Schwerbehinderung: Mit 61 in Rente ohne Abschlag gehen?

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Eine abschlagsfreie Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen mit 61 Jahren ist nach geltendem Recht nicht mรถglich. Fรผr alle Geburtsjahrgรคnge ab 1964 liegt die abschlagsfreie Altersgrenze bei 65 Jahren; die vorgezogene Inanspruchnahme ist frรผhestens ab 62 Jahren mรถglich โ€“ dann aber mit lebenslangen Abschlรคgen.

Fรผr รคltere Jahrgรคnge zwischen 1952 und 1963 galten รœbergangsregeln mit schrittweiser Anhebung, doch auch dort war ein abschlagsfreier Rentenbeginn mit 61 nicht vorgesehen. Rechtsgrundlage sind ยง 37 und ยง 236a SGB VI sowie die Auskรผnfte der Deutschen Rentenversicherung (DRV).

Was genau zรคhlt als โ€žschwerbehindertโ€œ โ€“ und welche Wartezeit gilt?

Als schwerbehindert gilt, wer einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 hat; maรŸgeblich ist, dass die Schwerbehinderung zum Rentenbeginn vorliegt.

Zusรคtzlich ist fรผr diese Altersrente die Erfรผllung einer Wartezeit von 35 Jahren erforderlich, in die neben Beitragszeiten u. a. auch Kindererziehungszeiten, Pflege- und bestimmte Anrechnungszeiten einflieรŸen. Eine bloรŸe Gleichstellung mit einem GdB unter 50 (etwa GdB 30 oder 40) genรผgt ausdrรผcklich nicht fรผr diese Rentenart.

Die Altersgrenzen im รœberblick

Fรผr Jahrgรคnge ab 1964 ist die Lage eindeutig: abschlagsfrei mit 65, vorgezogen mit Abschlรคgen ab 62. Fรผr die Geburtsjahrgรคnge 1952 bis 1963 wurden die Grenzen schrittweise angehoben: Die abschlagsfreie Altersgrenze wanderte von 63 auf 65 Jahre; die frรผheste Grenze mit Abschlรคgen stieg parallel von 60 auf 62 Jahre. Damit erklรคrt sich, warum 61 Jahre in keinem Jahrgang eine abschlagsfreie Altersgrenze ist.

Was bedeutet das konkret mit 61?

Wer heute 61 ist, kann die Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen nicht ohne Abschlag beanspruchen. Fรผr Jahrgรคnge ab 1964 liegt die โ€žfrรผhestmรถglicheโ€œ Grenze ohnehin bei 62. Fรผr die รœbergangsjahrgรคnge bis 1963 war ein Start mit 60 bis 62 mรถglich โ€“ aber stets mit Abschlรคgen, nicht abschlagsfrei. Der abschlagsfreie Beginn mit 61 ist daher ausgeschlossen.

Wie hoch sind die Abschlรคge โ€“ und lassen sie sich ausgleichen?

Die Kรผrzung betrรคgt 0,3 Prozent fรผr jeden Monat der Vorverlegung und wirkt lebenslang.

Bei der Schwerbehindertenrente ergibt sich aufgrund des maximal mรถglichen Vorziehens um 36 Monate ein Hรถchstabschlag von 10,8 Prozent. Diese Minderung kann ab dem 50. Lebensjahr durch freiwillige Ausgleichszahlungen ganz oder teilweise kompensiert werden, sofern die Voraussetzungen fรผr eine vorgezogene Altersrente vorliegen.

Tabelle: Welcher Jahrgang kann mit Schwerbehinderung in Rente gehen?

Hier eine รœbersicht. Spalte 1 nennt den Geburtsjahrgang; Spalte 2 zeigt jeweils das frรผhestmรถgliche Alter mit Abschlagย und denย abschlagsfreien Beginn (โ€žfrรผhest / abschlagsfreiโ€œ).

