Mietrecht: Attest schützt nicht bei Kündigung der Wohnung durch den Vermieter

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Wenn schwerkranke Mieter einer Eigenbedarfskündigung entgehen wollen, benötigen sich nicht zwingend ein fachärztliches Attest. Auch eine „ausführliche Stellungnahme“ eines anderen „medizinisch qualifizierten Behandlers“ kann geeignet sein, eine gesundheitliche Härte für den Mieter zu untermauern, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 16. April 2025 klargestellt hat (Az.: VIII ZR 270/22).

Nach gut 13 Mietjahren kann danach ein Mann aus Berlin Neukölln hoffen, dass er in seiner Wohnung bleiben kann. Seine Vermieterin hatte ihm wegen eines unbestrittenen Eigenbedarfs gekündigt. Nach erfolglosem Widerspruch zog er vor Gericht.

Dabei legte er nacheinander zwei „Stellungnahmen über Psychotherapie“ vor. Deren Autor bezeichnet sich selbst als Psychoanalytiker, in seinem Briefkopf waren die Tätigkeitsfelder „Psychoanalyse“ und „Psychotherapie (HPG)“ genannt, wobei die Abkürzung für das Heilpraktikergesetz steht.

Bei Eigenbedarfskündigung hilft kranken Mietern nicht nur ein Attest

Nach diesen Stellungnahmen litt der klagende Mieter an einer akuten manischen Depression und emotionaler Instabilität, verbunden mit Existenzängsten und Suizidgedanken. Er sei daher zeitweise arbeitsunfähig. Der Verlust seiner Wohnung als Lebensmittelpunkt werde seine Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich verschlechtern und könne sogar mit einem Suizid enden.

Amts- und Landgericht ließen dies nicht gelten. Der Mieter müsse ein fachärztliches Attest vorlegen, um eine gesundheitliche Härte geltend zu machen. Der BGH ließ hiergegen die Revision zu und gab dieser nun statt.

BGH: Stellungnahme eines anderen Behandlers kann ausreichen

In den bislang vom BGH entschiedenen Fällen habe zwar immer ein fachärztliches Attest vorgelegen. Daraus sei jedoch nicht zu folgern, dass ein solches Attest immer nötig ist, um eine gesundheitliche Härte für den Mieter zu belegen. Der Senat habe lediglich betont, dass eine Härte „insbesondere“ mit einem solchen Attest „untermauert“ werden kann. Dafür könne aber auch eine Stellungnahme eines anderen qualifizierten Behandlers geeignet sein, heißt es nun in dem neuen Urteil.

Hier habe der Mieter solche Stellungnahmen vorgelegt und damit eine Härte „substanziiert“ vorgetragen. Reiche einem Instanzgericht dies nicht aus, müsse es dem mittels sachverständiger Hilfe nachgehen. Dies ergebe sich aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.

Landgericht muss jetzt entscheiden

Daher verwies der BGH den Streit zur weiteren Klärung an das Landgericht Berlin zurück. Dies soll sich nun zunächst mit den Qualifikationen des laut Briefkopf ja zumindest nach dem Heilpraktikergesetz zugelassenen Psychotherapeuten beschäftigen. Sollten diese dem Landgericht nicht ausreichen, müsste es ein Sachverständigengutachten einholen. mwo