Urteil: Kein Hartz-IV-Zuschuss für Ferienfreizeiten von Parteien

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LSG Essen: Staat ist dem Neutralitätsgebot verpflichtet

Kinder und Jugendliche im Hartz-IV-Bezug haben für die Teilnahme an Ferienfreizeiten von Parteien keinen Anspruch auf einen Zuschuss vom Jobcenter. Denn bei Leistungen zur Bildung und Teilhabe für Hartz-IV-Bezieher sei der Staat dem Neutralitätsgebot verpflichtet und müsse der Gefahr einer unzulässigen Parteienfinanzierung durch indirekte Förderung der Mutterpartei begegnen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in zwei am Mittwoch, 12. Februar 2020 veröffentlichten Urteilen (Az.: L 19 AS 1204/18 und L 7 AS 171/19). Die Essener Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zu.

Im ersten Verfahren hatte ein Jugendlicher im Hartz-IV-Bezug einen Zuschuss für ein 2016 stattgefundenes Sommercamp einer Partei verlangt. In dem zweiten Verfahren hatte die Jugendorganisation der Partei selbst die Zulassung als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe gewünscht.

Pauschaler Betrag für Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft

Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssen Jobcenter für die „Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft” auf Antrag pauschal 15 Euro monatlich zahlen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Leistungsberechtigte noch minderjährig ist und ihm mit der Teilnahme an „Aktivitäten in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit”, dem Unterricht in künstlerischen und vergleichbaren Fächern oder für „Freizeiten” tatsächliche Aufwendungen entstehen.

Hier hatte der Jugendliche angeführt, dass es sich mit dem Sommercamp, welches von der Jugendorganisation einer Partei veranstaltet wurde, um eine „Freizeit” handele.

Aktivitäten des parteipolitischen Lebens gehörten nicht dazu

Doch das LSG lehnte die Klage mit Urteil vom 7. November 2019 ab. Der Gesetzgeber habe nur bestimmte Bereiche gemeinschaftlicher Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen bezuschussen wollen. Aktivitäten des parteipolitischen Lebens gehörten nicht dazu. Denn der Staat sei dem im Grundgesetz verankerten „strengen staatlichen Neutralitätsgebot” verpflichtet. Das im Streit stehende Sommercamp diene nicht nur Kultur-, Sport- und Freizeitzwecken, sondern auch der parteipolitischen Willensbildung der Teilnehmer und der Nachwuchsförderung.

Auch die von der Jugendorganisation eingereichte Klage auf Zulassung als Anbieter von Leistungen zur sozialen und kulturellen Teilhabe hatte keinen Erfolg. Wie das LSG mit Urteil vom 5. Dezember 2019 entschied, sei der Ausschluss als Anbieter von Freizeiten rechtmäßig. Eine Diskriminierung wegen der politischen Anschauung bestehe nicht. Denn auch hier sei der Staat zur Neutralität verpflichtet und dürfe Ferienfreizeiten von Parteien generell nicht in Form eines Hartz-IV-Zuschusses mitfinanzieren. Der Ausschluss von Partei-Jugendorganisationen solle der Gefahr einer unzulässigen Parteienfinanzierung durch indirekte Förderung der Mutterpartei begegnen, so das LSG. fle/mwo