Rente: 22 Millionen Rentner zahlten zu viel Beiträge: Gericht lehnt dennoch ab

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Rentner können wegen eines Streits mit der Rentenversicherung um 82 Cent nicht gerichtlichen Rechtsschutz bei den Sozialgerichten einfordern. Denn bei Bagatellstreitigkeiten von unter einem Euro fehlt es an einem „hinreichenden Rechtsschutzbedürfnis“, selbst wenn unter Umständen 22 Millionen andere Rentnerinnen und Rentner betroffen wären, entschied das Sozialgericht Karlsruhe in einem am Donnerstag, 11. Dezember 2025, veröffentlichten Urteil (Az.: S 12 R 2875/25).

Anpassung des schwankenden Beitragssatzes in der Pflegeversicherung

Hintergrund des Rechtsstreits ist die jährlich vorgenommene Anpassung des schwankenden Beitragssatzes in der Pflegeversicherung. Der Bund ermittelt diesen in einer jährlichen Verordnung. Doch der Erlass der für das Jahr 2025 notwendige Pflege-Beitragssatz-Anpassungsverordnung verzögerte sich im Jahr 2024.

Um die Erhöhung des Beitragssatzes noch rechtzeitig für rund 22 Millionen Rentner durchzusetzen und um die Rentenneuberechnung zu vereinfachen, erlaubte die Bundesregierung der Rentenversicherung es, ausnahmsweise die Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitragssatzes erst mit sechsmonatiger Verzögerung zum Juli 2025 umzusetzen.

Danach sollten Rentnerinnen und Rentner zunächst sechs Monate lang keinen erhöhten Pflegeversicherungsbeitrag zahlen müssen. Als Ausgleich für diese Vergünstigung wurde aber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung im Juli 2025 einmalig ein höherer Beitrag fällig.

Der Kläger hielt den von der Rentenversicherung an die Pflegeversicherung für Juli 2025 gezahlten Versicherungsbeitrag für verfassungswidrig hoch. Für Juli 2025 hätte noch der Rentenwert zugrundegelegt werden müssen, der noch bis zum 30. Juni 2025 galt. Letztlich seien ihm im Juli 82 Cent zu viel von seiner Rente abgezogen worden. Alle pflegeversicherten Rentnerinnen und Rentner seien damit in ihrer Gesamtheit um Millionenbeträge geschädigt worden.

Rentner habe bei Streit um 82 Cent keinen wirtschaftlichen Vorteil

Das Sozialgericht wies mit Urteil vom 5. Dezember 2025 die Klage des Rentners ab. Der Streitwert liege unter der Bagatellgrenze von einem Euro. Damit bestehe bei dem anwaltlich vertretenen Kläger kein „hinreichender gerichtlicher Rechtsschutz“. Es fehle auch dann an der grundsätzlichen Bedeutung von Bagatellstreitigkeiten, wenn eine streitige, der Verwaltungsvereinfachung dienende Regelung stellvertretend für 22 Millionen andere Betroffene geführt werden.

Sozialgericht Karlsruhe: Kein Rechtsschutz bei Bagatellstreigkeiten

Ein „hinreichend wirtschaftlich sinnvoller Vorteil des Klägers“ sei selbst bei einem angenommenen Erfolg der Klage „nicht ernstlich erkennbar“. Das Sozialgericht rügte zudem, dass mit solchen Bagatellklagen die Funktionsfähigkeit der oft und auch hier gerichtskostenfreien Sozialgerichtsbarkeit empfindlich beeinträchtigt werde.

Der von der Bundesregierung mit der Pflege-Beitragssatz-Anpassungsverordnung angestrebte Schutzzweck der „Prozessökonomisierung“ würde in sein glattes Gegenteil verkehrt, wenn „professionelle Prozessbevollmächtigte“ massenhaft und möglicherweise KI-gestützt Bagatellstreitigkeiten forcieren und dabei Behörden und Sozialgerichte „bei der Bearbeitung ernsthafter Rechtsschutzbegehren stören könnten“. fle