Wird Studierenden wegen einer krankheitsbedingten Beurlaubung vom Studium rückwirkend das Bafög gestrichen, können sie nur in Ausnahmefällen rückwirkend Bürgergeld erhalten.
Voraussetzung ist, dass sie bei ihrem ursprünglichen Bafög-Antrag bewusst darauf verzichtet haben, Grundsicherungsleistungen zu beantragen, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Freitag, 12. Juli 2024, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: B 4 AS 11/23 R).
Zudem müssen sie bei einem rückwirkend aufgehobenen Bafög-Bescheid „unverzüglich“ Hartz-IV-Leistungen oder das heutige Bürgergeld beim Jobcenter beantragen.
Was war passiert?
Im konkreten Fall ging es um einen Studenten aus Jena, dem das Studentenwerk für zwei Semester von April 2012 bis März 2013 Bafög bewilligt hatte. Ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen vom Jobcenter ist bei einer förderungsfähigen Ausbildung zwar grundsätzlich ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall war der Kläger jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum krankheitsbedingt vom Studium beurlaubt.
Nachdem das Studentenwerk von der Beurlaubung erfahren hatte, forderte es am 31. Januar 2013 die für beide Semester gezahlten Bafög-Leistungen zurück. Monatlich hatte der Student knapp 600 Euro Bafög erhalten.
Erst am 18. April 2013 beantragte der Kläger beim Jobcenter Jena rückwirkend für beide Urlaubssemester Arbeitslosengeld II.
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Für beide Semester hätte er nach Berechnungen des Jobcenters bei einem positiven Bescheid höchstens insgesamt rund 1.000 Euro an Leistungen erhalten. Die rückwirkende Beantragung von Arbeitslosengeld II sei jedoch ausgeschlossen, so das Jobcenter.
BSG klärt Leistungsbezug nach krankheitsbedingten Urlaubssemestern
Auch das BSG entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf rückwirkendes Arbeitslosengeld II für die Urlaubssemester hat. Zwar schließe die gesetzliche Regelung den Bezug von Grundsicherungsleistungen nicht aus, wenn Bafög-Leistungen wegen einer krankheitsbedingten Beurlaubung vom Studium nachträglich weggefallen sind.
Voraussetzung für rückwirkende Grundsicherungsleistungen sei aber, dass der Kläger zu Beginn des ersten Urlaubssemesters „bewusst“ auf die Beantragung von Arbeitslosengeld II verzichtet und stattdessen Bafög beantragt habe.
Ein bewusster Verzicht auf Grundsicherungsleistungen liege nicht vor.
Bürgergeld-Antrag muss unverzüglich nach Ablauf des Monats gestellt werden
Zudem müsse der rückwirkende Antrag auf Bürgergeld „unverzüglich nach Ablauf des Monats“ gestellt werden, in dem er den ablehnenden Bafög-Bescheid erhalten habe. Der Kläger habe sich mit dem Antrag auf Arbeitslosengeld II jedoch zu viel Zeit gelassen.
Er habe den Rückforderungsbescheid am 31. Januar 2013 erhalten, den Antrag auf rückwirkendes Arbeitslosengeld II aber erst am 18. April 2013 gestellt.
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