Wer mit Partnerin oder Partner ein Gemeinschaftskonto führt, tut das meist aus einem einfachen Grund: Der Alltag wird übersichtlicher. Miete, Strom, Kita, Versicherungen, Einkäufe – alles läuft über eine IBAN. Solange alles ruhig bleibt, wirkt das praktisch.
Problematisch wird es in dem Moment, in dem eine Kontopfändung ins Haus flattert. Dann zeigt sich ein Irrtum, der sich hartnäckig hält und in kurzer Zeit richtig Geld kosten kann: die Annahme, ein Gemeinschaftskonto sei „automatisch“ irgendwie mitgeschützt – oder lasse sich im Notfall einfach in ein P-Konto umwandeln.
Warum ausgerechnet das Gemeinschaftskonto so oft zum Risiko wird
Das Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, ist im deutschen Recht als persönlicher Schutzmechanismus gedacht. Es soll sicherstellen, dass trotz Pfändung ein monatlicher Betrag für das Existenzminimum verfügbar bleibt. Genau an dieser Stelle prallen Alltagspraxis und Rechtslogik aufeinander: Ein Gemeinschaftskonto ist ein Konto mit mindestens zwei Kontoinhabern. Ein P-Konto dagegen ist an eine einzelne Person gebunden.
Der häufigste Denkfehler lautet daher: „Wenn bei uns nur eine Person Schulden hat, wird schon nur deren Anteil betroffen sein – und der andere kann weiter bezahlen.“
In der Realität führt eine Pfändung bei einem Gemeinschaftskonto oft dazu, dass der Zahlungsverkehr abrupt stockt. Lastschriften gehen zurück, Karten funktionieren nicht wie gewohnt, Daueraufträge werden nicht ausgeführt oder es kommt zumindest zu Verzögerungen und Sperren, bis die Situation geklärt ist. Das ist nicht nur nervig, sondern schnell teuer: Rücklastschriftgebühren, Mahnkosten, Verzugszinsen, im schlimmsten Fall Ärger mit Vermieter, Energieversorger oder Versicherungen.
Der Punkt, an dem es kippt: Pfändung trifft Konto, nicht Haushaltslogik
Eine Kontopfändung richtet sich gegen den Anspruch des Schuldners gegenüber der Bank. Beim Gemeinschaftskonto sind aber mehrere Personen beteiligt, die gegenüber der Bank als Kontoinhaber auftreten. Das ist juristisch kein „Haushaltskonto“, sondern eine besondere Form gemeinsamer Berechtigung. Für Gläubiger und Bank zählt deshalb nicht, wer im Alltag welche Rechnung bezahlt oder wessen Gehalt „eigentlich“ auf dem Konto landet, sondern welche formalen Rechte am Konto bestehen.
Gerade weil im Alltag auf Gemeinschaftskonten häufig beide Einkommen eingehen, trifft eine Pfändung oft nicht nur den Schuldner, sondern faktisch auch die unverschuldete Mitinhaberin oder den unverschuldeten Mitinhaber. Und das ist der Moment, in dem der vermeintliche Komfort in ein akutes Liquiditätsproblem umschlägt.
Das P-Konto ist keine „Schutzhaube“ über dem Gemeinschaftskonto
Ein Gemeinschaftskonto lässt sich nicht als gemeinsames P-Konto führen. Das Gesetz sieht Pfändungsschutzkonten als Einzelkonten vor. Wer also glaubt, im Ernstfall könne man einfach „das Gemeinschaftskonto zum P-Konto machen“, steht unter Zeitdruck vor einem organisatorischen Umbau: Konten trennen, Zahlungsströme umleiten, Arbeitgeber, Rentenstelle, Familienkasse und Vertragspartner informieren, während im Hintergrund schon Forderungen vollstreckt werden.
Hinzu kommt, dass ein P-Konto nur auf Guthabenbasis geführt wird. Wer bisher stark mit Dispo gearbeitet hat, erlebt im Pfändungsfall oft einen zweiten Schock: Selbst wenn der monatliche Freibetrag greift, heißt das nicht, dass der bisherige finanzielle Spielraum durch Überziehungen unverändert bleibt.
Die teure Kettenreaktion im Alltag: Wenn Lastschriften platzen
In der Praxis entsteht der größte Schaden selten durch die Pfändung selbst, sondern durch die Folgewirkungen im Zahlungsverkehr. Wenn die Miete nicht pünktlich rausgeht, sind Mahnungen schnell da. Wenn Strom oder Gas nicht bezahlt werden, drohen Sperrandrohungen. Wenn Versicherungsbeiträge zurückgehen, kann der Versicherungsschutz ins Wanken geraten oder es fallen Gebühren an.
Wer Kinder hat, kennt zusätzlich die Empfindlichkeit von Kita-Beiträgen, Vereinsbeiträgen oder Musikschule – alles kleine Beträge, die aber unangenehme Folgen haben, wenn sie ungeplant ausfallen.
