Die deutsche Rentenversicherung kennt Fälle, in denen Rentner dauerhaft über 100 Euro brutto pro Monat verloren gehen, weil ihr Rentenantrag wenige Stunden zu spät gestellt wurde. Wichtig ist nämlich der Stichtag für den Beginn der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Wer ihn knapp verfehlt, rutscht aus dieser privilegierten Rentenart heraus – und muss lebenslange Abschläge ertragen.
Ein Beispiel aus der Beratungspraxis zeigt: Schon ein Tag nach Ablauf der maßgeblichen Frist kann die Monatsrente um mehr als sieben Prozent schrumpfen und damit ein vierstelliges Minus im Jahr bedeuten.
Wichtige Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Versicherte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 dürfen ihre Altersrente – bei erfüllter Wartezeit von 35 Versicherungsjahren – früher beginnen.
Der abschlagsfreie Start verschiebt sich mit den Jahrgängen schrittweise von 63 auf 65 Jahre; wer 1962 geboren wurde, darf 2025 erst mit 64 Jahren und 10 Monaten ohne Kürzung aufhören.
Ein vorzeitiger Wechsel bis zu drei Jahre vorher bleibt erlaubt, kostet aber 0,3 Prozent Abschlag je Monat, also maximal 10,8 Prozent. Diese Minderung gilt lebenslang.
Warum entscheidet eine Drei-Monats-Frist über den Rentenzugang?
§ 199 Abs. 1 SGB IX schützt den Status „schwerbehindert“ für drei Kalendermonate, nachdem ein Aufhebungs- oder Kürzungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Läuft der Schwerbehindertenausweis also innerhalb der letzten drei Monate vor dem geplanten Rentenbeginn ab, gilt der Status trotzdem noch als „aktuell“ – die besondere Altersrente bleibt erreichbar.
Was passiert, wenn die Frist um einen Tag verpasst wird?
Im Praxisfall sollte der Rentenbeginn auf den 1. August gelegt werden, während der Ausweis bereits zum 30. April endete. Damit verstrich die Schonfrist am 31. Juli – einen Tag vor Rentenstart.
Folge: Der Betroffene hätte nur noch die Altersrente für langjährig Versicherte beantragen können. Diese Rentenart setzt zwar ebenfalls 35 Versicherungsjahre voraus, verlangt aber keine anerkannte Schwerbehinderung.
Sie kennt jedoch Abschläge ab jedem Monat, der vor der persönlichen Regelaltersgrenze liegt. Bei zwei Jahren Vorverlagerung wären das 7,2 Prozent. Auf eine angenommene Bruttorente von 1 500 Euro bedeutet das 108 Euro weniger – jeden Monat, bis ans Lebensende.
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Wie lässt sich dieses Risiko entschärfen?
Wer die Drei-Monats-Grenze nicht sicher einhalten kann, sollte den Rentenbeginn strategisch vorverlegen, selbst wenn dadurch wenige Monate Abschlag entstehen. Zwei Monate früher bedeuten lediglich 0,6 Prozent Kürzung – hier rund 9 Euro monatlich.
Das ist ein Bruchteil des Verlustes, den ein verpaspelter Wechsel in die falsche Rentenart auslösen würde. Frühzeitiges Planen ist deshalb essenziell: Spätestens ein Jahr vor dem gewünschten Ruhestart gehört geprüft, wann der Ausweis abläuft und welchen Spielraum die Drei-Monats-Regel eröffnet.
Warum bleiben Rentenabschläge dauerhaft wirksam?
Der Abschlag soll den längeren Rentenbezugszeitraum finanzieren. Er wird deshalb nicht – wie manche andere sozialrechtliche Leistung – bei Erreichen der Regelaltersgrenze gestrichen. Wer mit Kürzung in Rente geht, behält die reduzierte Zahlung dauerhaft. Eine nachträgliche Aufstockung ist nur über zusätzliche Vorsorgeformen möglich.
Wo erhalten Betroffene verlässliche Beratung?
Erste Anlaufstellen sind die regionale Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung sowie die Versorgungsämter für Fragen zum Schwerbehindertenstatus. Unabhängige Hilfe bieten Sozialverbände wie der SoVD oder der VdK, die auch Widerspruchs- und Klageverfahren begleiten.
Eine persönliche Beratung lohnt besonders, wenn der Ausweis für behinderte Menschen befristet ist oder sich der Renteneintritt zeitlich flexibel gestalten lässt. Denn im engen Zusammenspiel von Rentenrecht und Schwerbehindertenrecht entscheidet oft ein einziger Stichtag über viele tausend Euro Lebenseinkommen.