Bürgergeld Empfänger müssen den Bezug ausländischer Renten dem Jobcenter mitteilen – Wegweisendes Urteil
Eine russische Versicherungsaltersrente führt zum Leistungsausschluss beim Bürgergeld. Eine Berufung der Leistungsbezieherin auf Vertrauensschutz läuft ins Leere.
Auf Vertrauensschutz kann sich eine Bezieherin von Bürgergeld nicht berufen, wenn sie den Altersrentenbezug nicht im ALG II Antrag angegeben hat. Denn sie hat zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige bzw. unvollständige Angaben gegenüber dem Jobcenter gemacht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).
Der 6. Senat des Landessozialgerichts Hessen ( Urt. v. 15.10.2024 – L 6 AS 145/24 – ) ist hier auch der Auffassung, dass es aufgrund des Leistungsausschlusses weder auf die Frage an kommt, ob dieses Einkommen als „bereites Mittel“ auf den Hilfebedarf der Klägerin anzurechnen war, noch auf die Höhe des Einkommens an.
Das Gericht betont:
“Die bewusste Verschleierung des Sachverhalts kann ein Indiz für vorsätzliche Falschangaben darstellen”
Denn die Klägerin war sowohl sprachlich als auch inhaltlich in der Lage, Bescheide des Grundsicherungsträgers zu verstehen und zu hinterfragen sowie ihren Standpunkt deutlich zu formulieren und ihre Rechte einzufordern. Soweit die Klägerin sich insoweit auf Verständnisprobleme beruft, wertet dies der Senat nach den Gesamtumständen als Schutzbehauptung.
Unbeachtlich war in diesem Zusammenhang auch der Vortrag
Sie habe nicht gewusst, dass sie die russische Rente beim Jobcenter melden müsse. Denn sie sei davon ausgegangen, dass nur inländische Renten gemeint seien und nur Einkünfte, die ihr zufließen. Mit diesem Argument kann die Klägerin nicht gehört werden, denn ihr stand keine eigene Einschätzung wegen des Bezugs der Versicherungsaltersrente für den Leistungsanspruch nach dem SGB II zu.
Vielmehr war sie gehalten, dem Jobcenter sämtliche Umstände mitzuteilen, die die Einkommenssituation und Hilfebedürftigkeit beeinflussen konnten. Darüber war sie auch in allen Leistungsanträgen und Bewilligungsbescheiden hingewiesen worden.
Fazit
Die Ersatzverpflichtung der Klägerin für die zu Unrecht bezogenen SGB II-Leistungen ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 50 SGB X.
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Bescheid prüfenAnmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock
1. Die russische Rente der Klägerin hat die Funktion des Lohnersatzes nach einer im Allgemeinen den Lebensunterhalt sicherstellenden Gesamtkonzeption (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – B 7/14 AS 11/21 R –).
2. Nach der Rechtsprechung des BSG steht der Lohnersatzfunktion zur Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts im Alter die geringe Rentenhöhe von weniger als 100 Euro im Monat nicht entgegen (BSG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – B 7/14 AS 11/21 R – )
3. Fehlende Sprachkenntnisse sind bei der Prüfung von grober Fahrlässigkeit in der Regel nicht zu berücksichtigen. Die Betroffenen sind im Zweifelsfalle gehalten, sich durch die Hinzuziehung einer für die Übersetzung der Antragsformulare ausreichend sprachkundigen Person und durch Nachfrage beim Jobcenter hinreichende Klarheit über deren Inhalt zu verschaffen.
4. Wenn sie aufgrund fehlender Sprachkenntnisse den Leistungsantrag auf Bürgergeld im Hinblick auf entscheidungserhebliche Angaben “blind” unterschrieben haben sollte, entschuldigt sie dies nicht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 2022 – B 7/14 AS 11/21 R – ).
Wer den Bürgergeld Antrag blind unterschreibt handelt grob fahrlässig



