwerbsunfähig werden, bekommen Sie kein Geld mehr vom Jobcenter, denn nur erwerbsfähige Menschen haben Anspruch auf Bürgergeld. Wenn Sie mit anderen Bürgergeld-Empfangenden eine Bedarfsgemeinschaft bilden, bekommen Sie in der Regel Sozialgeld vom Jobcenter.

Ist das aber nicht der Fall, müssen Sie einen Antrag auf Grundsicherung stellen. Die Regeln im Einzelfall sind kompliziert, informieren Sie sich also rechtzeitig beim Amt oder bei einer Sozialberatungsstelle, damit Sie nicht auf einmal ohne Einkommen dastehen.
Quellen:

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI): § 43 Rente wegen Erwerbsminderung

Entgeltfortzahlungsgesetz: § 5 Anzeige- und Nachweispflichten