Besonders bitter: Häufig passiert das in einer Phase, in der Betroffene ohnehin angespannt sind. Genau dann kostet jeder Tag, an dem das „Haushaltskonto“ nicht zuverlässig funktioniert, Nerven und Geld.
Was das Gesetz inzwischen für Gemeinschaftskonten vorsieht – und warum das trotzdem kein Freifahrtschein ist
Für Pfändungen auf Gemeinschaftskonten gibt es inzwischen spezielle Regeln. Sie sollen verhindern, dass unbeteiligte Mitkontoinhaber dauerhaft blockiert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Guthaben innerhalb einer Frist auf neu eingerichtete Einzelkonten übertragen werden, damit jeder Kontoinhaber wieder handlungsfähig wird.
Für den Schuldner gilt trotzdem: Der Pfändungsschutz funktioniert erst richtig, wenn ein eigenes Konto als P-Konto geführt wird und die Zahlungseingänge dort landen.
Entscheidend ist der praktische Haken: Dieser Schutz hilft nur, wenn sie schnell genutzt wird und wenn Zahlungsströme tatsächlich konsequent vom Gemeinschaftskonto weggeführt werden. Bleiben Gehalt, Rente oder Sozialleistungen weiterhin auf dem gepfändeten Gemeinschaftskonto, ist das Risiko groß, dass Geld trotz aller formalen Möglichkeiten am Ende nicht rechtzeitig verfügbar ist.
Der Grundfreibetrag hilft nur, wenn er auf dem richtigen Konto landet
Seit dem 1. Juli 2025 liegt der automatische Grundfreibetrag auf dem P-Konto bei 1.560 Euro pro Kalendermonat. Dieser Betrag steht zunächst ohne weitere Nachweise zur Verfügung. Wer Unterhaltspflichten hat oder bestimmte Sozialleistungen erhält, kann einen höheren Freibetrag geltend machen, benötigt dafür aber in der Regel eine Bescheinigung oder – je nach Fall – eine Entscheidung der zuständigen Stelle.
Das Missverständnis vieler Paare: Sie hören „Freibetrag“ und denken „Haushalt“. Der Freibetrag ist aber an die Person und ihr P-Konto gebunden. Wenn das Einkommen des nicht verschuldeten Partners auf ein Konto fließt, das wegen der Pfändung nicht sauber nutzbar ist, nützt der theoretische Schutzbetrag wenig. Schutz muss im Zahlungsfluss ankommen, nicht nur auf dem Papier.
Was in der Vorsorge wirklich wirkt: Trennung dort, wo es weh tun würde
Wer heute ein Gemeinschaftskonto als einziges Alltagskonto nutzt, baut sich ungewollt einen Single Point of Failure. Sobald bei nur einer Person eine Pfändung droht oder bereits läuft, hängt die Zahlungsfähigkeit des gesamten Haushalts an einem Konto, das rechtlich nicht als gemeinsames P-Konto abgesichert werden kann.
In der Praxis hat sich daher ein anderes Modell bewährt: Beide Erwachsenen behalten jeweils ein eigenes Konto, auf das Lohn, Rente oder Leistungen eingehen, und nutzen ein zusätzliches gemeinsames Konto nur für planbare Haushaltsausgaben. Das reduziert die Folgen einer Pfändung deutlich, weil der nicht betroffene Partner seine Zahlungsfähigkeit nicht verliert und der betroffene Partner sein eigenes Konto zügig als P-Konto führen kann.
Wenn es schon passiert ist: Geschwindigkeit schlägt Perfektion
Im Pfändungsfall zählt weniger die perfekte Struktur als ein schneller, sauberer Übergang. Wer betroffen ist, sollte die Umwandlung eines geeigneten Einzelkontos in ein P-Konto sofort anstoßen, denn Banken müssen eine Umstellung innerhalb kurzer Fristen umsetzen. Parallel müssen Zahlungseingänge umgeleitet werden, weil Pfändungsschutz praktisch nur dann hilft, wenn das Geld auch auf dem P-Konto ankommt. Für Paare bedeutet das häufig, dass der nicht betroffene Partner umgehend ein eigenes Konto für Gehalt und laufende Zahlungen braucht, falls bisher alles über das Gemeinschaftskonto lief.
Und noch ein Detail, das immer wieder übersehen wird: Pro Person ist nur ein P-Konto zulässig. Wer versucht, „zur Sicherheit“ mehrere Konten als P-Konto zu führen, riskiert zusätzlichen Ärger – bis hin zum Verlust des Schutzes.
Quellen
Bundesministerium der Justiz – Informationen zum Pfändungsschutzkonto (P-Konto), BaFin – FAQ zu Kosten/Entgelten beim Pfändungsschutzkonto.




