Keine Hartz IV Sanktion bei verweigerter Datenerfassung
14.05.2012
Das Sozialgericht Berlin urteilte, dass eine Weigerung der Datenerfassung bei einem potenziellen Arbeitgeber kein rechtlich nachvollziehbarer Grund sei, seitens des Leistungsträgers (Jobcenter) einem Hartz IV-Bezieher eine Leistungskürzung (Sanktion) auszusprechen. (AZ: S 107 AS 1034/12 ER)
Im konkreten Fall hat der Kläger auf den Vermittlungsvorschlag des Jobcenters beim Arbeitgeber, eigenen Angaben zufolge angerufen und ist dort vorstellig geworden. Dem Arbeitssuchenden wurde ein Personalfragebogen seitens des Arbeitgebers vorgelegt. Darin war zu lesen, dass es einer ausdrücklichen Zustimmung personengebundener Daten bedarf. Der Kläger wollte jedoch den Bogen nicht vor Ort ausfüllen und unterzeichnen, sondern gegebenenfalls mit einem Anwalt in Ruhe durchlesen und mitnehmen. Der Arbeitgeber verweigerte jedoch dieses Anliegen. Daraufhin wurde dem Arbeitslosengeld II Bezieher eine 30 Prozent Sanktion (Kürzung der Hartz IV Regelsatz-Zahlungen) seitens des Jobcenters auferlegt. Dagegen legte der Betroffene erst Widerspruch und dann Klage ein.
Das Gericht urteilte jedoch: „Dass der Antragsteller den ihm vorgelegten Personalfragebogen angesichts der darin geforderten ausdrücklichen Zustimmung zur Speicherung persongebundener Daten nicht vor Ort ausfüllen und unterzeichnen wollte, sondern vielmehr den Fragebogen mitzunehmen wünschte, um ihn Ruhe zu lesen und zu prüfen sowie gegebenenfalls anwaltliche Hilfe zu Rate ziehen, begründet für sich genommen kein sanktionswürdiges Verhalten des Antragstellers. Gemäß § 4 a des Bundesdatenschutzgesetzes obliegt es der freien Entscheidung des Antragstellers seine Zustimmung zur Datenerfassung und Speicherung zu erteilen. Die Verweigerung kann im Umkehrschluss nicht dazu führen, den Antragsteller in der Sache dafür mit einer Sanktion nach dem SGB II zu belegen. Dafür, dass der Arbeitgeber auf die Einwände des Antragstellers auf die Datenspeicherung verzichtet hätte und ein Bewerbungsgespräch durchführen wollte, welches der Antragsteller verweigert hätte, ist nach Aktenlage nichts ersichtlich. Insoweit lässt sich auch nicht feststellen, dass der Antragsteller nicht bereit gewesen wäre die bei einer Bewerbung üblichen Angaben – ohne Zustimmung zur Speicherung – abzugeben.“
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob und inwieweit der Antragsgegner die Sanktion gegebenenfalls auch auf § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB II gestützt hat bzw. stützen wollte. Denn unabhängig davon, ob die mit Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides durch Verwaltungsakt festgesetzte Eingliederungsvereinbarung überhaupt bestandskräftig ist, lässt sich aus dem aktenkundigen Sachverhalt ein Verstoß gegen die Eingliederungsvereinbarung im Hinblick auf die Vorstellung bei der Firma jedenfalls nicht feststellen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (ag)
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