Geburtsjahrgang Alter (frรผhest / abschlagsfrei)
1952 (Jan) 60 J + 1 M / 63 J + 1 M
1952 (Feb) 60 J + 2 M / 63 J + 2 M
1952 (Mรคr) 60 J + 3 M / 63 J + 3 M
1952 (Apr) 60 J + 4 M / 63 J + 4 M
1952 (Mai) 60 J + 5 M / 63 J + 5 M
1952 (Junโ€“Dez) 60 J + 6 M / 63 J + 6 M
1953 60 J + 7 M / 63 J + 7 M
1954 60 J + 8 M / 63 J + 8 M
1955 60 J + 9 M / 63 J + 9 M
1956 60 J + 10 M / 63 J + 10 M
1957 60 J + 11 M / 63 J + 11 M
1958 61 J / 64 J
1959 61 J + 2 M / 64 J + 2 M
1960 61 J + 4 M / 64 J + 4 M
1961 61 J + 6 M / 64 J + 6 M
1962 61 J + 8 M / 64 J + 8 M
1963 61 J + 10 M / 64 J + 10 M
ab 1964 62 J / 65 J

Anmerkung: Die Staffelung folgt ยง 236a SGB VI; fรผr 1952 gibt es Monatsstufen, ab 1953 sind es Jahrgangsstufen. MaรŸgeblich ist eine anerkannte Schwerbehinderung (GdB โ‰ฅ 50) und die Erfรผllung der 35-jรคhrigen Wartezeit. Quellen: Deutsche Rentenversicherung.

Gleichstellung ist nicht gleich Schwerbehinderung

Hรคufige Fehlannahme: Die arbeitsrechtliche Gleichstellung bei GdB 30 oder 40 ersetze die Schwerbehinderteneigenschaft. Fรผr die Altersrente ist das falsch. Die DRV stellt klar, dass nur ein GdB โ‰ฅ 50 als โ€žschwerbehindertโ€œ im rentenrechtlichen Sinn zรคhlt; Gleichgestellte erfรผllen die Voraussetzung nicht.

Wichtige Abgrenzung: Andere Wege in den Ruhestand

Neben der Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen gibt es die Rente fรผr besonders langjรคhrig Versicherte nach 45 Versicherungsjahren. Fรผr Geburtsjahrgรคnge ab 1964 ist sie abschlagsfrei ab 65 Jahren mรถglich. Die Rente fรผr langjรคhrig Versicherte (35 Jahre) lรคsst einen Beginn bereits ab 63 zu, ist dann aber immer mit Abschlรคgen verbunden.

Davon zu unterscheiden ist die Rente wegen Erwerbsminderung, die andere Voraussetzungen und Berechnungslogiken hat und keine โ€žabschlagsfreie Altersrente mit 61โ€œ ersetzt.

Antrag, Fristen und Hinzuverdienst

Die DRV empfiehlt, den Rentenantrag etwa drei Monate vor dem gewรผnschten Rentenbeginn zu stellen. Seit dem 1. Januar 2023 sind Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten entfallen; ein zusรคtzlicher Verdienst fรผhrt nicht mehr zu einer Anrechnung auf die Rente. Fรผr die persรถnliche Planung helfen die offiziellen Rechner der DRV.

Ein abschlagsfreier Rentenbeginn mit 61 Jahren steht schwerbehinderten Versicherten nicht zu. Wer nach heutigem Recht ohne Abzรผge frรผher in den Ruhestand mรถchte, benรถtigt โ€“ je nach Rentenart โ€“ andere Zugangsvoraussetzungen und Altersgrenzen.

Wichtig sind der rechtzeitig anerkannte GdB โ‰ฅ 50, die 35-jรคhrige Wartezeit sowie die differenzierten Altersgrenzen. Wer frรผher gehen will, sollte die finanziellen Effekte der Abschlรคge realistisch kalkulieren und prรผfen, ob Ausgleichszahlungen infrage kommen. Fรผr eine belastbare individuelle Einschรคtzung bietet sich die Beratung der DRV an โ€“ samt Blick in die eigene Rentenauskunft und einen Check per Rentenbeginnrechner.