Einige Anbieter privater Rentenversicherungen senkten in den letzten Monaten den (garantierten) Rentenfaktor. Für die Betroffenen bedeutet das Schlechtes. Es heißt, dass die ihnen später ausgezahlte Rente sinkt.
Doch in bestimmten Fällen ist diese Praxis ungültig, besonders, wenn in bestehenden Verträgen allein wegen niedriger Zinsen ein garantierter Rentenfaktor gekürzt wird. So urteilte das Landesgericht Köln (8.2.2023, Az 26 O 12/22).
Inhaltsverzeichnis
Wann dürfen Versicherer den Rentenfaktor nicht senken?
Versicherer dürfen den Rentenfaktor nicht einseitig senken, wenn der ausschließliche Grund dafür niedrige Zinsen sind. Dies hatte der Versicherer Zurich getan und den Rentenfaktor um 25 Prozent gedrückt.
Der Versicherer akzeptierte das Kölner Urteil, und insofern können Betroffene jetzt widersprechen und sich auf das Urteil berufen.
Was sollten Betroffene prüfen?
Bei einer privaten Rentenversicherung, einer betrieblichen Altersfürsorge, einer Riester-Rente oder einer Rürup-Rente können Sie in ihrem Vertrag nachprüfen, ob der Rentenfaktor zwischenzeitlich gesenkt wurde. Ist dies der Fall, dann schreiben Sie formlos an ihren Versicherer und fordern den ursprünglichen Rentenfaktor wieder ein.
Nachzahlung des Rentenanspruchs einfordern
Auch wer bereits eine geringere Monatsrente bezieht, weil der Rentenfaktor gekürzt wurde, muss das nicht akzeptieren. Sie können sich auf das Kölner Urteil berufen und eine Nachzahlung verlangen. Dies ist drei Jahre rückwirkend möglich – also bis Ende 2023 noch bis zum Jahr 2020. Es empfielt sich allerdings ein Rechtsbeistand hinzuziehen, um den Anspruch durchzusetzen.
Aktueller Rentenfaktor
Die meisten Versicherungen nennen neben dem garantierten Rentenfaktor den aktuellen Rentenfaktor. Dieser nutzt die bei Versicherten zu Vertragsbeginn gültigen Rechnungsgrundlagen wie Sterbetafel und Rechenzins. Er ändert sich zumeist während der Jahre. Der letztlich gültige Rentenfaktor wird erst zu Rentenbeginn berechnet.
Der garantierte Rentenfaktor
Eine wichtigere Leitlinie für die Betroffenen als der aktuelle Rentenfaktor ist der garantierte Rentenfaktor. Denn dieser setzt einen bestimmten Betrag als Garantie fest. Darum ist er niedriger als der aktuelle Rentenfaktor.
Versicherungen kalkulieren hier einen sogenannten Sicherheitsabschlag ein. Dieser ist keine feste Größe, sondern die jeweiligen Versicherungen pflegen hier eigene Kalkulationen. Vom garantierten Rentenfaktor, der vertraglich festgelegt wurde, dürfen die Versicherer nur in besonderen Ausnahmefällen abweichen. Er muss für mehrere Jahrzehnte garantiert sein.
Wann darf der garantierte Rentenfaktor geändert werden?
Eine Versicherung darf nur bei gravierenden Veränderungen der äußeren Bedingungen von ihren Garantien abweichen. Hier gilt der § 163 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).
Nach diesem darf ein Versicherer die angewandten Rechnungsgrundlagen dann anpassen, wenn die dauernde Erfüllbarkeit der Versicherungsleistungen nicht mehr gewährleistet ist.
Valide Gründe liegen vor bei einer sich verändernder Lebenserwartung oder stark verändertem Zinsniveau. Indessen urteilte das LG Köln jetzt ja gerade, dass ein niedriger Zinssatz allein nicht die Senkung des garantierten Rentenfaktors rechtfertigt.
Juristische Grundlage liegt über Vertragsbedingungen
Diese Klausel gilt auch dann, wenn sie nicht schriftlich im Vertrag steht. Es handelt sich hier um eine juristische Grundlage, die über Vertragsbedingungen steht. Anders ist es, wenn die laut § 163 VVG möglichen Änderungen des garantierten Rentenfaktors vertraglich ausdrücklich ausgeschlossen sind. Dann darf die Garantie nicht geändert werden.
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht, Sozialpolitik und Naturwissenschaften. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.